CLUESO: Summa cum laude

Erfurt is calling. Runderneuert und doch ganz der Alte: „Neuanfang“, im Oktober erschienen, erinnert an vieles, was dieser deutsche Musiker in seiner Karriere bereits vollbracht hat, bringt aber auch neue Facetten ans Licht. Den Charme eines liebenswerten, leicht schüchtern wirkenden Typen, der im eignen Bekanntenkreis stets zu finden ist, umgibt ihn weiterhin. Clueso kann man 2016 bedenkenlos mögen.

© Christoph Köstlin

Es heißt, großer Erfolg lasse die Künstlerseele abstumpfen. „Neuanfang“, sagt bereits der Titel, ist der unmissverständliche Wille, den entscheidenden nächsten Schritt zu machen. Der 36-Jährige will sich selbst neu herausfordern, die Routine nicht die Kreativität lähmen lassen, einen neuen Zugang zu seiner Musik suchen. Am Ende dieses Vorhabens ist dieser neue Clueso gar nicht so anders, sondern in etwa der, den man erwarten durfte.

Dass der Erfurter nach mehr als zehn Jahren noch etwas wagt, sich von seinen Weggefährten aus der Band, seinem Label und seiner WG trennt, kann man ihm anrechnen. Wie man Schwermut sanft in Songs einwickelt, hat er jedenfalls nicht verlernt. Mit altem Gefühl und neuem Anspruch reflektiert er Alltäglichkeiten, die jeder kennt und schon einmal erlebt hat, die deswegen auch so nachvollziehbar und verständlich sind. Über die Schwierigkeiten, seinen eigenen Weg zu gehen. Er untermalt das Ganze mit einer musikalischen Bandbreite von Pop über Reggae und Hip-Hop. Nie aufwändig, stets beiläufig.

Cover

Musikalisch ist an vielen Stellen eine sinnvolle Verbesserung zu erkennen, was an Tobias Kuhn liegen könnte, der zuvor solo mit den Bands Miles und Monta unterwegs war, inzwischen als Produzent für Größen wie Die Toten Hosen, Tomte, Sportfreunde Stiller und Udo Lindenberg fungiert. Mit letzterem hat Clueso schon 2011 beim Song „Cello“ kollaboriert. Es bleibt also alles irgendwie in der Familie.

Wohlgeformte Songs über Erwachsensein und –werden, Lieder in sämtlichen Stimmungslagen und eine Platte ohne Attitüdenbalast.: „Neuanfang“ hat eine regelrecht ansteckende Entspanntheit zu bieten, die bereits die Kirmes-trifft-Aufbruchsstimmung-Atmosphäre der gleichnamigen Single anfeuert und memorable Melodien („Achterbahn“, „Erinnerungen“, „Neue Luft“), ist umwerfend unverbindlich und mit der Lizenz zum Wohlklang ausgestattet. Unsicherheiten in Kauf genommen, Reboot geglückt.

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Foto: Christoph Köstlin

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