Ólafur Arnalds: zwei Stunden Unendlichkeit
Montag, 15.10. Ein Tag, der für Linzer Konzertfans ab sofort eigentlich zum Feiertag ausgerufen werden sollte! Warum? Das Isländische Neoklassik-Aushängeschild Ólafur Arnalds begeisterte den leider nicht ganz, aber immerhin fast ausverkauften großen Saal im Linzer Posthof mit einem knapp zweistündigen Konzert, das man einfach nur mit „Orgasmus für die Ohren“ bezeichnen kann.
Sitzplatzkonzerte im Linzer Posthof haben ja immer etwas Komisches an sich. Man traut sich nicht, rauszugehen, man darf sein Getränk nicht in den Konzertsaal mitnehmen. Montagabend war so ein Konzert. Der Isländische Multiinstrumentalist Ólafur gastierte mit seinem neuen Album „re:member“. Wobei man Multiinstrumentalist bei diesem Neoklassik-Vertreter wörtlich nehmen darf: insgesamt zumindest drei Pianios bedient Arnalds mit seiner Software, die er auch selbst geschrieben hat. Und eins vorweg: man wollte auch nicht raus. Weder auf die Toilette, noch zur Bar, noch sonst irgendwohin.
Den was im Konzertsaal folgte, ist schwer in Worte zu fassen, wenn man es nicht selbst gehört hätte. Unter dem Motto „All Strings Attatched“ stand die Tour, und das durfte man wörtlich nehmen: ein Streichquartett umgibt den sympathischen Isländer, der auf der Bühne zwischendurch schüchtern wirkt, nur um den Zuhörer Sekunden später wieder in sein facettenreiches Universum zu entführen. Am Schlagwerk: ein hierzulande – zurecht – immer bekannter werdendes Gesicht, Manu Delago. Der Fokus liegt – klarerweise – auf dem neuen Werk, das live mit einer Lichtshow untermalt wird, wie sie der Linzer Posthof nicht oft in Produktionen zu sehen bekommt. Es wirkt abgestimmt, genauso wie die Musiker auf der Stage abgestimmt sind. Subjektive Highlights in einer Performance, wo wohl jeder seinen persönlichen Favoriten finden konnte: das schöne „brot“, der titelgebende Track „re:member“, sowie das Ende des regulären Sets, „Near Light“, wo Arnalds spürbar nochmals zur Höchstform auflief. Da verzeiht man auch mal einen kleinen technischen Fehler davor: live kommt das halt auch mal vor. Tosender Applaus am Ende, bis das Tour-Encore „Lag fyrir ömmu“ – ein Song, der wie ein Dialog mit Olafur Arnalds‘ verstorbener Großmutter klingt, noch einen letzten Höhepunkt bietet. Standing Ovations. Gänsehaut.
Es scheint, als ob es egal wäre, wie man sich in Ólafur Arnalds Musik verlieren kann. Er selber schrieb Songs in Indonesien, beherrscht das wie auch in unserem Falle (so viel geben wir gerne zu ;)) nicht immer klassikaffine Publikum ab dem ersten Ton, und regt während seines Sets nicht nur einmal dazu an, seinen Gedanken zur Musik freien Lauf zu lassen. Ein Konzert, wo man kein Prädikat findet: episch, toll, wunderschön, leiwand, geil, wow, betörend – so in etwa. Eines aber war Ólafur Arnalds Konzert in Linz in jedem Fall: wohl das Highlight des Konzertherbstes.
Foto: Andreas Wörister