PLACEBO: 7300 Tage später

Diese Zusammenstellung leuchtet auch in den dunkelsten Augenblicken in so bunten Farben, dass sich selbst Ausflüge in simplere Gitarrenpop-Gefilde ohne Schwierigkeiten in den Kontext einfügen. Die unverbesserlichen Britannienmelancholiker Brian Molko und Stefan Olsdal laden nach 20 ereignisreichen Jahren im Musikbusiness und einigen Höhen und Tiefen zur großen Retrospektive ein.

Placebo

Als Placebo 1996 zwischen den Britpop-Ikonen Oasis und Blur auftauchten, konnte man noch nicht ahnen, dass sie zwei Dekaden später weiterhin eine Konstante sein würden. „A Place For Us To Dream“ heißt die große Rundschau, die vor kurzem zu Ehren des Jubiläums erschienen ist. Die dazugehörige Tour, die auch in Wien Halt machen wird, ist bereits in vollem Gange. Nein, faul und unproduktiv war diese Band nie.

Viele der hier enthaltenen Songs, teils in anderen Versionen als der Ursprungsvariante oder in der Single-Edition, schimmern immer noch in zeitlos schönem Glanz. Es sind hymnenhafte, beispiellos den Nerv der Zeit schon oft getroffene Alternative-Oden wie „Every You Every Me“, „Meds“, „Special Needs“ oder „Pure Morning“ über das romantische, oftmals traurige Miteinander. Das Material kommt zugleich in Ohr und Herz zurück. Molko zelebrierte seine nasalen Melodiebögen und spielte mit Geschlechterollen, während die Außenwelt bedrohlich ins Wanken geriet. Ein zu Beginn düsterer und provokanter, in den letzten Jahren nicht mehr ganz so androgyner Musik-Cocktail. In all den Jahren haben sie nicht an Charakter verloren, sondern an Stil gewonnen. Sie haben ihren Stil perfektioniert, das Spontane zuletzt leider etwas vernachlässigt.

„A Place For Us To Dream“ nimmt sich die eindringlichsten Momente aus der Bandhistorie zur Brust, um sie auf zwei Discs zu pressen. Ob Placebo ihre ganz großen Platten schon hinter sich haben, in Zukunft an vergangene Großtaten anknüpfen können und auf Selbstzitate weitestgehend verzichten werden, bleibt abzuwarten.

Cover

Placebo live am 13. November 2016 in der Wiener Stadthalle.

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Placebo im Interview mit subtext.at
placeboworld.co.uk
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