CODE ORANGE: Forever
Sie haben es schon wieder getan! Zwei Jahre nachdem sie auf „I Am King“ erwachsen geworden sind, veröffentlichen Code Orange mit „Forever“ wohl ihr nächstes Meisterstück. Ein Amalgam aus bitterbösen Gitarrenriffs, harten Cuts und finsteren Electrosamples, dass nicht nur den Mut hat, den beschrittenen Weg konsequent weiterzugehen, sondern auch klare Ansprüche stellt. Das hier könnte bereits die wichtigste Hardcore-Platte des Jahres sein.
2014 hat die zuvor als „Code Orange Kids“ bekannte Band aus Pittsburgh/Pennsylvania das „Kids“ aus ihrem Namen verbannt. Wo „I Am King“ quasi die Pubertät einläutete, darf man nun bei Album Nr. 3 wohl von einer erwachsenen Band sprechen. Denn „Forever“ erhöht das Level des Vorgängers nochmals in jeglicher Hinsicht. Industrial-Samples, abrupte Unterbrechungen und halsbrecherisches Metalcore Riffing geben sich abwechseln die Klinke in die Hand. „Real“ ist eine apokalyptische Härtedröhnung und „Kill The Creator“ drückt das Gaspedal auf Anschlag durch, nur um den Hörer immer wieder mit plötzlichen Unterbrechungen stutzig zu machen und sich im stampfenden Midtempo über die Ziellinie zu schleppen, während das titelgebende „Forever“ fast schon als klassischer Code Orange Song durchgeht. Wer aber hier denkt, die Band bereits durchschaut zu haben wird eines besseren belehrt. Mehr Abwechslung wird nicht nur in der Tiefe, sondern auch in der Breite geboten.
So finden auch Stücke wie das leicht aus der bedrohlichen Grundstimmung kippende „Bleeding In The Blur“, bei dem Gitarristin Reba Meyers (ähnlich wie beim 3/4-Code Orange Nebenprojekt Adventures) mit ihrem Cleangesang glänzen und das fast schon als Alternative Rock durchgeht, oder das gerade in seinem Refrain an Metalgrößen der Nullerjahre wie Deftones und Tool erinnernde „Ugly“ einen Platz in dieser abwechslungsreichen Musiksammlung. Hier darf man sich für einen Moment in falscher Sicherheit wiegen, eher die Keule der vollen Härte wieder auf einen niederrasselt. Code Orange schaffen es sogar, das Prinzip des Breakdowns (eigentlich komplett ausgelutscht, weil zu inflationär eingesetzt) wieder interessant zu machen. Die Band legt es darauf an diese Parts als Höhepunkt ihrer Songs zu inszenieren und hat damit (auch ob ihrer technischen Finesse) Erfolg. Man ertappt sich immer wieder dabei, wie man auf diese Momente geradezu hinfiebert. Das beste Beispiel hierfür ist wohl das grandiose Finale von „The Mud“, bei dem der volle Industrial-Hammer ausgepackt wird.
Verantwortlich für den Klang von „Forever“ ist sind nicht nur der große Ideenreichtum und die Kreativität mit der Band in der Umsetzung zu Werke gegangen ist, sondern auch die interessante Paarung am Mischpult. Das Album entstand nämlich in Co-Produktion zwischen Converge Mastermind Kurt Ballou (Every Time I Die, Nails, The Dillinger Escape Plan,…) und Alternative/Emo Rock „go-to-guy“ Will Yip (Title Fight, Turnover, MewithoutYou,…). Der etwas klarere Sound von „I Am King“ wurde zugunsten von noch mehr mystischer Atmosphäre geopfert, die immer wieder von harten Cuts und Samples unterbrochen wird und dann wieder von neuem heraufbeschworen wird. Nirgendwo treibt das kreative Gespann dieses Prinzip so sehr auf die Spitze wie in „Hurt Goes On“. Würde der Film „Der Exorzist“ im Jahre 2017 erscheinen – das wäre garantiert der Soundtrack dazu.
Code Orange trauen sich auf „Forever“ einiges. Sie erweitern ihren bereits etablierten Sound und treiben ihn konsequent weiter in die Extreme. Umso faszinierender, dass dabei zwischen all den chaotischen Momenten immer wieder auch einprägsame Riffs und Refrains zu Tage treten. Das die Latte für ein Hardcore Album, welches sich tatsächlich wieder einmal etwas Neues traut, damit für das restliche Jahr 2017 schon im Jänner verdammt hoch gelegt wurde, muss man auch noch einmal extra erwähnen. Forever ist ein schlichtweg faszinierendes Album, dass Genres überspannt, Einflüsse von Converge bis Nine Inch Nails versammelt und das Resultat zu seinem gänzlich eigenen Wahnsinn verkommen lässt, der garantiert noch lange in euren Synapsen spürbar sein wird.
Tracklist
01. Forever
02. Kill The Creator
03. Real
04. Bleeding In The Blur
05. The Mud
06. The New Reality
07. Spy
08. Ugly
09. No One Is Untouchable
10. Hurt Goes On
11. dream2
VÖ: 13.01.2017 via Roadrunner Records