Crossing Europe 2017: Chez nous – This is our land

Politisch aktiv. Ein Film von Lucas Belvaux, der einem die Augen öffnet. Spannend erzählt der Regisseur von der aktuellen politischen Situation in Frankreich, und schafft geschickt einer Brücke zwischen Realität und Fiktion. 

Mit einem aktuelleren Thema beschäftigt sich selten ein Film. Chez Nous, ein Film von Lucas Belvaux, erzählt von der Politiklandschaft in Frankreich. So kurz nach der Wahl, oder zwischen der Wahl, je nachdem wie man es nimmt, ein Meisterwerk. Welches in der fiktiven Darstellung die Situation auf den Punkt bringt.

Der Film handelt von Pauline, einer selbstständigen Krankenschwester, die mit ihren zwei Kindern in einem kleinen Ort in einem Bergbaugebiet in Frankreich wohnt. Neben ihren PatientInnen pflegt Pauline auch ihren kommunistischen Vater. Pauline wird stets als nette, hilfsbereite und bei den Menschen im Ort beliebte Person wahrgenommen. Zwei Männer treten in ihr Leben und stellen den gewohnten Alltag auf den Kopf. Zum einem Doktor Berthier, der Paulines Beliebtheit für seine Partei nützen möchte, und zum anderen die alte Schulflamme Stéphane. Pauline gibt nach und wird die neue Kandidatin für das Bürgermeisteramt des Ortes für die Partei RNP. Im Film wird via Radio von der neuen Kandidatin erzählt. Ihre Stärken liegen in ihrer Schönheit und regionalen Bekanntheit – jedoch wäre sie ein weiteres Schaf, das brav dem Hirten, in dem Fall Doktor Berhier, und Parteivorsitzender Agnès Dorgelle folgt.

Die Partei RNP bekennt sich zwar nicht offiziell zum Nationalismus und Rassismus – zeigt sich aber immer wieder knapp an der Grenze zur Rechtsradikalität. Somit ist der Zwist zwischen Pauline und ihrem Vater schon vorprogrammiert. Ihr Lover wurde geschickt mit der Geschichte verbunden, so ist auch er in einer rechtsradikalen Gruppierung Mitglied, und kennt Doktor Berhier sehr gut, vor allem als Fördergeber für seine Gruppe. Stéphane wird der Umgang mit Pauline untersagt, da sein Image für die Kandidatur nicht gewinnbringend wäre. Hiermit wäre das Drama perfekt. Aufgerundet wird es noch von diversen FreundInnen, die sich entweder für die Rechten oder für die Linken einsetzen. Pauline ist mitten im Geschehen und wird von allen Seiten stark beeinflusst.

Auch wenn sich der Film einigen Klischees bedient, machen gerade diese den Film so realistisch – so absurd dies auch klingen mag. Dei Tatsache, dass hinter der Parteileiterin ein Mann sitzt, der sämtliche Fäden in der Hand hält, oder wie wichtig das Image einer Kandidatin ist, selbst bei einer regionalen Wahl. Es können viele Parallelen zu der politischen Situation in Frankreich gezogen werden. Marie Le Pen, die bei der aktuellen Wahl auf Platz zwei landete, weist sehr viel Ähnlichkeit mit der Parteiführerin im Film auf. Damit der Film so aktuell sein kann, hatten die Filmschaffenden nur sehr begrenzt Zeit. Innerhalb von zwei Jahren war der Film rechtzeitig zur Wahl fertig. Der Trailer löste viele empörende Reaktionen in den Social Media aus – gerade die Politiker von Front National reagierten sehr drastisch. Ihr Ziel war es, den Film schon im Vorhinein zu Zerstören – was sie zum Glück nicht geschafft haben.

Die Ortschaft wurde bewusst von dem Regisseur Lucas Belvaux ausgewählt, da es sich um eine Ortschaft handelt, die ähnlich wählt wie die im Film selbst. Auch hier wurden wieder viele Parallelen zwischen Realität und Fiktion gezogen.  Regisseur Loucas Belvaux hat alles bis ins kleinste Detail bedacht. Selbst die französische Nationalhymne wurde umgeschrieben, um die zwei Seiten der Identität besser hervor zu heben.

Ein Film, der noch lange nachwirken lässt, der spannend bleibt bis zum Schluss. Am Ende kommt im Widerspruch gegen alle Klischees noch eine unerwartete Wende. Und auch wenn der Film in Frankreich spielt und hauptsächlich die politische Situation dort beleuchtet – ist diese Fiktion auch für Österreich denkbar. Chez Nous kann nur weiterempfohlen werden, auf dass ihn sehr viele Menschen schauen und das politische Bewusstsein reflektiert wird.

Zu sehen ist der Film noch am Samstag um 11.00 Uhr. Und ab Herbst soll dieser in die österreichischen Kinos kommen.

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