AWOLNATION: Wechselbad der Gefühle

Was kommt nach dem großen Durchbruch? Wird man Awolnation noch so gern haben wie vor 4 Jahren, als „Sail“ urplötzlich international durch die Decke ging und nicht mehr gehen wollte? Aktuell ist die Single vom „Megalithic Symphony“-Album wieder erfolgreich die Charts hochgeklettert. Songs zwischen Druck und Entspanntheit hält auch der fantastische Nachfolger „Run“ parat.

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Spätestens seit diesem durchschlagenden Erfolg, gilt Awolnation-Mastermind Aaron Bruno als ziemlich coole Mainstreamfigur, von der irgendwann noch mehr zu erwarten war. Dieser Augenblick ist jetzt gekommen. „Run“ schert sich einen feuchten Dreck um einschränkende Genre-Regeln, sondern setzt mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln Glücksgefühle frei.

Awolnation eröffnen mit dem Titelstück, einem gewagten Industrial-Brocken, der sich fies, groovend und dunkel zeigt – Trent Reznor wäre begeistert. „I am a human being, capable of doing terrible things“ heißt es gleich zu Beginn und man fragt sich, wie düster „Run“ eigentlich ausfallen wird. Sanft gebettet und leichtfüßig zeigt sich „Fat Face“ in einem gänzlich anderen Licht. Poppig wird es mit dem Single-Tanzfeger „Hollow Moon (Bad Wolf). Der stampfende Disco-Funk wird in „Woman Woman“ später noch einmal aufgegriffen.

Bruno ist einer, der Beulen und Wellen in seinen Sound schlägt. Pop, Rock, Hip-Hop, Electro, Alternative und noch so einiges mehr – populäre Stilmittel, die aber in die richtige Form gegossen werden müssen. Wie das genau funktioniert, zeigen die folgendes Songs. Starkstrom-Sound und Stadionrock, sattes Bassbrumen und Akustisches. Nichts muss, alles geht. Hier wird Leichtherziges mit Tiefschürfendem dermaßen gut kombiniert, dass man eigentlich nur mehr den Hut ziehen kann. Vom milden, naiv klingenden „Like People, Like Plastic“ ist es nur ein Katzensprung zu „Dreamers“, einem elektronisch rauen Stück Musik. Der rote Faden dieser Platte besteht darin, musikalische Scheuklappen einzureißen und zum zweiten Mal gelingt das Awolnation ganz hervorragend. Das Album hat eine Dringlichkeit, die aber nicht vom Davonlaufen, sondern davon handelt, etwas Bestimmtes anzupeilen und sich darauf zuzubewegen. Die zwei Seiten einer Medaille – eine Floskel, die oft benutzt wird, hier aber perfekt passt.

Das treibende Ungetüm „KOOKSEVERYWHERE“ setzt Energie frei, die einem ein breites Lächeln ins Gesicht zaubert. „Jailbreak“ erinnert entfernt an „Sail“ und ist ebenfalls ein weiterer Hit-Garant. „Now I’m living in a dream and I don’t think I’m ever going to wake up“, heißt es ganz selbstreflexiv. Verschmitzte Unschuld in „I Am“, zartes Gitarrenpicking in „Headrest For My Soul“ und eine verträumte Atmosphäre in „Holy Roller“, bevor „Dreamers“ wieder die laute und aggressive Kehrseite für einen bereithält und in „Windows“ elektronisches Gewaber durch die Boxen dröhnt.

AWOLNATION

Hat man sich die Platte komplett angehört, muss man erst mal tief Luft holen und kräftig durchatmen. Der erste Durchlauf mag leicht enttäuschend sein, doch danach wächst „Run“ zu imposanter Größe heran. Was Aaron Bruno hier in einer guten knappen Stunde an Ideen zerhackstückt und verbraucht, hätte bei anderen Bands für eine komplette Diskographie gereicht.

Bruno ist ein Mann für alle Fälle. Hip oder nicht hip? Cool oder uncool? Erfolg oder Flop? Der Stilmix auf „Run“ ist jedenfalls frisch, unverbraucht und eigenartig – und trotzdem einladend. Unzählige hartnäckige Hooklines, hart wie soft, warten nur darauf, vereinnahmt zu werden. Der „Megalithic Symphony“-Nachfoler zeigt eindrucksvoll, dass vier Jahre nicht spurlos an dem 36-Jährigen vorbeigegangen sind. Der Wunsch, Randzonen weiter auszuweiten und kennenzulernen, steckt in jeder Pore dieses Albums. Es atmet, bollert, lebt. Eine extrem abwechslungsreiche, zuweilen spröde aber auch sehr mutige zweite Platte.

Live in Österreich: 25.03.15 GRAZ, PPC, 15.08.15 WIEN, ARENA Open Air!

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