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Die Tops und Flops 2016!

2016 ist tot, lang lebe 2016! Die Redaktion stellte der Redaktion wieder mal die kurze aber schwierige Frage, was denn die besten Konzerte des Jahres waren. Und wieder durfte jeder Redakteur maximal zwei Tops vergeben. Und natürlich auch ein Flop, immerhin sudern wir einfach viel zu gerne.

Chris‘ Tops und Flops

Hurra, ein Jahresrückblick! Auch als Quasi-Chef unseres feinen Online-Magazines durfte ich nochmals über die knapp 70 Konzerte, denen ich heuer lauschen durfte, zurückblicken. Dabei zwei gute rauszupicken, war schwer. Eines zu finden, das so richtig scheiße war, dagegen weniger.

Aber fangen wir mit dem Guten an. Platz Eins, unangefochten, geht an Árstíðir. Die isländische Urgewalt gastierte im Mai im Salzhof in Freistadt – sphärisch, verdammt gute Musiker, Ohrwurmpotenzial bei jedem Song. Das Album „Hvel“ läuft auch heute noch auf Dauerrotation, und die Single „Shine“ ruft auch beim 200. Hören noch immer Gänsehaut davor. Knapp dahinter platzieren sich wahre Punk-Legenden. Strung Out und – vor allem – A Wilhelm Scream gastierten im Sommer in einem kleinen, unscheinbaren Gasthof in Urfahr. Im Auerhahn, wo 2016 mit einer neuen Konzert-Reihe mit Fokus auf Punk endlich wieder mal was Neues in Linz passiert. Kleiner Tipp: 2017 kommen da einige Kapazunder!

Neben Lobhudeleien gab es aber auch einen musikalischen Speib-Moment. Kayef nannte sich der, und der Justin-Bieber-auf-Deutsch-nur-schlechter-Verschnitt gastierte heuer im April im Posthof in Linz. Nunja, erwartet habe ich ja eh nicht viel im Vorhinein. Diese nicht vorhandenen Erwartungen wurden allerdings noch unterboten. Ein grottiger Abend, wo ich ausschließlich dem Posthofbeisl-Team zu ewigem Dank verpflichtet bin – schließlich hat deren Bier mich vor einem längeren Trauma bewahrt.

Markus‘ Tops und Flop

Wie viele meiner Kollegen beim „Sexiest Magazine Alive“ bin auch ich auf ziemlich vielen Konzerten unterwegs. Da sollte es eigentlich schwer fallen, die besten und schlechtesten Gigs des Jahres aus dem Hut zu zaubern. Ist es lustigerweise aber nicht. Denn auch wenn sehr viele Auftritte 2016 echt genial waren, so sind es dann doch nur ein paar ausgewählte, an die man immer und immer wieder zurück denkt. Im Guten, wie im Schlechten:

Tonnen an Sprengstoff, literweise Brennpaste und ein bis zwei geplante Skandale – die RAMMSTEIN-Show am diesjährigen Rock In Vienna war zweifelsfrei eine der besten Shows, die ich jemals erleben durfte. Bereits der Opener der neu erstarkten Meistern der deutschen Härte – der neue Song mit dem W.I.P.-Titel „Ramm 4“ (siehe Video unten) – setzte eindrucksvoll die Marschrichtung für die kommende Stunde: Langsam und mächtig bauen sich die Songstrukturen nach und nach auf, Herr Lindemann steppt auf die Bühne, hält inne, wirft seinen Zylinder nach oben. Eine halbe Sekunde später zerfetzt es den Hut in der Luft; die Menge explodiert ebenso. Danach „schockieren“ RAMMSTEIN den bildungsfernen Kroneleser noch mit einer Sprengstoffweste zu „Zerstören“, begeistern mit einer ungeplanten(?) Akustikversion von „Ohne Dich“, nachdem Lindemann seinem Tontechniker wütend ein kaputtes Mikro entgegen gepfeffert hatte. Wie gesagt: die geborenen Showmänner und Genreikonen lieferten damit eine der besten Shows – nicht nur 2016!

https://www.youtube.com/watch?v=8Yu1qRbGa2g

Und zum zweiten Topgig des Jahres möchte ich im Voraus nur sagen: Ja, ich weiß, ich jammere zu viel. Aber wie kann man auch anders, wenn eine der schönsten und schaurigsten Konzerttraditionen des heimischen Untergrunds nach zehn Jahren ein jähes Ende findet? 2016 ist das Jahr in dem der Rock ‚n‘ Roll zu sterben begonnen hat, da bietet es sich ja förmlich an, dass die BLOODSUCKING ZOMBIES FROM OUTER SPACE mit MOTÖRHEAD- und QUEEN-Coversets auch ihre Jamborees abmurksen. Aufgrund des verstärkten Andrangs gab es zum Glück eine Zusatzshow (die natürlich ebenfalls ausverkauft war) – das lindert zwar den Schmerz, kann jedoch das entstandene Loch im Herzen nicht wirklich füllen. In diesem Sinne: Prost mitanander auf a schene Leich!

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BZFOS: Lemmy lebt! (mehr oder weniger)

Nun noch kurz zur Flop-Band des Jahrzehnts (Jahrtausends?)… Meine Fresse, alleine der Gedanke an INNER TONGUE, diese strunzlangweilige Bobo-Band, lässt die Galle wieder hochkommen. Null Bühnenpräsenz, keinerlei Show und eigentlich der perfekte Soundtrack um sich die Pulsadern aufzuschneiden, würde man dabei nicht innerhalb eines Sekundenbruchteils einschlafen. Langweilige Werbemusik für noch langweiligere Hipster, die gerne in ihren veganen „Jutebeutel“ masturbieren. Götter, Teufel und sonstige nicht-existente Wesen! Bitte trefft diese Band doch einfach mit mehreren Blitzen beim Scheißen! Danke.

Pazis Tops

Wie immer war es kein leichtes Unterfangen, das vergangene Konzertjahr auf ein paar wenige Highlights herunterzubrechen. In der Rückbetrachtung gab es aber tatsächlich zwei Abende, die mir 2016 ganz besonders positiv in Erinnerung geblieben sind. Beide Konzerte fanden in Rahmen von Festivals statt und bei beiden spielte der in diesem Sommer omnipräsente Regen eine nicht unwesentliche Rolle.

Das Ahoi! The Full Hit of Summer, kurartiert vom Linzer Posthof, fand dieses Jahr zum ersten Mal statt und bot eine ganze Reihe von großartigen Acts. Der Headliner stellte allerdings alle in den Schatten. In unvergleichlich schönem Ambiente, direkt an der Donau, zwischen Lentos und Brucknerhaus konnte man immerhin niemand geringeres als die Post-Rock-Ausnahmeband Sigur Ròs bewundern. Das erlebt man in Linz wahrlich nicht alle Tage. Mit einer Wagenladung an Bühnenkonstrukten und LED-Effekten, dafür ohne das üblicherweise begleitende Streichorchester waren die drei Isländer angereist um die angereisten Musikbegeisterten für ihr Ausharren im Regen so richtig zu entschädigen. Tatsächlich verzog sich das Schlechtwetter gnädigerweise mit den ersten Takten der Musik. Was folgte waren eineinhalb Stunden richtig großes Kino – Im wahrsten Sinne des Wortes! Denn die Lichtshow war nichts anderes als atemberaubend schön und sorgte im Zusammenspiel mit der unerwartet wuchtigen Performance der Band für offene Münder. Wie Frontmann Jónsi mit Geigenbogen seiner Gitarre die monströsesten Sounds entlockt, muss man einfach einmal gesehen haben. Nur wenige Bands sind in solch schlanker Besetzung in der Lage dazu, derartig monumentale Klangkulissen zu erschaffen wie Sigur Ròs.

Ahoi! The Full Hit of Summer - Sigur  Rós

Es war ein knappes Rennen, doch ein Konzert kann ich guten Gewissens einen Platz vor diesem Erlebnis in meiner Bestenliste einrehen – Daughter auf dem Maifeld Derby in Mannheim. Hier war es weniger bloßes Schlechtwetter, sondern viel eher der Weltuntergang persönlich, der am Abend des letzten Festivaltages wütete. Glücklichwerweise befand sich die Hauptbühne in einem riesigen Zirkuszelt, in dem nun ca. 4000 Menschen bei Daughter Schutz vor dem Untwetter suchten und auch fanden. Der unbarmherzig auf die Zeltplane prasselnde Regen sorgte für eine bedrohliche Stimmung während die britischen Durchstarter um Sängerin Elena Tonra im Kontrast dazu ihre zerbrechlichen Indie-Folk Songs vortrugen, dabei zeitweise Mühe hatten, das Unwetter zu übertönen und es doch schafften, das Publikum restlos in ihren Bann zu ziehen. Es war als wäre dieses Zelt das Auge des Sturms, die Bühne und die Musik von Daughter ein Ruhepol, ein Ort um Zuflucht zu finden, während draußen das Chaos tobt. Vielleicht ist das ja auch eine sehr treffende Metapher für das Jahr 2016 an sich und deswegen zu Recht mein Platz 1!

Lisas Tops

Auf knapp 60 Konzertberichte kann ich heuer zurückblicken, das wäre mindestens ein Konzert in der Woche – da ist es gar nicht so einfach ein Auswahl zu machen. Im letzten Jahr hab ich so einige Musiker*innen vor mir gesehen – oft gedacht „Wow, was für ein Talent!“ und natürlich waren auch so manche dabei wo die Zeit im Proberaum besser investiert werden könnte. Aber im Advent möchte ich nicht negativ über irgendwen lästern.

2016 war für die Musikliebhaber*innen ein schreckliches Jahr nicht nur unzählige Top-Musiker*innen sind von uns gegangen – sonder auch für alle im Zentralraum Europa lebenden Menschen war der Festivalsommer „leicht“ verregnet, Stichwort Southside, Szene Open Air, Noppen Air ….

Meine Topkünstler – diesmal nur Männer – haben sich beide mit dem Wettergott angelegt.
Einmal Kelvin Jones, der Singer/Songwriter wäre eigentlich auch am Southside aufgetreten – wäre da nicht die Sturmwarnung gewesen – umso schöner war es dann ihn im trockenen Posthof mitten im Publikum zu lauschen.
Nummer zwei – Beirut. Auch eine Veranstaltung die nicht ganz ohne Regen auskam. Kaum hatte Beirut die Bühne am Ahoi Pop! The Fullhit of Summer betreten fang es an in Kübeln zu gießen – binnen Sekunden war man pitschnass. Musikalisch war es aber ein Traum – und Tanzen im Regen hat auch mit 25 Jahren seinen Charme noch nicht verloren.

Auch wenn ich nur zwei Top-Musiker*innen aus dem vielen Konzerten hab auswählen „dürfen“ füge ich jetzt eine neue Kategorie ein – beste Location 2016.
Der Preis geht eindeutig an die Local-Bühne Freistadt – schon der „normale“ Konzertsaal ist eine Augenweide für sich aber der private Garten der nur einmal im Jahr umfunktioniert wird hat dann noch mal seinen ganz anderen Charme – Lagerfeuer und irische Musik von RURA hatten mir es da einfach angetan.

Das Konzert-Jahr ist noch nicht ganz um und da noch ein paar Konzerte anstehen, wo ich weiß das sie durchaus unter die Top Zwei gekommen wären möchte ich sie einfach so noch erwähnen – einmal die Fiva mit der JRBB und Granada.

Helenas Tops

Nach langer Überlegung habe ich mich dazu entschlossen, meinen zwei Top-Konzerten keine Reihung zu geben. Einfach, weil sie viel zu unterschiedlich sind, um sie überhaupt vergleichen zu können. Deshalb gibt es von mir ein Konzert aus meinem „üblichen“ Genre und eines, das eine komplett neue Erfahrung für mich war.

Das Konzertjahr 2016 startete für mich im Februar mit Parkway Drive, Architects, und Thy Art Is Murder im Gasometer. Diesmal unten im Saal und nicht von der Galerie aus, wo die Energie bei der letzten Show einfach nicht zu hundert Prozent rübergekommen ist. Thy Art Is Murder hatten sich erst kurz davor mit dem Video zu „Holy War“ in mein Herz gespielt, Architects sind sowieso eine meiner all time favourite Bands und zu Parkway Drive muss man glaube ich nicht viel sagen, außer „Viva the underdogs!“. Das neue Album mag die Fans spalten, aber es wird mir wohl niemand widersprechen, wenn ich sage, dass die Songs von „Ire“ live eine unglaubliche Kraft haben. Parkway Drive schaffen es jedes einzelne Mal aufs Neue, den Gasometer mit so viel ungebändigter Energie zu füllen, dass man danach rausgeht, und nicht mehr so richtig weiß, ob das jetzt wirklich passiert ist.

Jeremy Loops, Foto: Andreas Wörister

Jeremy Loops, Foto: Andreas Wörister

Mein zweites Highlight dieses Jahr war Jeremy Loops im Rockhouse Salzburg. Mit dem ersten Ton war der graue, kalte, regnerische Novembertag vergessen. Ich war tanzend, singend und lachend ganz weit weg, irgendwo an einem weißen Sandstrand mit Blick auf die Wellen. Das Konzert war so anders, als alles, was ich aus den Metal/Hardcore/Lärmmusik-Genres kannte. Und es war gut. Wahnsinnig gut. Dass ein Mann mit Gitarre, Looper und Mundharmonika so faszinierende Musik machen kann, beeindruckt mich immer wieder.

Ricis Tops

Das Konzert von Sister Jones war erst vor kurzen und ich habe diesen Abend noch sehr gut in Erinnerung. Es war das zweitschönste Konzert für mich in diesem Jahr. Am 25.11.2016 spielten sie gemeinsam mit, dem auch bewegenden Künstler Trio von The Ghost and The Machine sowie Matt Boroff in der Stadtwerktatt. Der alternative und neuartige Sound hat mich mitgerissen und gute Laune ausgelöst. Ich freue mich darauf die Linzer bald wieder zusehen.

Das emotionalste und schönste Konzert in diesem Jahr war für mich Xavier Rudd. Der australische Sänger, Songwriter und Multiinstrumentalist gastierte am 25.04.2016 im Posthof. Dieses Konzert war sowas wie ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk für mich. Xavier Rudd hat es geschafft mich gefühlsmäßig richtig zu bewegen- er hat gewirkt wie stimmungsaufhellende Drogen. Es war Balsam für die Seele und ich denke bis heute mit Freuden daran zurück.

Wörlis Tops

Auf den langen Autofahrten während des diesjährigen Norwegen-Roadtrips war Jeremy Loops der Künstler den ich und die wunderbare mitreisende Helena gehört haben, kannte ich vorher nicht, fand ich aber damals schon gut. Trotzdem wäre ich wohl nicht an diesem verregneten Herbsttag von alleine nach Salzburg gefahren, aber man lässt sich ja gerne von sehr guten Freunden überzeugen und wie froh ich darüber im Nachhinein bin. Voract war ganz gut, aber jetzt nichts was mich vom Hocker haut. Dann langes warten, satte 45 Minuten, zugegeben da war dann meine Motivation im Keller. Die wurde aber dann mehr als hochgetrieben. Was war das für 1 Konzert? War schon erstaunlich, dass in der Umbaupause niemand, nicht mal für eine schnelle Zigarette, keiner wollte seinen Platz aufgeben. Verständlich wie sich herausstellte. Noch nie hab ich so viel getanzt bei einem Konzert. Die Stimmung war schwungvoll, energiegeladen, leidenschaftlich, es war unmöglich still zu stehen. Das Publikum war aktiv und stand nicht nur blöd herum. Jeremy Loops war amüsant, der Ton stimmte durchgehend, viel Bewegung auf der Bühne – in Kombination mit dem tollen Licht ein Fotografentraum – und einfach ausgelassen. Die Setlist perfekt abgestimmt mit ruhigeren und schwungvolleren Songs abwechselnd. Einzig und allein, diese immer gleichen Ansagen wie toll nicht Stadt XY ist kann ich nicht mehr hören. Ansonsten großartig und mein Konzert des Jahres, mit Abstand!

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Musik hat immer etwas mit Leidenschaft zu tun, mit Gefühlen, mit Trauer, mit Freude, mit Angst, mit Leben und auch mit dem Tod. Ohne all diese Aspekte wäre Musik nicht so wichtig, würde ich und viele andere nicht darüber schreiben und ihr nicht so einen hohen Stellenwert in unserem Leben einräumen. Der Tod von Architects Gitarrist und Songwriter Tom Searle war so ein Moment der an die Leber ging. Mit einem seltsam mulmigen Gefühl stieg ich also ins Auto nach Wien. Wie wird das jetzt sein ohne Tom Searle den ich 2 Jahre zuvor noch genau in dieser Location als Teil der Band sah? Wird es mein allerletztes Architects Konzert? Ein paar Stunden später als es dann losging war ich umso berührter. Die Show war wie immer großartig, das war aber an diesem Abend eher Nebensache. Selten hab ich ein so großartiges Publikum gesehen. Diszipliniert, mitfühlend, laut mitsingend und bei vielen mit Tränen in den Augen. Die Rede von Sänger Samuel David Carter erzeugte Gänsehaut und ging durch sämtliche Knochen. Es war wohl das letzte Konzert dieser großartigen Band das ich sehen durfte, ihr werdet vermisst werden Architects. Darum ein ganz besonderer Platz in meiner diesjährigen Liste, außer Konkurrenz sozusagen.

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Wie hat unser diesjähriger Rückblick für Euch abgeschnitten? Was waren Eure Highlights und „Lowshadows“? Hinterlasst Eure Tops und Flops in den Kommentaren – wir freuen uns drauf. Wir wünschen Euch an dieser Stelle noch einen guten Rutsch und man sieht sich dann in der nächsten Konzertsaison.

     –die Redaktion