Foto: Christoph Leeb

Stream Festival 2021: Dahinschweben mit Martin Kohlstedt

Anderes Setting, kein Live-Publikum, dafür zu Hause mit kaltem Bier, Chips und einer immer sauberen Toilette – das Stream Festival Linz präsentiert sich im Jahre 2021 in komplett neuem coronakonformen Gewand. Am ersten Tag startete das Festival mit zwei hochkarätigen Acts, die den Donnerstagabend im Fernsehen versüßen konnten: Vienna Rest In Peace sowie der Weimarer Pianist und Neoklassik-Artist Martin Kohlstedt. 

Eröffnet wurde das Festival heuer mit zwei Talks im Ars Electronica Center. Kurator Markus Reindl hat gemeinsam mit wichtigen Akteur*innen der Musikbranche über das tägliche Business in Zusammenhang mit Covid geplaudert. Mit dabei waren unter anderem Jessica Oelz (Ink Music, Netzwerk Österreichischer Festivalfreunde), Gernot Kremser (Posthof), Mieze Medusa (Musikerin und Autorin), Phentix (Produzent und DJ). Weiter machte Michael Mayr mit einer Performance Lecture zum Thema „KI als Instrument in Komposition und Musikproduktion“.

Zugegeben: so leer haben wir den Linzer Posthof überhaupt noch nie gesehen. Kein Publikum, Technik- und Filmcrew, die VeranstalterInnen, die Artists und wir. Das wars dann auch schon. Macht ja nix – in Zeiten wie diesen nimmt man alles an Live-Musik, was man kriegen kann. Den Anfang am Stream Festival 2021 machten die – pun intended – Wiener von Vienna Rest In Peace. Das Weinerlied – ein Cover Nick Caves -, andere Tracks wie „Das Leichtmatrosenlied“ und „Staat der Affen“ lassen tiefgründig blicken und sind in ihrer Düsternis fast so ansteckend wie ein bescheidenes Virus, das uns derzeit Live-Erlebnisse mehr als nur erschwert. „Vienna Rest In Peace“ – eine Band, die wir Fans von Nick Cave, Element of Crime und allem anderen in diesen Dunstkreis nur empfehlen können.

 

Last but not least gab es dann as krönenden Abschluss des fertigen Festivaltages den Neo-Klassik Pianisten aus Weimar Martin Kohlstedt live zu sehen. Ja, was sollen wir sagen: einige Male haben wir den Musiker schon erleben dürfen – und jedes Mal waren wir begeistert. Wie auch am Donnerstagabend. Eine zeitlose, einfühlsame, einprägsame Musik, die man am besten mit geschlossenen Augen genießt. Alle Sinne bis auf den Gehörsinn ausschalten und einfach genießen. Mit Martin Kohlstedt in diese Welt eintauchen. Fast schon an seinen Gesichtszügen kann man das Lied erkennen, man merkt, wie sehr der Künstler in seinem Werk aufgeht und wie er sich gemeinsam mit dem Publikum – auch wenn es diesesmal nur digital ist- in eine eigene Welt abtaucht. Eine Welt, auf die man sich einlassen muss – und einlassen sollte. Weit weg vom verstaubten Klassik-Image. Ein Finale zum Genießen, das wir jedem Menschen, egal aus welcher musikalischen Ecke er kommt, nur schwer dem akustischen Herz empfehlen können. Ein krönenden Abschluss des heutigen Abends, wir freuen uns auf Morgen.

Fotos: Christoph Leeb, Andreas Wörister, Lisa Leeb

Christoph Leeb

Andreas Wörister

Lisa Leeb

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.