„Wir haben Fans wie Rapid“: Ein Gespräch mit Duscher & Gratzer
„Top FM4“ und – je nach Jahreszeit – „Unter Palmen“, „Unter Palmkätzen“ oder „Unter Tannen“ heißen die erfolgreichen Formate mit den beiden FM4 Moderatoren Hannes Duscher und Roli Gratzer. In ihrer Freizeit schütteln sie vermeintliche Austropop-Hits wie die wienerische Dolly Parton-Coverversion „Nadine“ aus dem Ärmel und studieren das Verhalten ihres Publikums. Wir haben mit den beiden nach ihrem Auftritt am Acoustic Lakeside 2017 über Fußball, die Tour de France, Publikumsumfragen und ihr kommendes (zum jetzigen Zeitpunkt noch immer nicht erschienenes!) Album geplaudert.
subtext.at: Ihr kommt gerade frisch von der Bühne. Wie hat euch der Auftritt am Lakeside gefallen?
Gratzer: Ziemlich gutes Publikum. Extrem gutes Publikum. Ich glaube die waren ein bisschen „desperate“ nach Rock N’ Roll. Nach den ganzen Singer/Songwritern brauchten die mal eine verzerrte Faustwatschn.
Duscher: Man muss fast sagen „gefordert“. Weil vom ersten Momentan an haben sie Tempo, Lautstärke und Härte gefordert. Drei Sachen, mit denen wir umgehen können…
Gratzer: …mit sonst nix, aber damit können wir umgehen.
subtext.at: Ihr seid ja nicht zum ersten Mal hier am Sonnegger See. Was macht das Acoustic Lakeside so besonders, dass es mittlerweile diesen Ausnahmestatus unter österreichischen Festivals hat?
Gratzer: Naja, zum einen hast du natürlich den See, das ist schon praktisch. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob der nach dem Festival in einem so guten Zustand ist.
Duscher: Ich glaube, dass da eh von der zuständigen Behörde Sonnegg, sofern es die gibt, ein Fax rausgegangen ist, das aber keiner gelesen hat. Da kannst du nur noch deine Zehen reinhalten und hoffen, dass es gut ausgeht. Ich finde es ist ein super Areal. Es sind extrem freundliche Leute, die dieses Festival veranstalten, und so ist auch das Publikum. Das heißt: es passt alles zusammen. Das kommt alles aus einem Guss daher muss man sagen. Wir haben ja auch schon zwei mal das Fußballturnier moderiert und ich hab hier einfach immer ein gutes Gefühl – und das überträgt sich auf die anderen Leute scheinbar auch.
subtext.at: Habt ihr das Fußballturnier auch heuer miterlebt?
Duscher: Nein. Sie hätten uns zwar gefragt, ob wir es wieder moderieren möchten, aber…
Gratzer: …aber zwei Gigs an einem Tag. Da reicht uns einer.
Duscher: Und der ist schon fast zu anstrengend.
subtext.at: Was lässt sich über die fußballerischen Qualitäten des Lakeside-Publikums in den letzten Jahren sagen?
Gratzer: Die sind ziemlich gut. Also wenn wir moderiert haben, haben wir das immer so gemacht, dass wir auch als Schiedsrichter eingegriffen haben. Wenn uns ein Team oder eine Band sympathisch war, dann haben wir die natürlich auch klar bevorzugt.
Duscher: Man muss dazu sagen, dass wir es waren, die diesen Freistoßspray eingeführt haben und nicht der Collina oder der Doktor Merk oder wie der heißt. Wir haben den Schaum eingeführt!
Das kann man so in die Welt hinaus tragen. Wir haben auch teilweise die Spieler mit dem Schaum eingesprüht. Leider hat das oft den „Fö“ von den Beth Edges erwischt. Weil er zu gut war. muss man sagen. Wir haben ihn rundherum eingesprüht und er durfte nicht mehr raus aus dem Kreis. Das war ein Harry Potter Move. Wir haben ihn „gefreezt“ und er musste eine drei Minuten Zeitstrafe über sich ergehen lassen. Das ist doch viel besser wie dieser blöde Videobeweis. So lange bis Juventus das Ergebnis hat, das sie brauchen, so lange sprühen wir den einfach wieder und wieder ein.
Gratzer: Ich versteh nicht, warum die UEFA das nicht auch so einführt. Die haben wahrscheinlich die Hosen voll.
Duscher: Jedenfalls haben wir das hier am Lakeside eingeführt.
subtext.at: Werdet ihr auf dem Festival eigentlich öfter auf eure Musik oder auf eure Moderatorentätigkeit bei FM4 angesprochen?
Gratzer: Meisten vor dem Konzert auf FM4 und nach dem Konzert auf die Musik. Ich glaub so pendelt sich das etwa ein…oder aus. Ich bin mir gerade nicht sicher, was besser passt.
Duscher: Aber jetzt wollen die meisten eigentlich gerade wissen, wie wir die Tour de France sehen. Apropos: Wisst ihr wie das Einzelzeitfahren ausgegangen ist? Obwohl, nein, machen wir das lieber nach dem Interview, sonst muss ich mich jetzt künstlich aufregen. Man muss dazu sagen, unser Gig war ja genau angesetzt zwischen dem Einzelzeitfahren bei der Tour de France und dem Spiel bei der Frauenfußball Europameisterschaft mit Österreich gegen Frankreich. Wir haben nämlich gesagt, wenn wir hier spielen sollen, dann muss das zwischen diesen beiden Events passieren. Das Lakeside hat uns diesen Wunsch natürlich erfüllt und deswegen sind die auch alle so beliebt bei uns. Hier kümmert man sich noch um die Extrawünsche der Bands.
subtext.at: Das heißt es gibt Backstage irgendwo einen Fernseher, wo Duscher & Gratzer draufsteht?
Gratzer: Nein, so weit ist es noch nicht gekommen. Das ist wohl gemeinsam mit dem Fax der Wasserbehörde untergegangen. Weil wir haben unseren Ferseher-Backstage-Rider auch per Fax geschickt. Leider. Aber die Mighty Oaks haben sicher einen Fernseher in ihrem Zelt wo wir schauen können.
subtext.at: Ihr befragt ja während des Konzerts auch ziemlich gerne euer Publikum über verschiedenste Dinge. Wie hat sich das denn eingebürgert?
Gratzer: Nun ja, wir sind große Freunde der Soziologie und es interessiert und ja wirklich. Wir wollen unsere Zielgruppe gern kennenlernen, weil beim Radio sieht man die Zielgruppe ja nicht persönlich. Beim Konzert siehst du die Leute zwar, aber das allein sagt ja auch noch nicht viel aus. Deswegen müssen wir da immer nachfragen. „Wer ist privat versichert?“, ist zum Beispiel eine wichtige Frage.
Duscher: Wir sind große Freunde von diesen Panelumfragen. Wir trauen den Sinus-Milieustudien einfach nicht. Einfach aus einem Urgrund heraus. Das ist einfach ein Schaß! Deswegen machen wir das einfach selber.
subtext.at: Könnt ihr das mittlerweile genau analysieren, wie sich das Publikum zusammensetzt? Wer mit wem das ist, wo die Pärchen sind und so weiter?
Gratzer: Also ob ich ein Ergebnis aus dem Ganzen haben? Nein, das sicher nicht. Ich finde es nur in dem Moment wichtig. Es ist eine Momentstudie und dann können wir uns entscheiden was für ein Lied wir als nächstes spielen sollen. Je nachdem wie viele Leute mit dem Partner da sind, oder jemanden kennenlernen wollen. Das können wir dann schon dementsprechend etwas hintrimmen. Und unsere Fans sind generell…ähm…klasse Leute. Ein bisschen beratungsresistent vielleicht, aber klasse Leute an sich.
Duscher: Wir haben Fans wie Rapid. Die akzeptieren uns und sonst nichts. Zu allen anderen sind die irgendwie „g’schissn“.
Gratzer: Eigentlich müssten wir ja zu ihnen sagen: „Hey, bitte führt euch nicht so auf!“, aber auf der anderen Seite denke ich mir dann irgendwo wieder, dass sie ja eh recht haben. Das ist eine schwierige Gratwanderung. Wir brauchen wahrscheinlich mal einen Fanbetreuer.
subtext.at: Wir haben ja immer noch einen anhaltenden Hype um österreichische Künstler in unseren deutschsprachigen Nachbarländern. Euch als heimliche Kapazunder des neuen Austropop muss ich fragen: Wann kommt die ausverkaufte Duscher & Gratzer-Arenatour durch Deutschland?
Gratzer: Wir sind leider sprachlich doch ein bisschen an den Weißwurstäquator gebunden, muss man sagen. Weil Wanda tut ja zum Beispiel nur so, als würden sie im Dialekt singen. Eigentlich ist das ja Hochdeutsch, wenn man sich das genau anhört. Und ich sag: ab dem Frankenland wird es schon schwierig mit uns sprachlich. In München will ich zum Beispiel aber gar nicht spielen. In Bayreuth vielleicht. Oder vielleicht finden sie uns dann in Berlin ja schon wieder super, wenn sie nichts verstehen. Aber man hat es als Österreicher gerade relativ leicht in Deutschland, das stimmt schon. Man tut ein bisschen auf Wienerisch und sie fressen einem schon aus der Hand.
subtext.at: Also gibt es schon Tourpläne in diese Richtung?
Duscher: Wir wären schon glücklich, wenn wir unser Album mal fertigstellen würden. Da haben wir irgendwie dauernd das Gefühl – jetzt wird’s fertig – aber eigentlich wird es dauernd nie fertig. Also es ist nicht fertig. Es ist im Prinzip alles aufgenommen, aber es dauert trotzdem noch.
subtext.at: Sind Duscher & Gratzer Perfektionisten im Studio?
Gratzer: Er schon. Ich nicht.
Duscher: Findest du, dass ich einer bin?
Gratzer: Ja sicher! Hallo? Ich spiel eine Bassline ein, frag alle: „Passt das?“, sagen alle: „Passt schon.“ und dann geh ich wieder heim. Du spielst dann 50 mal die selbe Gitarre ein. Ich find das eh super, dass du da so ein Perfektionist bist.
Duscher: Echt? Ich hätte mich selber gar nie so gesehen.
Gratzer: Aber ja doch.
subtext.at: Ihr ergänzt euch da scheinbar recht gut zwischen Minimalismus und Perfektionismus, oder?
Gratzer: Stimmt! So kann man das gut zusammenfassen mit uns im Studio.
Duscher: Unterm Strich muss man sagen: da geht es um’s Bauchgefühl. Der Roli hat schon recht. Ich spiele schon vielen Gitarrenspuren ein..
Gratzer: …aber du schmeißt dann eh wieder alle weg!
Duscher: Ja, aber da geht es einfach um das Bauchgefühl. Es ist jetzt nicht so verkopft, dass etwas so oder so zu sein hat. Es geht einfach darum, dass ich mir dann irgendwann denke: „So, jetzt passt’s! Doch noch irgendwie hingeschlatzt…“ Aber ich mach es eben fünfmal und er nur einmal.
subtext.at: Das heißt es gibt noch keinen Geburtstermin für das Album?
Duscher: Es hätte bis vor drei Tage schonmal einen gegeben. Es kommt bei Las Vegas Records raus. Der ist ja eh auch hier, der Andi…
Gratzer: Ich sag mal Jänner. Es ist irgendwie ein Jänner-Album.
Duscher: Würde ich auch fast sagen. Es hätte eigentlich im Oktober rauskommen sollen. Aber das haben wir gestern in dem Gasthaus neben unserem Proberaum gekippt. Der Andi weiß das aber noch gar nicht. Der glaubt fix es kommt im Oktober raus. Wann kommt denn das Interview raus? Nicht, dass er das bei euch über die Medien erfährt. Besser ich sag ihm das vorher.
subtext.at: Dann sag es ihm besser gleich persönlich. Oder wir warten mit der Veröffentlichung des Interviews einfach, bis das Album dann tatsächlich kommt.
Duscher: Das ist eine super Idee!
subtext.at: Eine abschließende Frage noch. Als waschechter Rockstar, was ist da das erste das man machen muss wenn man von der Bühne runterkommt?
Gratzer: Boah, wahrscheinlich eine rauchen. Die Zigarette danach. Wobei ich hab mir schon bei einem Song auf der Bühne eine angezündet. Weil da ist das Meiste auf D und das dazwischen kann ich auch mit einer Hand spielen.
Duscher: Ich finde, man muss in Ruhe trinken. Weil es gibt kein „in Ruhe trinken“ auf der Bühne. Das ist es nie, auch wenn man es sich noch so vornimmt.
Gratzer: Und ganz wichtig, auch wenn das jetzt vielleicht spießig klingt: nach dem Konzert immer gleich zusammenpacken, weil sonst machst du das nie. Es sind schon so viele Sachen verloren gegangen. Gitarren, Schlagzeug…ein Wahnsinn eigentlich! Waffen auch schon…wobei, das war beim Theater. Bei unserem letzten Theater haben wir die Pistole in der Disco verloren. Ich weiß eigentlich bis heute nicht, ob das eine echte war.
Duscher: Sie ist auf jeden Fall weg. Also gleich zusammenräumen ist eine vernünftige Sache. Das ist ein guter Tipp den man von Zuhause mitbekommt: „Räum gleich auf, dann kannst du nachher rausgehen und spielen.“
Gratzer: …oder gleich die Hausübung erledigen. Habe ich früher auch nie gemacht, aber jetzt im Alter kommt man drauf, dass das alles gar nicht so verkehrt wäre.
subtext.at: Wir halten fest also fest – Rauchen, Aufräumen und in Ruhe trinken. Lieber Hannes und lieber Roli – Ein herzliches Danke für dieses Interview.