Bullet for my Valentine: Ich war nur wegen der Vorband hier

Linz erlebte am Freitag wiedermal einen Konzertabend der härteren Art. Denn Coldrain, While She Sleeps und Bullet for my Valentine füllten den großen Saal des Posthofes bis zum letzten Platz. Das Publikum war trotzdem alles andere als aktiv, obwohl besonders While She Sleeps ein perfektes Set ablieferten. Der Headliner enttäuschte hingegen.

Es ist schön zu sehen, dass der Posthof in letzter Zeit auch bei härterer musikalischer Gangart ausverkauft ist. Und das vollkommen zurecht, zumindest was die Vorbands betrifft. Denn an diesem Abend zeigte sich eindrucksvoll, wie kleinere Bands dem Headliner zeigen, wie man alles richtig macht. Begonnen hat der Abend schon mit einem wahrlichen Unikat, denn Linz bekam glaub ich zum ersten Mal in der Geschichte japanischen Post-Hardcore zu hören. Coldrain nennt sich das und konnte überzeugen. Nachdem sphärischen Intro lieferten die Jungs eine solide, makellose Show ab. Einzig und allein die Entscheidung, Werbung für Monster Energy am Bandbanner zu machen, finde zumindest ich etwas befremdlich. Aber das ist Geschmackssache und soll den gelungenen Auftritt nicht schmälern. Das Publikum dankte es leider nicht, einzig und allein beim schnellen „Words Of The Youth“ konnte sich die – hauptsächlich aus jungen Frauen – bestehende Masse zu etwas Bewegung motivieren. Schade!

Der Abend fing also schon mal gut an. Trotzdem, Steigerung möglich. Und die gab es dann auch bei While She Sleeps, der mit Abstand besten Band dieses Abends! Denn was die Herren aus Sheffield runt um Frontmann – von mir von nun an nur noch liebevoll “ Das Viech“ genannt – Lawrence Taylor hier ablieferten, war Melodic-Hardcore in Perfektion. Das fängt bei der Setlist an, die eine traumhaft abgestimmte Mischung aus dem aktuellen Album „Brainwashed“ – darüber kann man geteilte Meinung sein – und dem schon fast legendären Vorgänger „This Is The Six“ bestand. Darunter natürlich der Mitgröl-Song schlechthin, „Seven Hills“. Was hier an Energie von der Bühne gekommen ist, was Lawrence Taylor hier gesanglich ablieferte, war ein Schlag direkt ins Gesicht, im absolut positiven Sinne. Man hatte gar keine Chance, davon nicht gepackt zu sein, wer es nicht war, hat keine Seele. Zusammengefasst also musikalisch perfekt, geht nicht besser und an diese Leistung kam auch Bullet For My Valentine nicht mal ansatzweise heran. Alleine die Kraft und Präzision der Gesangsstimmen sind wie Tag und Nacht. Wäre eigentlich schon ausreichend oder? Ehrlich gesagt nein, denn zu einem Konzert gehört auch eine Show, man muss die Begeisterung der Musiker spüren und ganz besonders hier überzeugte While She Sleeps massiv. Denn Lawrence „Das Viech“ Taylor blieb nicht ruhig und er beschränkte sich nicht auf die Bühne für seine physische Eskalation. Auch einen Tag danach frage ich mich noch, wie man es schafft von der Bühne durch die Massen zu gehen, beim Tontechniker auf die Galerie des Posthofs zu klettern, um erstmal die erste sitzende Reihe mit Handschlag zu begrüßen und dann noch einen Dive von dort in die Masse zu bewerkstelligen. Also auch im Bereich Live-Performance ein Eins Plus mit Sternchen. Last but not least fehlt in der Dreifaltigkeit der Konzert-Göttlichkeit noch eine sympathische Art – und auch die war gegeben. Ist mir zumindest neu, dass internationale Musiker den ganzen Saal noch persönlich zur Aftershowparty ins gute alte Linzer Bugs einladen, extrem sympathisch, Jungs! Ich ziehe meinen Hut. While She Sleeps, das war Perfektion in ihrer schönsten Form! Das Publikum dankte es den Jungs leider nicht, schämt euch Linz!

Denn die Masse der Fans war anscheinend für den Headliner da. Ob diese Entscheidung eine Gute war, stelle ich jetzt in Frage. Denn von der musikalischen Qualität und Live-Performance konnte die Band bei weitem nicht mit Coldrain und vor allem While She Sleeps mithalten. Wäre vielleicht besser gewesen, das ganze wie Asking Alexandria Playback zu absolvieren, denn ein Zaunpfahl mit montierten Boxen hätte wohl gleiches vollbracht, wie die Herren Live auf der Bühne. Stimmlich ohne Kraft, defacto keine Show-Elemente außer den Standardsprüchen, die bei jedem Konzert – egal in welcher Stadt – sowieso immer gesagt werden. Für Fans mag das durchaus ein gutes Konzert gewesen sein, denn die Songs wurden solide runtergespielt und vielleicht wirkt das ganze auch erst, wenn man die Nummern auswendig kennt, vielleicht ist das ganze aber einfach auch nur Mittelmaß. Zwar durchaus in Ordnung, aber nichts Besonderes. Einzig und allein die Lichtshow konnte meiner Meinung nach restlos überzeugen. Für den restlichen Auftritt gilt das Prädikat „Für Fans in Ordnung, der Rest trinkt lieber ein Bier an der Bar“. Oder anders gesagt. While She Sleeps und Coldrain rammen an diesem Abend Bullet For My Valentine angespitzt in den Boden. Also alles in Allem ein hervorragender Konzertabend, wenn man den Hauptact ausklammert.

Foto: Christoph Thorwartl

 

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