Kraftklub: Ausverkauft oder Ausverkauf?!
Wenn Mütter ihr Erstgeborenes für eine Konzertkarte verkaufen, dann ist gerade einer der angesagtesten deutschen Acts – Kraftklub – in Linz zu Gast. Der Kartenvorverkauf war binnen drei Tagen beendet und die Vorfreude, sowie die damit verbundenen Erwartungen, waren groß.
Wer sich nicht zeitig eine der begehrten Karten sichern konnte, durfte sich auf Facebook und Co um überteuerte Karten prügeln. Selten gab man zuvor bis zu 50 Euro (VVK € 36,50, AK € 40,–) für einen deutschsprachigen Akt im Linzer Posthof freiwillig her. So hätte man sich auch gerne über eine zweite Vorband gefreut. Zwar lieferten die zwei Münchner von Elektrik Kezy Mezy bei bereits sehr gut gefülltem Konzertsaal soliden 60s Garage Rock Sound ab, dennoch reichte dies noch nicht, um so recht in Stimmung zu kommen.
So quetschte man sich dann gegen 21 Uhr in das Gedränge des restlos ausverkauften Posthofs. Wer bis zum Konzertbeginn sein Getränk noch nicht verschüttet hat, verlor spätestens nach den ersten Klängen jegliche Hoffnung auf eine Erfrischung in den nächsten eineinhalb Stunden. Kraftklub legte sofort mit voller Wucht los und ließ einen Hit nach dem anderen los. So kam nach dem Song „Berlin“ (ca. dritter Song auf der Setlist) fast schon die Frage auf, wie sie das nur toppen wollen bis zum Ende des Konzerts. So stellte sich nach den ersten Kreischereien und Pogokreisversuchen auch die Stimmung relativ schnell ein. Gekonnt wurden Fitnesseinlagen für das Publikum und ein Glücksrad herbeigekarrt, um das Stimmungsbarometer schnell wieder zu heben. Auch ein schon fast obligatorischer Sprung vom Geländer ins Publikum durfte für das Amusement nicht fehlen. Die Setlist erinnerte einen fast schon an eine Best-of-Show, eine Hitsingle jagte die nächste. Nur „Hand in Hand“ suchte man verzweifelt.
Vielleicht lag es genau daran, dass diese Band in den letzten Jahren zu viele Hitsingles veröffentlichte, sodass gegen Ende kaum eine Steigerung mehr spürbar war. Am Ende der Show weckte der Song „Scheissindiedisko“ Erinnerungen an meine erste Begegnung mit Kraftklub. Damals noch als Vorband der Beatsteaks unterwegs, waren sie die Vorbandsensation schlechthin. Ein paar Wochen nachher sah man die Jungs schon über den Fernsehbildschirm springen. Kraftklub hatte alles richtig gemacht, Gang-Outfit und Sound von den Hives adaptiert, mit deutschem Sprachgesang die Unzufrieden der Generation Y eine Stimme verliehen ,und vor allem viele Auftritte hingelegt.
Nun scheint es fast so, als wär die Luft raus. Die Band gönnt sich heuer eine Festivalpause im Sommer. Man darf gespannt sein, wie sich Kraftklub nun neu erfinden wird. Wird das dritte Studioalbum wieder ein Spiegel des Zeitgeistes, bleibt man dem bereits bekannten Rezept treu und verschwindet vielleicht dadurch in der Belanglosigkeit? Oder schafft man den Sprung in den deutschen Rock- und Pop-Olymp? Die Zeit wird weisen, ob Mütter in Zukunft wieder ihr erstgeborenes Kind feilbieten werden für eine Kraftklub-Konzertkarte!
Foto: Christoph Thorwartl