BIRDY: Früh übt sich

Verlässliche Lieferanten enttäuschen nicht und so reiht sich auch Jasmine van den Bogaerde alias Birdy in diese Riege ein. Die 20-jährige Britin bleibt sich treu auf ihrem dritten Album, lässt aber mehr Licht hinein als früher. Diese offensive Herangehensweise, stilistisch schon auf dem Zweitwerk „Fire Within“ deutlich spürbar, will die Lebensgeister erwecken. Vom Piano geprägter Folk-Pop, wie er im Buche steht, wird 2016 weiterhin zelebriert. Dieses Mädchen aus Lymington wirkt zerbrechlich, ist jedoch nicht zu zerbrechen.

Cover

So jung und doch schon so betrübt. Birdy malt auf ihrem dritten Longplayer „Beautiful Lies“ mit kräftigen Pinselstrichen an den Melancholiehimmel. Mehr Pomp und mehr Glamour im Stile einer verhuschten Version von Florence Welch sind vorhanden. Ein Meer an Gefühlen. Hin- und herwippende Songs. Die Neigung zur Reduktion und zu einem gedankenverlorenen Folksound, die ist gewichen. Bei ihrem Wien-Gastspiel Anfang Mai im Wiener Konzerthaus wirkte sie zwischen den Songs weiterhin schüchtern und unsicher. Seltsam. Als Inspirationsquelle diente die japanische Geisha-Kultur, was sich auch im Artwork widerspiegelt. Sie fügt ihrem Piano-Pop noch eine neue Dimension hinzu. Das Mädchen von nebenan kreuzt zarte Schönheit mit voller Wucht. Gesichts-, aber nicht gänzlich wirkungslose Klänge.

Britischer Pop, der nicht ständig in den Spiegel zu schauen scheint oder nach der Boulevardpresse Ausschau hält. Schön, dass es so was noch gibt. Was Birdy dennoch fehlt, ist der Mut, Reibung zuzulassen. „Beautiful Lies“ wirkt stark kontrolliert, Songs üppig arrangiert und das Gros dieser Aufnahmen wird als „voller“ und „abwechslungsreicher“ angepriesen, was Euphemismen für glatter produziert und konsensfähiger sind. Befindlichkeiten der Indieszene spielen keine Rolle. Wer Birdy wirklich ist, ist nicht leicht zu beantworten. Ist sie jetzt nahbar, ein Star zum Anfassen oder erhaben? Lügt sie uns das Blaue vom Himmel vor? Die eigene Persönlichkeit, die darf sich auf der nächsten Platte ruhig noch mehr entfalten. Dann dürften Birdy und ihr Piano-Pop reif sein, das Erbe von Tori Amos zu übernehmen.

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