VIS. Ein Rückblick
Für ein Kurzfilmfestival dauert das Vienna Independent Shorts ja recht lange. Das bedeutet: Umso mehr Kurzfilme. Über 300 davon sind am diesjährigen Festival in sieben Tagen gelaufen und machen es schwer, den Überblick zu behalten. Und das war noch nicht einmal alles.
Auch im elften Jahr brachte das Team des VIS ein Festival in gewohnt hoher Qualität über die Bühne. Daneben schwingt aber immer noch der Geist eines Studierendenprojekts mit, was nicht zuletzt an der Zusammensetzung der Gäste lag. Schließlich beginnen viele FilmemacherInnen ihre Karriere mit eher kurzen Arbeiten, oft im Rahmen des Studiums an einer Filmhochschule. Das Programm gestaltete sich mindestens ebenso durchmischt wie das Publikum und ist nicht nur schwer zu erinnern (wegen der Masse), sondern oft auch schwer zu beschreiben.
Wie lassen sich Kurzfilme in wenigen Worten zusammenfassen? Der Versuch ist zum Scheitern bestimmt, wo diese Art von Filmen doch selbst schon mehr eine Essenz ist: Eine Geschichte in wenigen Minuten gut zu erzählen und dabei auf das Wesentlichste zu reduzieren, ist eine große Kunst.
So fällt es auch schwer, detaillierte Kritiken zu schreiben zu den zahlreichen Filmen des Festivals. Manche bleiben überhaupt eher wirr oder konzeptuell. Andere brechen plötzlich ab oder schwenken in eine andere Richtung. Andeutungen sind mal klarer und mal weniger klar, einiges kann noch danach im Q&A erklärt werden. Langweilig in dem Sinn, dass immer das Gleiche gezeigt wird, waren die Filme jedenfalls nicht.
Auch außerhalb der Wettbewerbsprogramme hatte das VIS einige Highlights zu bieten. Die Frage, was denn mit dem Schwerpunkt „Radical“ gemeint sei, wurde spätestens mit dem ersten Kurzfilm von Mariola Brillowska vom Tisch geworfen. Bunt, schräg und ohne Blatt vor dem Mund oder sonstwo erzählen Brillowskas Filme Geschichten, deren Inspiration ihr zufolge aus ihrem Alltag kommt. Derart starke Bilder kommen im Trickfilm sonst nur selten vor. Etwas fesselt an den Filmen, wie auch an denen von Brillowskas Studierenden – vielleicht ist es einfach die radikale Andersartigkeit. In einer Lecture gab die Künstlerin den Festivalgästen noch tiefere Einblicke in ihr Filmschaffen.
Das Musikvideoprogramm wurde dieses Jahr weitergeführt und erstmals auch im Titel des Festivals verankert. In einem internationalen und einem österreichischen Wettbewerb wurden ausgewählte Videos gezeigt und prämiert. Die Jury für den Österreich-Wettbewerb entschied sich dabei für ein Video, das die meisten wahrscheinlich erraten hätten.
Die Nächte boten neben vielen Partys auch einige filmische Specials. Unradikaler, dafür ästhetischer, ging es beim Pop-Porn-Spezialprogramm zu, und die absurdesten bzw. komischsten Filme des Festivals hatten sich zum „tres chic“ (sprich: trashig) versammelt. Nach Tagen mit einem derart anspruchsvollen und dichten Programm wie beim VIS tat es auch ganz gut, zum Abschluss noch etwas zum Lachen zu haben. Apropos Abschluss: Die Preisverleihung war dank einiger kleiner Zwischenfälle (schließlich hat auch das Festivalteam gefeiert) recht unterhaltsam. Gleich drei Preise konnte Christiana Perschon für „Noema“ mit nach Hause nehmen (Wiener Kurzfilmpreis Österreich, Jugendjurypreis, Publikumspreis). Für den besten internationalen fiktionalen/dokumentarischen Film gewann Aniela Gabryel mit „Leciec, nie leciec (To fly or not to fly)“. Daneben wurden im Schnelldurchgang noch viele weitere Preise und lobende Erwähungen vergeben.
Bei der Abschiedsparty ging es dann um einiges ruhiger zu als bei der Eröffnungsfeier. Manche waren schon abgereist, die übrigen eher mitgenommen. Irgendwann half nur mehr der Blick nach vorne: Schließlich wird es das Festival auch 2015 wieder in gewohnter Form geben.
Fotos: VIS / Jacob Kohl (alle außer letztes), Michael Straub