The Art Of The Brick-Künstler NATHAN SAWAYA: „Zweifel sind Teil des Jobs“

Was bedeutet der Lego-Stein für die Kunst? Bis zum Jahr 2007 jedenfalls nicht viel. Dann änderte sich schlagartig alles für den weltbekannten Spielzeughersteller aus Dänemark. Und für Nathan Sawaya, der nach seinem erfolgreichen Studium der Rechtswissenschaften Lego zum Mittelpunkt in seinem Leben machte und zum sogenannten „Brickartist“ wurde.

Seit mehr als einem Jahrzehnt stellt Sawaya inzwischen seine vor Details nur so strotzenden Werke aus. Sein jüngstes Projekten widmet sich den Comicfiguren des DC-Universums. Superman, Wonder Woman, Batman, die Bathöhle, ja sogar das Batmobil gibt es in Lego-Ausführung und in großem Maßstab zu bewundern. In der Wiener Stadthalle sind die Skulpturen bis zum 06. Jänner 2019 ausgestellt. subtext.at war bei der Eröffnung dabei und konnte Nathan Sawaya auf den Zahn fühlen, wie man mit 8 Millionen Legostein als Künstler hantiert und dabei noch den Überblick behält.

© Jane Hobson

subtext.at: Nathan, als wir durch die Ausstellung gegangen sind, hast du von Emotionen gesprochen. Welche Emotionen sind denn am schwierigsten mit Legosteinen umzusetzen?
Nathan Sawaya: Nun, bei dieser Ausstellung ging es mehr darum, die einzelnen Charaktere zu erforschen, sie zu interpretieren. In meinen anderen Ausstellungen habe ich mich explizit mit bestimmten Gefühlen auseinandergesetzt. Traurigkeit oder Schmerz zum Beispiel. Oder es ging mir darum, den Übergang zwischen einer Emotion zur einer anderen künstlerisch darzustellen. Nun, bei dieser hier, da gibt es auch Figuren, die ein bestimmtes Gefühl in einem auslösen. Superman etwa, der sein Cape wegschiebt, der dafür steht, sich über Grenzen hinwegzusetzen, sie zu überwinden. Ich weiß jetzt nicht, ob es sich dabei um eine konkrete Emotion handelt, aber der Grundgedanke ist derselbe.

subtext.at: Ich habe mich auch gefragt, wie es wohl bei dir im Studio ist, wenn du diese Skulpturen anfertigst? Laut oder mucksmäuschenstill? Läuft Musik oder ist es ganz ruhig?
Nathan Sawaya: (lacht) Ja, natürlich läuft Musik! Eigentlich immer. Dadurch geht mein Schwung nicht verloren, weißt du? Manchmal höre ich Klassik, dann Popmusik oder auch Soundtracks. Es kommt immer darauf an, wie ich mich gerade fühle. Als ich das Batmobil gestaltet habe, liefen Batman-Titelsongs.

subtext.at: Um in die richtige Stimmung zu kommen?
Nathan Sawaya: Ganz genau.

© Chadi Abou Sariya

subtext.at: Wie oft sitzt man dann da und denkt sich, dass man diese Figur, dieses Projekt nie zustande bringen oder fertig bekommen wird?
Nathan Sawaya: Das passiert eigentlich bei jeder Figur (lacht).

subtext.at: Doch also.
Nathan Sawaya: Natürlich! Ich habe eine Vorstellung, eine Vision, was ich machen möchte und bin davon überzeugt, dass es sich dabei um eine großartige Idee handelt. Dann fange ich an und selbstverständlich stelle ich mir die Frage, was ich da überhaupt tue. Zweifel sind Teil des Jobs. Vergeude ich meine Zeit? Mein Leben? Vor allem bei den großen Projekten kommen diese Gedanken, weil sie sich über Monate hinwegziehen. Da ist man kurz davor, alles hinzuschmeißen, weil es vielleicht doch nicht realisierbar ist. Je mehr du aber weiter machst, Legostein nach Legostein, kommst du wieder zum Anfang zurück, als du noch aufgeregt warst. Es ist ein Prozess. Du bist glücklich, dann machst du dir furchtbare Sorgen, um anschließend wieder glücklich zu sein.

subtext.at: Du hast vorhin auch erwähnt, dass es zehn Jahre her ist, seit dem du deine erste Ausstellung gehabt hast.
Nathan Sawaya: Über zehn Jahre, ja.

© Chadi Abou Sariya

subtext.at: Was hat sich seitdem am meisten verändert?
Nathan Sawaya: Mein Stil hat sich ein wenig verändert. Als ich angefangen habe, waren meine Werke Darstellungen von Objekten, die ich mit Lego angefertigt habe. Kann ich einen Apfel mit Hilfe von Legosteinen designen? Dann habe ich mich an die menschliche Darstellung herangetraut, die Emotionen erwecken soll. Seitdem bin ich darin immer besser geworden.

© Barracuda

subtext.at: Welche Höhen und Tiefen hast du im Kunstbusiness bislang schon erleben dürfen?
Nathan Sawaya: Nun, als ich angefangen habe, haben mir viele Galerien die Tür vor der Nase zugemacht. Ich habe den Leuten erzählt, ich würde Kunst mit Legosteinen fabrizieren. Sie haben dann gedacht, ich würde das machen, was man in einem Spielzeuggeschäft sieht. Ein Schloss zum Beispiel. Oder ein Feuerwehrhaus. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich mich davon lösen konnte, bis ich von der Kunstwelt akzeptiert wurde. Das war mit Sicherheit eine toughe Herausforderung am Anfang.

subtext.at: Gibt es nach zehn Jahren noch unerfüllte Projekte, die du mit Lego zum Leben erwecken möchtest?
Nathan Sawaya: Ich arbeite eigentlich immer, denn ich besitze über 8 Millionen Legosteine in meinem Studio. Es gibt immer Projekte, die ich in Angriff nehmen möchte.

subtext.at: Du hast jetzt die Superhelden und Schurken von DC mit Lego zum Leben erweckt. Gibt es Pläne, auch das Marvel-Universum zu gestalten? Du weißt ja, als Comicfan ist man stets zwischen diesen beiden Stühlen gefangen…
Nathan Sawaya: Ja, na klar, ich verstehe das. Was das Marvel-Universum anbelangt, da musst du wohl einfach abwarten und dich gedulden.

© Jane Hobson

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