Foto: Christoph Thorwartl

Da Staummtisch: noch immer Zucker!

„Zucker“ – so heißt der neue, dritte Longplayer einer der mittlerweile längstdienendsten Hip-Hop-Crews der Stahlstadt Linz: Da Staummtisch. Rolee Solo, Antrue, DJ Concept und Freistil beweisen auch auf der neuen Platte, dass sie immer noch was zu sagen haben. Ein frühes Highlight des Musikjahres 2020! 

Kaum zu glauben, aber wahr: es ist auch schon fast 14 Jahre her, seit mit „Diaf & Seicht“ die erste EP der damals noch jungen Crew Da Staummtisch erschienen ist. Nach dem ersten Longplayer „Rienewaplü“ und der noch immer hörensweren EP „Respekt“ war es lange Zeit ruhig um das Quartett geworden. Erst 2016 tauchten sie aus der Quasi-Versenkung wieder auf – obwohl sie ja eigentlich nie wirklich weg gewesen sind. Mit dem Album „Eldorado“ und vor allem der Single „Pistoin“ waren sie schnell wieder back im „Game“, das sie in ihren Mundart-Raps heute wie damals aufs Korn nehmen. 2020 beginnt mit dem dritten Album, „Zucker“. Schon die erste Single-Auskopplung „DFN“ (Danke für nix!) stellte klar, dass die Herren vom Staummtisch mit dem Alter nicht leiser werden, gerade was politische Themen betrifft.“Danke Für Nix!“ – das Video dazu passenderweise auf einer Müllhalde gedreht, um der Message noch mehr Nachdruck zu verleihen. Gerade in Zeiten von 12-Stunden-Tag und anderen Grausligkeiten setzt Da Staummtisch hier wohl noch bewusster als sonst ein musikalisches Zeichen.

„Da Tisch is Zucker!“ – an Selbstbewusstsein mangelt es dem Staummtisch seit jeher nicht. Und doch schaffen sie etwas noch immer, was sie schon früher ausgezeichnet hat: verschachtelte Mundartreime, dabei immer mit Ironie nicht sparend. „Mei Gang“ ist eine Ode an das eigene Schaffen und den eigenen Werdegang, nicht ohne Seitenhiebe auf aktuelle musikalische Entwicklungen.  Die erwähnten Seitenhiebe und die Ironie sind generell so etwas wie der rote Faden, der sich durch die Platte zieht: etwa bei „Sta am Schädl“, wo über Urlaube in Fernost samt Vergnügungen und SUVs gerappt wird, in „Bella Vita“, einem Feature gemeinsam mit Skero, was eine Hommage an ein, nunja, (nicht immer) chilliges Leben samt integrierter Konsumkritik darstellt, oder im wohl stärksten Track der Platte, „Villa Vesuv“. „Ein elitärer Club mit dem Charme einer alten Tempelgruft“ – ein Etablissement, eine Kaschemme, oder, auf Österreichisch, „a Windn“. Selten wurde ein Puff derart lyrisch korrekt umschrieben – nicht nur einmal ertappt man sich grinsend beim Hören dieses Tracks. Auch das „Guerilla Bbq“ führt man sich gerne in mehreren Gängen zu Gemüte. Auf „Ohje“ wird das oben bereits angesprochene „Game“ samt Straßenkämpfen, Battles und die eigene Überlegenheit aufs Korn genommen – angesichts von aktuellen Entwicklungen ein wohltuender Track.

„Wos Kost die Wöd“ rappt der Staummtisch zum Abschluss des Albums „Zucker“. Nunja, die 20 Euro für die Platte sollte dem Linzer Hip-Hop-Fan „Zucker“ allemal wert sein. Für all jene, die in den letzten 15 Jahren mit Linzer Hip-Hop etwas anfangen konnten, sowieso ein Pflichtkauf. Für all jene, die ihn noch entdecken wollten, auch. Am Besten wohl verbunden mit einer Live-Show – die Releaseparty am kommenden Samstag in der Stadtwerkstatt würde sich doch dazu anbieten, oder? Da kann man dann gleich noch ein Bier auf Huckey trinken. Fazit: ein gelungenes Release der „Crew, die in der Früh immer noch im Gastgarten sitzt“!

Da Staummtisch – Zucker
VÖ: 10.1.2020, Tonträger Records
Tracklist: 
1. Zucker
2. DFN
3. Mei Gang
4. Sta am Schädl
5. Beatnuts
6. Bella Vita
7. Ohje 
8. Villa Vesuv
9. Guerilla Bbq
10. Zweites Wohnzimmer
11.Wos Kost Di Wöd

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Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.