Heart Of Noise 2016: Salvador Dali der Festivals

Von letzten Donnerstag bis Samstag fand – wie inzwischen alljährlich – das „Heart of Noise“-Festival in Innsbruck statt. Seit jeher den Experimenten, Exoten und Progressiven verschrieben, lautete das Motto heuer „Dub & The Heart of Darkness“.

Wie man am Motto bereits erkennen kann, drehte sich dieses Jahr das Line-Up um zwei Pole: einerseits Dub, ursprünglich entstanden aus den Instrumentals die man auf der B-Seite von Reggae und Rocksteady Platten Anfang der 1970er Jahre finden konnte, von denen wohl damals keiner geglaubt hat, dass sie die musikalische Zukunft so prägen werden. Andererseits um die Adaption des Buches „Heart of Darkness“ von Joseph Conrad, das in seiner Verfilmung mehr Leuten etwas sagen dürfte als das Original („Apocalypse Now“ von 1979). Das Buch, vielmehr die vermittelten Themen, wurden vom Kollektiv „Fuckhead“ interpretiert und aufgeführt.

Dichtes Programm von Anfang an: jeden Tag war an mehreren Venues etwas los, meist bis 4 Uhr Früh. Seit heuer auch erstmals in Kooperation mit mehreren Veranstaltungsräumen, etwa Treibhaus, PMK, Cinematograph, Adlers Rooftop und dem Musikpavillon im Hofgarten.

Dass dabei nicht nur Musik gemacht und/oder gezeigt wurde, steht seit 2011, dem Gründungsjahr des Festival, fest. Von Ausstellungen, Filmvorführungen, Künstlergesprächen, Installationen und Multimedia-Shows war so ziemlich alles dabei.

Zu den Highlights zählten (es gab zwar viele, aber ich kann mir nur ein paar herauspicken): Colin Stetson & Sahra Neufeld, er ein außergewöhnlicher Saxophonist, der schon mit Tom Waits und Lou Reed auf der Bühne stand. Sie nicht weniger begabt mit der Violine, besser bekannt dürfte sie vielen durch die Band „Arcade Fire“ sein.

Dann die oben angesprochenen „Fuckhead“, mit einer Multimedia-Performance auf der Bühne, die Visuals, Soundlandschaften und körperliche Performance vermischt und damit eine Show auf die Beine stellten, die man so noch nicht gesehen hat (diese Show wurde eigens für das Festival entwickelt).

Dabei wird sich ausgezogen, getanzt, Pizzateig über den Kopf gestülpt um dann mit Farbe bemalt zu werden und noch einiges mehr, das sich besser mit einem Video vermitteln lassen würde. Was sich bei ihnen durch zieht, ist ihr Verständnis, was sie mit einer solchen Performance leisten wollen: provozieren, Grenzen aufreißen und verstören (im positivsten Sinn des Wortes).

Den Abschluss durfte dann die Wiener Dub-Formation „Dubblestandart“ rund um Paul Zasky mit dem legendären 81-jährigen (!) Lee „Scratch“ Perry in die Hand nehmen. Zuerst noch ein paar eigene Songs um das Publikum einzustimmen, brillierten sie bald darauf als Back-Up-Band für Perry. Dieser könnte so manchen ein Begriff sein, auch wenn nur vom Sehen: seit Jahrzehnten ist er eigentlich als Producer unterwegs, fällt aber auch durch sein exzentrisches Äußeres auf, was ihm unter anderem seinen Ruf eingebracht hat.

Er selbst hatte früher nie gesungen, war eher der Typ hinter den Reglern und mit den Ideen gewesen, was man ihm, bzw. seinem Auftritt auch anmerkt. Ziemlich passend das Zitat: „Lee „Scratch“ Perry ist der Salvador Dali des Dub.“

Schreibt seit längerem, macht noch länger Musik. Mal erfolgreich, mal weniger - und versucht das Beste aus dem doch irgendwie dörflichen Innsbruck zu machen.