Ahoi!Pop 2018: Wir feiern weiter…

Nach dem schwungvollen Auftakt am ersten Tag des Ahoi!Pop Festivals ging es gestern spritzig in die zweite Runde des Formats. Mit an Bord waren Cari Cari, Me + Marie, Die Nerven und Zeal & Ardor.

Nach der fast schon traditionsgemäßen Stärkung im Posthofbeisl vor dem Konzert ging es pünktlich mit Cari Cari los. Es ist schnell aufgefallen, dass jemand Drittes auf der Bühne steht. Eigentlich bestand die Formation immer aus Schlagzeugerin und Gitarristen, jedoch wurde anscheinend jemand für das neue Album hinzugezogen. So kommt bei manchen Songs nun ein Synthesizer zum Einsatz. Insgesamt hatte die Band nur 30 Minuten Zeit für ihr Set, was viele bedauerten, dafür wurde die Zeit genutzt, um die Crème de la Crème ihrer Werke zu präsentieren. Erstaunlich, was in dieses verkürzte Set reingepackt wurde. Es wurde nicht annähernd langweilig und nach dem Konzert hatte man das Gefühl, etwas erlebt zu haben. Ihr Sound ist beinflusst aus verschiedenen Regionen der Welt, daher Finden auch im Kontext der „Gitarrenmusik“ unübliche Percussioninstrumente (Maultrommel, Didgeridoo…) ihren Weg in ihre Musik. Bei der Präsentation eines Didgeridoosolos kam ein Flamme aus dem Instrument. Leider wirkte diese einmalige Pyroeinlage sehr isoliert und überraschend im Songkonzept, mehr Feuer zu regelmäßigen Abständen wurde hier vielleicht Abhilfe verschaffen. Vor dem Song „Dear Mr. Tarantino“ wurde der Wunsch geäußert, einmal auf dem Soundtrack eines Tarantino Films zu landen. Zugegebenermaßen passen ihre Kompostitionen sehr gut zu Tarantinos Musikgeschmack und es wäre der Band vergönnt, gefeatured zu werden.

Weiter ging es mit Me + Marie. Im Vordergrund stehen hier ebenfalls Gitarrist und Schlagzeugerin. Beide Singen gemeinsam oder abwechselnd. Die Herausforderung Schlagzeugspielen und Singen ist eine große, bei Me + Marie sind die Rythmen eventuell dadurch auffallend reduziert. Die gesangliche Leistung war in Ordnung, aber nicht umwerfend. Im Hintergrund werden ab und zu simple Melodien auf einem Keyboardinstrument dazugespielt, die eher deplaziert als unterstützend wirkten. Die Band spielt auf jeden Fall professionell und ist mit vollem Einsatz auf der Bühne. Ihre Musik vermochte für mein Empfinden aber nicht aus dem Meer an anderen Indiebands herauszustechen und das Konzert zog sich so leider etwas in die Länge.

Die Nerven aus Stuttgart brachten danach ordentlich Wums in den Konzertsaal. Mit sarkastischem Humor und der dick aufgetragenen „Scheiß-drauf“-Attitüde präsentierten sie eine Nummer nach der anderen. Zwar war der Gesang leider etwas leise im Vergleich zu den Instrumenten hörbar, doch die Energie der Band neutralisierte dies. Oftmals kamen ruhigere Stellen in den rockigen Songs vor. Der Wechsel aus fetzigen Riffs und melancholischeren Klängen gelang hier außerordentlich gut. Das Trio vermochte aber nicht bei allen im Publikum zu punkten. Viele wurden offenbar von diesem doch recht argen Stilbruch nach Me + Marie abgeschreckt und bevorzugten die Flucht an die Bar. Sie mögen nicht jedermanns Sache sein, doch die Nerven sind eine fantastische Liveband, die in einem etwas anderen Umfeld definitiv noch besser funktionieren könnte.

Wo wir gerade bei argen Stilbrüchen sind – von der Band die Nerven zum Headliner des Abends war es nochmal ein krasser Sprung. Die Schweizer „Heavy Gospel“ Begründer Zeal & Ardor standen zum Abschluss des zweiten Tages auf der Bühne. 2013 von Manuel Gagneux als Soloprojekt, inspiriert von einem Beitrag auf der Plattform 4chan aus Spaß ins Leben gerufen, hat sich das Ganze mittlerweile aus ernsthafte Sache herausgestellt. 2016 der große Durchbruch mit „Devil Is Fine“ und im Vorjahr dann die erste Europatour, wodurch das Soloprojekt zur Band ausgeweitet wurde – und was für eine! Angeführt von Gagneux‘ markanten Gesangsorgan und zwei nicht minder begabten Backgroundsängenr, die auch in jedem Gospelchor eine gute Figur machen würden, spielt sich die Band in einen Rausch der instrumental fast an Black Metal grenzt. Gespickt mit einigen elektronischen Elementen, entwickelt sich daraus ein mehr als taugliches Livekonzept. Und: So viele wehende Langhaarfrisuren in den ersten Reihen hat das Ahoi!Pop sicher noch nicht gesehen. Dem Publikum hat es sichtlich getaugt. Auch wenn die abschließende Rufe nach einer Zugabe leider unbeantwortet blieben.

Wir sind gespannt auf Tag 3 mit Steaming Satellites, Drangsal, Cosmo Sheldrake und Tonfabrik!

Fotos: Christoph Thorwartl
Text: Patrick Datscher (Zeal & Ardor), Valentin Fellner (Cari Cari, Me+Marie, Die Nerven)

Gitarrist/Konzertliebhaber/Naturmensch/Visionär/kreativer Haudegen/Vagabund