Crossing Europe 2021: MILA/APPLES

Manchmal wünscht man sich, Teile seiner Erinnerung einfach löschen zu können. Alles zu vergessen macht einem wiederum Angst. Protagonist Aris Servetalis befindet sich inmitten einer rätselhaften Amnesie-Pandemie, die gerade über Griechenland hereinbricht. Verwirrte Menschen steigen aus ihren mitten auf der Straße geparkten Autos aus und können sich nicht mehr erinnern, dieses gerade noch gelenkt zu haben. Geschweige denn wissen sie noch wer sie selbst sind. Als die vollbärtige Hauptfigur eines Nachts an der Endhaltestelle in einem Bus geweckt wird, scheint auch er von der Gedächtniskrankheit befallen zu sein. Aber hat der große Mann mit traurigem, leerem Blick wirklich alles vergessen?

Nach der Übermittlung in eine Einrichtung für Menschen mit Amnesie wird er einer Reihe Tests unterzogen. Einfache Erinnerungsübungen, die bereits ein Kleinkind bewältigen könnte, scheinen für ihn nicht mehr lösbar zu sein. Die Ärzte meinen: ein Zustand, der irreversibel wäre. Kein Patient hat sich bis zum gegenwertigen Zeitpunkt erholt. Erschwerend kommt noch hinzu, dass sich kein Identitätsnachweis in seinen Taschen befand. Einzige Hoffnung um ins frühere Leben zurückzukehren, wäre eine verwandte Person, die nach ihm suchen würde. Nach geraumer Zeit ist aber auch dies unwahrscheinlich und man empfiehlt dem Unidentifizierten die Teilnahme an einem staatlichen Wiedereingliederungsprogramm. Wohnung und Geld werden zur Verfügung gestellt, als eine Art Gegenleistung müssen nur zum Teil sehr kuriose zugesendete Aufgabenstellungen bewältigt und mittels Polaroidfoto festgehalten werden.

Radfahren verlernt man nicht, selbst mit Gedächtnisverlust klappts noch immer.

Eines Tages lernt der Mann ohne Namen nach einem Kinobesuch eine Frau kennen, welche ebenso, mit Polaroidkamera bestückt, Beweisfotos vom gerade gesehenen Film macht. In der selben tragischen Situation befindlich beschließen die beiden, eine Reihe Aufgaben zusammen zu lösen. Bald überkommt einem das Gefühl, es könnte eine Liebesbeziehung entstehen. Doch als sich nach einem gemeinsamen Besuch der Club-Toilette die junge, aufgeweckte Dame nicht mehr meldet, endet ihre gemeinsame Reise abrupt. Einige Tage später erhält der Identitätslose die Aufgabe, sich eine Frau für ein One-Night-Stand zu suchen. Ihm wird schnell klar, dass seine Bekanntschaft wohl dieselbe Aufgabe erhielt und er nur benutzt wurde. Logischerweise reagiert der Mann verletzt und geht der jungen Dame fortan auch aus dem Weg. Weshalb jedoch behauptet er angesprochen auf seine Beziehungsstatus, dass seine Frau verstorben ist? Und wieso kommt sein Lieblingsobst, der Apfel, nicht mehr zum Essen infrage, wenn dieser doch gut sein soll für die Erinnerung? Will die von Aris Servetalis gespielte Figur nur den One-Night-Stand wieder vergessen, oder steckt noch weitaus mehr dahinter?

Kann man Liebe verlernen?

Mila überzeugt mit herrlich verspielter Situationskomik, ohne ins Lächerliche zu verfallen. Gepaart mit einer kurzweiligen Story und einem sinnergebenden Plot-Twist ist der Film von Christos Nikou ein heißer Anwärter auf einen der Preise der diesjährigen „Competition Fiction“ beim Crossing Europe 2021.


Mila/Apples
Christos Nikou

Griechenland / Polen / Slowenien 2020
color
90 Minuten
Griechisch
OmeU

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