Foto: Christoph Leeb

Marathonmann: perfektes Bühnencomeback

Marathonmann sind zurück. Letzten Donnerstag kehrten sie im Rahmen ihrer Tour zum neuen Live-Album auf die Bühne zurück. Gemeinsam mit „Raum 27“ lieferten sie im Backstage München ein eindrucksvolles Comeback. Denn trotz Sitzplätzen auf Bierbänken – Volkesfest-Atmosphäre inbegriffen – sorgten sie mit einer unglaublich symphatischen und abwechsungsreichen Performance für viele strahlende Gesichter und eine tolle Stimmung. Auch die Vorband Raum 27 überraschte uns auf eine ganz spezielle Art und Weise.

Erster Juli in Österreich, eigentlich hätten wir heute ein Stehplatzkonzert ohne Abstand und Maske besuchen können. Was machen wir stattdessen? Wir fahren 300 km mit dem Auto nach München ins Backstage. Das aus gutem Grund, denn Marathonmann starteten ihre Live-Tour  im ehrenwerten Backstage München. Zwei sehr gute Gründe also um den Weg, den Stau und verrückte deutsche Autofahrer in Kauf zu nehmen. Nicht zu vergessen: Parkraumverwaltung aus der Hölle. Aber wenn die Band nicht nach Österreich kommt, muss man halt nach Deutschland fahren, vor allem wenn das gerade frisch herausgekommene Live-Album ausgezeichnet ist.

Begonnen hat der Abend sitzend, mit Augustiner Bier in der Hand, mit Raum 27 aus Bremen. Wobei, um ehrlich zu sein dachten wir bei den ersten Sekunden, dass eine andere Band auf der Bühne steht. Denn die textliche, stylistische und vor allem gesangliche Nähe zu AnnenMayKantereit lässt sich nicht verneinen. Gesanglich besteht da wirklich kein Unterscheid zwischen Henning May und dem Sänger der Band, wie zwei eineiige Zwillinge. Was soll man sagen? Das ist und bleibt egal, ob jetzt die Band AnnenMayKantereit oder Raum 27 heißt – einfach großartig. Das haut einen stimmlich immer wieder vom Hocker, egal wie oft mans gehört hat. Diese Tiefe, diese Kraft, wie ein Düsenjet. Auch textlich orientieren sich die Bremer am großen Vorbild und auch damit macht man wenig falsch. Nur beim Feinschliff fehlt noch etwas. Unser Song-Highlight: „Hymnen vom Schlauchboot“. Zusammenfassend kann man sagen, großartig. 2010 wären das Welthits geworden, 2021 ist leider etwas zu spät für den ganz großen Durchbruch und die Sensation. Da war dann doch AnnenMayKantereit sieben Jahre früher dran. Trotzdem sehr zu empfehlen, wir haben uns auch gleich mal eine Platte gekauft.

Nach kurzer Pause dann aber endlich die Band, wegen der wir den Weg auf uns genommen haben: Marathonmann. Die 2011 gegründete Müncher Punkband gehört schon zu den Urgesteinen des Deutsch-Punk. Sehr cool: als Einspieler diente „Sowing Seasons“ von Brand New. Eines gleich vorweg: wirklich erstaunlich, wie diese Band über die letzten Jahre gereift ist, wenn ich an meinen ersten Gig der Band 2014 im Röda Steyr zurückdenke. Eine wahnsinnige qualitative Weiterentwicklung. Das aber ohne an Witz oder ohne an Charme zu verlieren. Das Akustik-Setup traumhaft und man muss man fast sagen: das ist fast schöner und passt fast besser als die klassisch verstärkte Variante. Vor allem die Streicher geben dem Ganzen noch den letzten Schliff und sorgen für das I-Tüpfelchen in dieser traumhaften Klangkulisse, die die Band an diesem Abend geschaffen hat. Da geht einem der Grinser nicht mehr aus dem Gesicht. Ebenfalls sehr positiv herauszuheben ist die Stimmung der Band, des Publikums und das Zusammenspiel der beiden Elemente. Vor allem Gitarrist Leo war kaum zu bremsen. Der durfte sich an seinem Geburtstag hier einige Freiheiten erlauben, was dazu führte, dass er immer wieder ein Cover in den Songpausen anstimmte. Da waren unter anderem „Summer of 69“, „Basket Case“, „Eye of the Tiger“, „We Will Rock You“ und „Smells Like Teen Spirit“ zu hören. Ob im Vorhinein abgesprochen oder doch spontan, vollkommen irrelevant, einfach nur großartig und ein toller Kniff, um die Stimmung noch mehr aufzulockern. Hier hat eine Band einfach wiedermal verstanden, dass es bei einem Konzert um so viel mehr geht als um das reine Abarbeiten einer Setlist. Dass eben auch eine Show, eine Abwechslung und noch so vieles mehr unerlässlich ist für ein Konzert, das im Gedächtnis bleibt. Liebe The Offspring, checkt das endlich mal!

Was gibt es noch zu sagen? Die Setlist hatte mit unter anderem „Wir sind immer noch Hier“, „Holzschwert“, „Die Stadt gehört den Besten“ und „Nie Genug“ alles dabei, was sich ein Fan wünscht. Sowohl Klassiker als euch neue Songs, das ganze aufgeteilt in zwei Blocks. Insgesamt 15 Songs, die allesamt live großartig klingen in diesem Akustik-Set-Up.  Sowohl Ton- als auch Lichttechnik waren einwandfrei. Man mag es kaum glauben, aber dieser Redakteur findet nichtmal eine klitzekleine Kritik, nichts was es an diesem Konzertabend auszusetzen gibt. Das war von beiden Bands, allen voran von Marathonmann, ein großartiges Konzert, an das es dieses Jahr sehr schwierig wird, noch ranzukommen. Der Grinser ist auch ein paar Tage später noch vorhanden, das war die Reise nach München auf jeden Fall wert. Ganz ganz, großes Kino.

Achja, eine kleine Kritik fällt uns an diesem Abend doch noch ein. Liebe Backstage-Bar, bitte in Zukunft die Gläser nach dem Geschirrspüler kurz ausspülen. Bier mit Spülmittel-Nachgeschmack ist nicht ganz das Wahre!

Fotos: Christoph Leeb

Musikliebhaber, Festivalreisender, Konzertsüchtig, Vinylnerd, Photograph, Konzertveranstalter, Linz-Liebhaber