Lautstark 2016: „Der Bass muss ficken“

Der Lautstark!-Musikcontests gehört zu den wenigen guten Bandwettbewerben, wo im Gegensatz zur „Konkurrenz“ nicht die eigene Geldbörse im Vordergrund steht. Dass gute Platzierungen jedoch kein Garant für musikalische Qualität sind, wurde stellenweise am Freitag Abend beim Abschlusskonzert im Posthof bewiesen.

Man könnte meinen, es sei vollkommen überflüssig, dass ich meinen Senf zum Konzert dazugebe, hat eine gut besetzte Fachjury das doch schon getan. Grundsätzlich ja, aber leider hatte nicht nur die Fachjury etwas zu sagen, wenn es um Platzierungen ging. Das erklärt nämlich auch, die manchmal eher durchwachsene musikalische Qualität dieses Abends.

Begonnen hat das ganze jedoch ausgezeichnet. Beda mit Palme – ja, es stand eine echte Palme auf der Bühne – präsentierte stimmigen, gut gemachten und sehr angenehm klingenden Folk-Pop, die Eigendefinition wäre Dialekt-Folk-Reggae. Ideal zu genießen, bei sommerlichen Temperaturen und kaltem Bier. Und noch dazu nette und vor allem abwechslungsreiche Texte. Gerne mehr davon, und mit Garantie das Highlight des Abends. Die Tonfabrik schlug dann in eine ähnliche, stahlstadtverbundenere Kerbe, wobei mehr klassischer Rock geboten wurde, der vor allem stimmlich durch ein sehr kräftiges Organ zu überzeugen wusste. Solide, auch wenn ich kein Fan von übertriebenem Strobolicht bin. Passte auch nicht ganz zur Musik.

Nach dem ersten Drittel ging es dann das erste Mal musikalisch bergab. Die Groovecake Factory besitzt nicht nur einen mehr oder weniger tollen Bandnamen, auch ihre Musik scheidet die Geister. Country-Rock ist ja per se schon etwas Spezielles und wandert stets auf einem schmalen Grad zwischen stimmungsvoll und peinlich. Dieser wurde von dem Damen und Herren oftmals nicht getroffen. Zumindest erinnert mich ewig langes Jodeln gemischt mit Jonny Cash mehr an den Musikantenstadl als an ernsthafte Musik – und auch davon abgesehen, war das Gezeigte einfach einfallslos und schlichtweg langweilig. Es fühlte sich einfach wie Einheitsbrei an. Der Kontrabass hätte auch gerne mehr zu Geltung kommen können, das ging nämlich leider unter. Schade drum.

Danach wurde es dann wieder besser. Der Frauenanteil lag an diesem Abend sehr hoch. Sehr Positiv. Vor allem die Frontfrau von Back To The Roses konnte ihre starke Gesangsstimme voll ausschöpfen und verlieh dem so gezeigten Rock eine gehörige Portion Kraft und Energie. Gerne weiter so, und ich empfehle die Band im Auge zu behalten, das könnte noch ganz großartig werden.

Jetzt wird es schwierig. Ich bin weiß Gott kein großer Hip-Hop-Fan, und vielleicht darum der falsche Mann, um dieses Genre nach musikalischer Qualität zu bewerten. Ich versuchs trotzdem und muss ehrlich sagen, was Razon, Zweiter im Gesamtranking, zeigte war nicht berauschend und wird einem wohl nie länger als zwei Sekunden im Gedächtnis bleiben. Ich vermute an dieser Stelle auch, dass dieser zweite Platz primär dem Publikums/Onlinevoting geschuldet war und weniger der Jurywertung. Zumindest lässt das die große Fanbase im Publikum vermuten. Apropos Publikum, Teile davon gaben sich ab nun wiederholt der Peinlichkeit preis. Zumindest sind Sätze wie „Der Bass muss ficken“ und die wiederholte Forderung an die Sängerin der darauf folgenden Broken Age, sie solle sich doch bitte ausziehen in die Kategorie Kindergartenreife einzuordnen. Ob das jetzt dem Genre geschuldet ist, dass diese Meldungen erst jetzt das erste mal vorkamen, darf jeder für sich selbst entscheiden.  Doch zurück zur Musik und hier war Razon zusätzlich wenig abwechslungsreich. Themen, die schon tausende Male sehr ähnlich behandelt wurden, wenigstens ohne vulgäre und überflüssige Kraftausdrücke, dafür danke. Der Flow war soweit ich das beurteilen kann jedoch in Ordnung. Also technisch akzeptabel, aber ansonsten wenig berauschend und ich bezweifle mal, dass man mit einfachem Hip-Hop ohne Alleinstellungsmerkmal auf Dauer noch Erfolg haben kann. Wäre jetzt kein riesiger Verlust für die Welt.

Last but not Least standen dann mit Broken Age noch die haushohen Contest-Sieger auf der Bühne. Gottseidank muss ich sagen. Denn nachdem Razon mehr Qual als Freude war, ging es beim Sieger mit der musikalischen Qualität wieder steil bergauf. Neben dem musikalisch absolut gelungenen, abwechslungsreichen und energiegeladenen Rock eroberten die Lautstark!-Sieger auch die Herzen des Publikums. Sympatische und ehrlich Ansagen, Interaktion mit dem Publikum inklusive Tennissocken als Goodies und sogar dem Wunsch nach einer Zugabe kam man nach. Gerechnet hat man anscheinend nicht mehr damit, denn Song war keiner vorbereitet. Machte aber nichts, gute Musiker können improvisieren, und das machten Broken Age auch. Verdienter erster Platz im Ranking und ich prophezeie der Band eine gute Zukunft, wenn man sich weiterhin so dahinter hängt wie bisher. Der gewonnene Preis für eine CD-Pressung ist hier sicherlich eine gute Starthilfe.

Fotos: Christoph Thorwartl und Andreas Wörister

Musikliebhaber, Festivalreisender, Konzertsüchtig, Vinylnerd, Photograph, Konzertveranstalter, Linz-Liebhaber