Beserlpark Festival #23: Everybody move!

Die alljährlichen drei Tage des Beserlpark-Festivals sind nun wieder vorbei, man blickt auf Ups and Downs zurück. Wobei es mehr Ups als Downs gibt, und man erschöpft mit einem lachenden und einem weinenden Auge das Festival revue passieren lässt.

 

Donnerstag

 

Als ich mich auf den Weg mache zum Beserlpark in der Bahnhofstraße in Mank, ist das Wetter zwar beständig, aber kalt. Das macht den Besuchern und dem Ambiente nichts aus und wird sich auch am letzten Tag – vermutlich liegt das auch an den erhitzten Körpern vom Tanzen – noch ändern.

Den Anfang des „Beserlpark Marathons“ machen die Newcomerband KessKess, die mit Anzügen ihrem Bühnendebüt entgegen schreiten. Wenn man die Bandmitglieder sieht, denkt man, jetzt kommt etwas aus den 50er Jahren. Rock’n’Roll ist da vorprogrammiert, aber im Gegenteil, sie überraschen mit witzigen Mundartliedern wie „Luise“, „Pamela“, „Hanneloa“ oder „Umberto/a“, die einen Hauch von Wanda, Granada und Nino aus Wien haben, aber doch ihren eigenen Style vorweisen. KessKess eben! Besonders mit „Umberto/a“ wollen die aus den Bezirk Scheibbs stammende Band aufzeigen, dass „Liebe keine Grenzen kennt und kein Geschlecht“, so der Leadsänger Peter Vogler. Vor dem Sänger stehen auf der Bühne Blumen in einer Vase, die beim letzten Song von ihm an Frauen im Publikum, ganz Gentleman-like verteilt werden. Ich hoffe, man hört sie bald wieder irgendwo. Villeicht sogar auf FM4?! Potenzial hätten sie, dass sie die österreichische Musiklandschaft mitprägen.

Foto: Christoph Baumann

KessKess beweisen musikalisches Können

Danach folgt die Eerie Pop Band Mile Me Deaf, die schon Einiges über die Jahre angesammelt haben, darunter 11 Alben und 500 Lieder. Als sie sich für die Show einspielen, verändern die Jungs auch das Bühnenbild. Es werden drei Projektionswände aufgestellt und man wird schon neugierig, was da alles auf einen zukommen wird. Wer Mile Me Deaf kennt, weiß, jetzt wirds eerie (gruselig/schräg), aber genau das macht die Band aus, und das schätze ich so an ihr. Um 22.40 Uhr ist es dann soweit: die Band betritt mit weißen Anzügen (sollen vermutlich Astronautenanzüge darstellen, passend zum Album „Alien Age“) und unter einem englischsprechenden Intro die Stage. Sie kramen alles aus ihrem Repertoire, was sie nur bieten können hervor, und bunte Bilder werden auf Wände wie auch auf die Anzüge projiziert. Synthesiser werden verwendet und Geräusche und Töne nimmt Möstl in der Loopstation auf, also ein echt großes künstlerisches Handwerk. Und es gab zwei Features mit Katharina Trenk. Leider passt dieses Genre nicht ganz zu der Stimmung und zum Ambiente im Beserlpark: man hat nicht das Gefühl, dass jemand aus dem Publikum richtig zuhört. Das finde ich schade und mit dieser Meinung bin ich leider nicht allein. Trotzdem gibt es eine Zugabe, die das Ganze noch etwas aufwiegt.

Mile Me Deaf projizieren Bilder auf ihre Anzüge

Um 00:15 Uhr kommt die letzte Formation des heutigen Abends dran, namens Gichtfinger. Die aus vorwiegend älteren Herren bestehende Band spielen Instrumental-Versionen. Leider erinnert dieser Auftritt eher an ein Gartenfest als an ein Festival. Das Resümee des ersten Abends: eine schwankende Grundstimmung nimmt überhand. Mit KessKess wird ein überraschender Höhepunkt geschaffen, den man nicht so schnell vergisst. Es werden aber Genres an einem Tag geboten, die nicht miteinander verwandt sind, und somit manchem Zuhörer zuviel werden könnte, da es einfach zuviele extrem verschiedene Musikrichtungen sind.

Freitag

Pünktlich um 19.30 Uhr beginnt Elis Noa zu spielen. Man merkt, dass unter den Festivalgästen eine entspannte Stimmung herrscht. Die Sängerin der Band, Elisa Godino, zieht mit ihrer souligen Stimme die Menschen zu der Bühne. Sie erzählt, dass sie selber vor zwei Jahren im Publikum gewesen wäre und es heuer eine große Ehre sei, beim Beserlpark-Festival auftreten zu dürfen. Die Band gibt Songs aus ihrer ersten EP „High“ zum Besten und verwenden u. a. wie Mile Me Deaf Synthesizer. Im Allgemeinen lässt sich über die Band sagen, dass sie mit ihrem Electronic-Pop gemischt mit Energetic-Rhythmus und Polystylistic-Sounds alle in ihren Bann ziehen können und auch anerkennende Zurufe bekommen. Da darf natürlich eine Zugabe nicht fehlen.

Elis Noa verzaubert das Publikum

Gospel Dating Service bleiben ebenso im Pop-Genre hängen wie Elis Noa, und zwar in der des Indie-Pops. Das Trio überzeugt durch die perfekt abgestimmte Lichtershow ihres Gigs und motiviert die Leute zum Mitsingen, Tanzen und zum Bouncen als Vorbereitung auf Scheibsta & die Buben, und geben eine ‚fetzige‘ Zugabe. Richtige Partystimmung also!

Nun zu Scheibsta & die Buben. Beim Einspielen geben die Salzburger uns einen Beserlpark Festival-Freestyle vom Feinsten. Wo Scheibsta uns mit „Hallo Mank“ und Woohoo-Rufen begrüßt, folgt als Antwort auf die Woohoo Rufe vom Publikum.  Der eigentliche Gig beginnt aber mit den Worten von dem MC: „Wir sind Scheibsta & die Buben und mit Scheibbs haben wir nichts zu tun.“ Während des Konzerts werden überwiegend Freestyles von der Band angefertigt und so fordert u. a. Scheibsta die Menge auf, ihm drei Wörter zu geben, die lauten: Flügelschraube, Kabeltrommel, sowie Budan und das im Reggaetek-Style. Weiter geht es im Programm mit einem „Buh-Song“, „Bier-Song“ und auch etwas Sozialkritischem passend zur Nationalratswahl im Oktober. Ein Rap-Cover von dem MC Roman Ticker, der 2006 mit dem Track „Lieber Heinz“, einem Liebesbrief an HC Strache, bei einem Wettbewerb von der Zeitschrift Standard und hiphop.at aufsehen erregt hat. Sie lassen selbstverständlich ihre eigenen Hits dabei nicht zu kurz kommen. Zum Schluss bekommt das Publikum noch etwas „Wildes“- nämlich zwei Zugaben.

Scheibsta & die Buben geben einen Freestyle nach dem anderen

Nach einer viel zu langen Einspielzeit von ca. einer dreiviertel Stunde beginnt die letzte Band des zweiten Abends zu spielen: Rod Anton & The Legerians. Extra aus Frankreich angereist, bieten sie den Leuten Roots Reggae. Obwohl Reggae mein Spezialgebiet ist, muss ich dennoch sagen: es war nicht jedermanns Geschmack. Das Resümee: Sehr mitreißend. Spaßfaktor ist vorhanden, und toppt den Donnerstag.

Samstag

Der letzte Tag überragt fast alles, was bisher geschehen ist. Von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr ist der Kindernachmittag mit einem Zauberer. Danach folgt die indische Konstellation Pintoo & Haider Khan ft Iqbal, die sitzend am Bühnenboden und unter den Augen von Klein und Groß uns in eine orientalische Welt entführen. Elsa Tootsie and The Mini Band versorgen uns mit Country Noir, und unter einzigartigem Lichteinfall der Sonne auf die Bühne entsteht dadurch eine mystische, romantische Stimmung.

Elsa Tootsie & The Mini Band

Die Gewürztraminer mit Gemischtem Satz sind neben Scheibsta & die Buben eines der Highlights am Festival. Sie überzeugen mit ihrem Gypsy-Jazz auf ganzer Linie. Jeder im Publikum fängt an zu tanzen, die Kinder und der ein oder andere Tanzmuffel können kaum die Füße stillhalten und die Musik zaubert ihnen wortwörtlich ein Lächeln in das Gesicht. Und das nicht nur wegen den humorvollen Liedertexten. So singen sie ebenso über ihr bekanntes „Tanzverbot“, als auch über die „Haustetschn“ und übers „Göld Her“ geben. Instrumentensolos der einzelnen Bandmitglieder und eine Bauchtänzerin geben dem Auftritt das gewisse Etwas. Während des Konzerts kommen einem Aussagen wie „Das ist wahnsinnig cool“ zu Ohren und es lässt sich nicht leugnen: sie haben etwas geschaffen, was ihnen keiner so schnell nachmacht. Die letzte Nummer wird mit den Worten „Man muss aufhören, wenn es am Schönsten ist“ angekündigt und es folgt darauf ein Cover von „Geld ist nicht wichtig“. Die alle im Publikum mitsingen. Was kann man anderes erwarten, als dass es nach so einem Gig eine Zugabe gibt? Und was für eine! Die Überraschung war groß, als in ein schwarzes Laken mit in Neonlicht getauchten Wörtern die Wörter: „BOOM BABY“ zu lesen sind – und dann kommen noch schwarze Gestalten mit Neonlichtstreifen dazu. Begeisterung schlechthin im Publikum! Damit hat keiner gerechnet, ein „Boom Baby-Rap“, der alle aus den Socken haut, besonders weil es keiner von den Gewürztraminern erwartet hat. Also wirklich eine gelungene Show!

Die Gewürztraminer mit Gemischtem Satz halten für uns eine Überaschung bereit

Nun zu afrikanischen Klängen. Die Rede ist von Fante Fante, einer Konstellation aus Ghana. Sie verzaubern uns mit Songs, die in ihrer Sprache verfasst wurden, wie zum Beispiel das Lied „Tabuba“ – übersetzt: A Time is Coming. Yaa Yaa, die Sängern, vermischt diese sehr gut mit ihren eigenen Kompositionen. Sie teilt sich ihren Platz mit dem Percussionisten Bakabri, der mit viel Gefühl seine Instrumente bedient. Vielleicht ist das große Einfühlungsvermögen zum Teil auch deshalb zurückzuführen, weil er etwas mehr hört als andere, aber weniger sieht. Desweiteren bietet die Band uns  Covers von u. a. „Turn The Lights Down Low“, die einen in Urlaubsstimmung bringen können, und die mit Yaa Yaas Stimme einzigartig klingen.

Fante Fante aus Ghana

Das Beserlpark Festival 2017 geht nun mit der letzten Band namens Tantz zu Ende. Die Jungs aus UK wissen, was sie tun, und feiern den letzten Festivaltag mit uns ausgiebig. Jeder schwingt das Tanzbein und es wird dabei gelacht. Tantz begeistern uns mit Instrumentalbegleituung, dabei macht es nichts aus, dass dazu nicht gesungen wird. Zwischendurch fordern sie uns auf, einen Kreis zu bilden, um miteinander zu tanzen. Unvergesslich. Das Resümee des letzten Tages lautet: Party machen bis zum Umfallen. Gute Laune ist vorprogrammiert. So soll jedes Festival ausklingen! Ein paar zusätzliche Worte: Großes Lob geht an den Beserlpark-Verein, der dieses Festival einmal mehr einzigartig gemacht hat, und sich jedes Jahr soviel Mühe gibt, denCharme beizubehalten.

Nächstes Jahr findet das Festival zum 24 mal von 26. bis 28. Juli 2018 statt, unbedingt rot markieren!

alias Julie Sonnenblumenhippie alias Giulietta Girasole // Lieblingsgenre: Reggae/Dancehall, Hip Hop, Alternativ