Foto: Pascall Riesinger

BZFOS: die Shock Rock Rebels sind zurück

Sie sind das Aushängeschild des österreichischen Horror-Rocks: die Bloodsucking Zombies from Outer Space. 20 Jahre nach Gründung immer noch aktiv wie eh und je, am kommenden Sonntag wieder mit Heimspiel in der Arena Wien – und mit neuer Platte. Die heißt „Shock Rock Rebels“, und der Name ist mehr als nur Programm. Ein Gespräch mit Front-Zombie Dead Richy Gein über Veränderungen, das weite Repertoire der Zombies und Merch-Preise.

subtext.at: Erste Frage, die ich mir selbst gleich mal leicht mache: warum gibt es euch im Gegensatz zu so vielen Acts nach 20 Jahren immer noch?
Richy Gein:
Weil wir den Schuss wahrscheinlich nicht gehört haben, und irgendwann wars dann zu spät (lacht). Nein, weil wir uns immer noch gut verstehen und immer noch Spaß an dem haben, was wir machen.

subtext.at: Stichwort „Spaß“ haben – ihr bringt in 20 Jahren Bandgeschichte jetzt euer 10. Album heraus, also jedes zweite Jahr eines. Gerade in dem Genre, wo ihr euch bewegt, ist das nicht allen geglückt. Woher nehmt ihr diese Kontinuität?
Richy Gein:
Stimmt schon – aber Musikmachen ist schon Spaß für mich. Ich kann es mir für mich nicht vorstellen, ohne Musik zu sein – und Nummern habe ich immer schon geschrieben. Die Arbeit, die damit einhergeht, ist natürlich anstrengend und stressig, aber meistens gibt es um den Release einen stressigen Teil, der zwar nicht der Lustigste ist, aber halt gemacht gehört. Gerade weil wir alles selbst machen, haben wir aber auch die „Narrenfreiheit“, alles tun und lassen zu können, wie wir wollen. Ohne Label, das uns einschränken könnte – auch das macht dann wieder Spaß. Die Zombies sind für mich eine riesengroße Spielwiese, wo ich viele Dinge verwirklichen kann, die ich machen möchte. Msuik, Bühnenshow und Co ist alles Handarbeit, genauso wie Artwork und Designs – ich mache das sehr gerne. So ein Release ist dann schon zu 100% das, was mir taugt.

subtext.at: Also eine Spielwiese für dich und die vier Anderen. In der Aussendung zu eurer neuen Platte „Shock Rock Rebels“ heißt es, dass euch der „Spagat zwischen Nerdtum und Allgemeingültigkeit“ so gut wie niemals zuvor gelinge. Seid ihr also die Verbindung von Nerds hin zu Sub-Szene wie etwa die Horrorbilly-Szene?
Richy Gein: Billy-Szene ist bei uns komplett passe. Da sind wir nicht mehr und wollen auch nicht mehr sein – wir sind eine Horror-Rock-Band, egal welche Subkultur. Wir wildern durch alle Genres durch – im Punkrock ist aber sicher der kleinste gemeinsame Nenner zu finden. Rockabilly und Psychobilly waren eine Nuance, die wir zwei Alben lang gemacht haben – ist zwar cool, aber dort sehen wir uns eigentlich nicht hundertprozentig. Deswegen sind mir Genre-Grenzen ziemlich wurscht – bei Horrorfilmen bin ich aber sicher ein Nerd. Viele frühe Texte ergeben sich aus diesem Faible von mir und leiteten sich auch von Filmen ab – mittlerweile sind die Texte aber schon so, dass sie persönlicher, kritischer und nur in diesem Horror-Ding verpackt sind.

subtext.at: Meine nächste Frage wäre gerade in diese Richtung gegangen: von Hommagen an Horrorfilmen der 50er und 60er bis hin zu Wiener-Liedern-Anleihen auf „Mörder Blues 2“bieten die Zombies viele verschiedene Stilrichtungen. Wie schaffst du es für dich persönlich, das dann doch alles unter dem Mantel „Bloodsucking Zombies From Outer Space“ unterzubringen?
Richy Gein: Das ist genau diese Freiheit, die wir uns erkämpft haben. Da wollten wir auch von Anfang an hin – der Rote Faden ist die oben angesprochene Liebe zum Horror-Genre. Ich würde es sehr befremdlich finden, wenn wir als BZFOS einen Hippie-Text oder eine Blumenwiese-Nummer veröffentlichen würden. Solange es in den Horror-Kontext passt, kann man musikalisch machen, was man will. Wir haben ja schon beim ersten Album eine Nummer mit Drumcomputer in Richtung Synthie-Gossip gehabt, und dann wieder Platten wie „Mörder Blues 2“, die in eine komplett andere Richtung gehen. Poppig waren wir auch schon immer, mit einer „Schlagseite“ in Richtung von Balladen – aber das ist gerade das Spannende. Das Horror-Genre eignet sich wunderbar für „harte“ Musik wie Metal – da „kennt“ man das auch schon. Ich hab das als alter Alice-Cooper-Nerd cool gefunden, das ganze auch in poppigerem, „netterem“ Umfeld zu verwirklichen. Das gibt es nicht so oft – ich kenne nicht viele Bands, die so klingen wie wir es tun. Ich finde Musiker attraktiv, die sich immer wieder neu auf ihren Platten erfinden – das ist auch unser Credo als Zombies. Und wenn wir in zwei Jahren ein Death-Metal-Album machen wollen, dann werden wir es auch tun. Wenn es uns taugt.

subtext.at: Ihr seid auch wahrscheinlich die einzige Band, die in diese Horrorattitüde mit Wiener Schmäh komibinieren kann, damit das auch beim Publikum ankommt. Etwas provokant gefragt: würde es auch ohne dieses Wiener Element funktionieren?
Richy Gein: Naja, unser Hauptpublikum ist schon in Deutschland. Das Wiener „morbide“ Image hat uns dann natürlich auch in die Karten gespielt und hat für uns selber gut gepasst. Mundart-Nummern funktionieren dann natürlich bis ungefähr Süddeutschland besser – auch wenn ich schon x-fach auf Hochdeutsch übersetzt habe. Die englischsprachigen Nummern funktionieren aber schon – wir spielen quer durch Europa bis hin nach Russland, und dort funktioniert das auch.

subtext.at: Bleiben wir gleich bei Englischsprachig und kommen zu eurer neuen Platte „Shock Rock Rebels“. Quasi das Programm der Zombies?
Richy Gein: Würde ich schon sagen. Der Titel war eigentlich mal ein Slogan für ein Shirt – bis die Idee gekommen ist, das doch auch für ein Album verwenden zu können. Es ist rebellisch in dem Sinn, dass wir wieder mal das machen, was wir wollen, und damit sicher wieder einige „alte Fans“ vor den Kopf stoßen werden. Aus der Billy-Richtung gibt es sicher verschnupfte Nasen – das ist halt so. „Shock Rock“ ist für mich seit Langem der Überbegriff für Artists wie Alice Cooper, W.A.S.P. und co – das hatte immer schon getaugt. Schon bei unserer ersten Platte vor 15 Jahren haben wir von uns gesagt, dass wir eine Shock-Rock-Band sind. Jetzt war es an der Zeit, das mal als plakativen Titel zu nehmen.

subtext.at: Apropos plakativ – den dritten Song der Platte, „Stop Writing Songs About Your Girlfriend“ habe ich sehr plakativ gesehen, gerade weil er aus allem ausbricht, was man auf der Platte sonst hört. Kannst du den Hintergrund hinter diesem Song kurz erläutern?
Richy Gein:
Musikalisch natürlich Pop-Punk, das hatten wir immer wieder schon mal gemacht. Thematisch gibt es zwei Wahrheiten – ich hatte das Radio laufen, wo in einem Song nach dem anderen von einem jungen Mann samt Gitarre verkündet wurde, wie er seinen Herzschmerz verarbeite, weil iseine große Liebe den Bach runter gegangen ist. Natürlich alles große Radiohits – aber ich habe diese „Suderei“ nicht mehr ausgehalten. Die zweite Wahrheit ist, dass ich selbst in einer Trennung steckte, und mir immer geschworen habe, nie so einen Song zu schreiben (lacht). Daraus ist dann „Stop Writing Songs About Your Girlfriend“ geworden, das haben dann alle lustig gefunden. Kurz habe ich schon die Frage in den Raum geworfen, ob sich das für uns thematisch schon noch ausgeht. Das war dann aber relativ schnell klar – den Spagat hat es dann mit dem dazugehörigen Video geschafft. Wir haben dabei Ghostbusters nachgedreht – und statt Geistern die oben angesprochenen Schmusesänger „gejagt“. Also schon ein kleiner Kunstgriff, damit sich das mit unserem Image auch wieder ausgeht.

subtext.at: Daneben gibt es auch „klassischere“ Zombie-Tracks wie etwa „The Dentist“, dann Songs wie „Off With Their Heads“ mit politischerer Message. Wenn du das gesamte Album betrachtest – glaubst du, dass „Shock Rock Rebels“ eine der vielseitigsten Zombies-Platten ist?
Richy Gein: Glaube ich ehrlich gesagt schon, ja. Den musikalischen Befreiungsschlag gab es für uns bereits mit der „Mörder Blues 2“-Platte, wo wir uns schon sehr viel getraut haben. Da haben die Leute die Platte durch das Mundart-Singen als etwas Besonderes wahrgenommen. Bei „Shock Rock Rebels“ ist es ähnlich, wir trauen uns schon wieder relativ viel. Ich glaube aber auch, dass man, wenn man uns kennt, von der Platte mit Sicherheit nicht komplett enttäuscht sein wird. Weil sie von allem, was wir sind, etwas dabei hat. Songs wie „Pig Hunt“ sind dann sicher extrem poppig, wird sicher nicht allen vor allem Old-School-Fans gefallen – ist aber etwas, was uns halt auch taugt. Ich war lange Zeit nicht ganz zufrieden mit dem, wie sich die Alben nacheinander entwickelt haben. Gerade im Hinblick auf Songwriting bis hin zu dem , wie es am Ende geklungen hat. Gerade beim zweiten Album war ich kreuzunglücklich damit, wie es am Ende geklungen hat. Beim neuen Album allerdings gefällt es mir schon hundertprozentig – liegt sicher auch am Produzenten Engel Mayer (Russkaja, Anm.), der uns wie ein Zirkusdompteur gut im Griff gehabt hat.

subtext.at: Man „vergrämt“ also mit Billy-Platten die Oldschool-Fans, mit Mundart-Platten wiederum diese oder auch wieder Pop-Punk-Fans mit anderen Nummern. Wie schafft ihr den Spagat, als Band möglichst viele zufrieden stellen zu können?
Richy Gein: Bei uns selbst? Läuft das sehr basisdemokratisch ab, mit einer „leichten“ Gewichtung auf mir (lacht). Wenn ich von etwas überzeugt war, waren bislang auch die anderen am Ende überzeugt davon (lacht). Es gab wenige Sachen, wo ich wirklich überstimmt wurde. Wenn einer mit einem Song bei uns nix anfangen kann, dann wird er auch nicht gespielt. Es soll also schon jeder dahinterstehen. Bei den Fans ist es schon so, wie du sagst, dass man es nicht allen recht machen kann. Es ist uns schon bewusst, dass dadurch, dass wir das tun, was wir wollen, wir sicher nicht „Everybody’s Darling“ sind. Dass da nicht alle mitwollen, ist uns schon bewusst.

subtext.at: Dauerte diese Erkenntnis lange?
Richy Gein:
Ich glaube, dass es mit „All These Fiendish Things“ so richtig losgegangen ist – da habe ich zum Schlagzeugspielen aufgehört. Das war für viele alte Fans schon ein No-Go. Musikalisch war diese sicher auch viel rockiger und ja, auch mainstreamiger – wir haben den Billy-Aspekt komplett weggelassen. Wir hatten einfach keine Nummern mehr in diese Richtung geschrieben – ich schreibe Nummern schon immer beeinflusst von dem, was ich gerade höre. Psychobilly und Rockabilly habe ich halt tot gehört und höre ich seit Jahren nicht mehr. Aber damit hat es begonnen – da haben wir sicher einige alte Fans verloren, aber ungleich mehr neue dazugewonnen.

subtext.at: Noch zu etwas, was gerade in der Szene wie der euren immer präsent war und ist: Merch. Außerhalb dieser Szene kommen immer mehr Bands drauf, Merch auszubauen – was man gerade am Vinyl-Markt sieht. Wie könnt ihr euch da behaupten, und warum kommen deiner Meinung nach immer mehr Artists drauf, noch mehr in Merch zu investieren?
Richy Gein:
Der Teil mit den Presswerken ist sicher immer der unangenehmste Teil, wenn es darum geht, ein Album zu produzieren. Weil es halt immer Stress ist – wir versuchen eh schon so früh wie möglich, fertig zu sein. Einfach weil wir eh schon über Verzögerungen genug Bescheid wissen. Dennoch ist es immer mühsam – geht es sich bis zum Release aus? Schlitzer Pepi Records mit 500 Platten und 1000 CDs hat im Vergleich zu Majors mit 50000 und mehr Platten relativ wenig Hebelwirkung. Da hast du dann halt die sprichwörtliche „Arschkarte“ gezogen und wirst hinten angereiht. Das ist unangnehm, gerade weil alle Genres gerade Vinyl pressen und die Werke nicht mehr nachkommen. Das ist dann schon der nächste Faktor: die Preise steigen dadurch. Früher waren die um Einiges günstiger – das merkt man schon.

subtext.at: Glaubst du, dass gerade in eurer Szene die Gefahr besteht, dass man den „Bogen“ überspannt im Hinblick auf steigende Merch-Verkaufspreise?
Richy Gein:
Ja, genau, das ist der Nachteil davon. Ich selbst bin ein „Sammler“ und ein Download ist für mich nicht dasselbe wie ein Album. Ich stehe auch auf Artworks und das Ritual, eine Vinyl aufzulegen und bewusster Musik zu hören. Da gibt es Gott sei Dank viele, die so denken – aber dennoch so wenige, dass die Industrie nicht davon leben kann. Demensprechend wird es teurer, und das schmeckt mir überhaupt nicht, dass alles – gerade wenn ich an meine Horror-Leidenschaft denke – immer bei 30 Euro aufwärts beginnt. Es führt dazu, dass das Ganze elitär wird. Es hat nicht mehr der größte Fan die limitierte Auflage hat, sondern der, der es sich leisten kann. Und das finde ich schon schade – das war Rock ’n‘ Roll für mich nie, dass es für die da ist, die die Kohle dafür haben. Wird sich aber in naher Zukunft wohl nicht ändern.

subtext.at „Sich leisten können“ – glaubst du, dass auch das Konzertgehen an sich noch elitärer wird?
Richy Gein:
Es ist eh schon elitär – aber solange die Leute das zahlen, wird es so sein. Irgendwann wird es schon eine Schmerzgrenze geben – aber die ist sicher noch nicht erreicht. Ich kann jetzt nur von uns sprechen: ich war immer der Meinung, dass bei uns alles möglichst günstig sein muss. T-Shirts maximal 15 Euro und dergleichen. Das haben wir lange durchgezogen, und auch in der Band diskutiert. Irgendwann haben wir festgestellt, dass Viele gar nicht mehr so stark daran danken, ob etwas 18, 20 oder 22 Euro kostet. Früher wärst du als Punk-Band gesteinigt worden, wenn du das verlangt hättest. Heute ist das jedem wurscht – weil die Leute es schon gewohnt sind. Die Schmerzgrenze ist da sicher sehr hoch – bei bekannten Namen zahlst du ja auch Merchpreise, die extrem hoch sind, und die Leute kaufen dennoch wie blöd. Wir schauen schon, im unteren Segment zu bleiben – werden aber zwangsweise auch teurer.

Bloodsucking Zombies From Outer Space: Shock Rock Rebels
VÖ: 31.10.2021, Schlitzer Pepi Records
Format: CD, Vinyl, Download/Digital, Singles-Box

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Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.