Crossing Europe 2022: Moon, 66 Questions
Nachdem ihr Vater Paris, zu dem Artemis jahrelang keinen Kontakt hatte, plötzlich verschwindet und schließlich im Krankenhaus landet, zieht die junge Griechin zurück nach Athen, um ihn zu pflegen. Die Diagnose, eine chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems: Multiple Sklerose.
Artemis macht die Übungen, die Paris in der Physiotherapie beigebracht bekommt, selbst mit. Sie lernt die Krankheit zu verstehen und verinnerlicht dabei nicht nur die Lebensrealität ihres Vaters, sondern auch die Angst vor dem Zustand der Hilflosigkeit und Verletzlichkeit, wenn der Körper nachgibt. Auf die Hilfe ihrer Mutter kann sie nicht zählen, sie ist mit dieser Herausforderung völlig auf sich allein gestellt.
Artemis schwelgt in Paris‘ Erinnerung, als sie Videotapes von ihm findet. Sie lernt somit nicht nur seine Perspektive, sondern auch ihn besser kennen. Das erklärt auch die Videoclips zu Beginn des Films.
Anfangs wirkt der Charakter von Artemis sehr kindlich. Im direkten Kontrast dazu werden von Mitte bis Ende des Films die Rollen getauscht. Artemis übernimmt die Rolle der Beschützerin als sie beginnt, Verantwortung über wichtige Entscheidungen und die Pflege von Paris als alltägliche Pflicht anzunehmen. Sie wächst mit der für sie allein viel zu groß erscheinenden Aufgabe. Am Schluss sieht man sie immer wieder mit Freunden und es wird einmal mehr verdeutlicht, wie sehr sich die Lebensrealität von Artemis vom Alltag Gleichaltriger unterscheidet.
Fazit
Moon, 66 Questions besticht mit unerwartet lustigen Momenten und emotionalen Einblicken in eine schwierige Familienkonstellation. Der Film zeigt, dass Krankheit nicht nur direkt, sondern auch indirekt betreffen und gleich mehrere Leben komplett auf den Kopf stellen kann.
MOON, 66 QUESTIONS
Jacqueline Lentzou
Griechenland / Frankreich, 2021
color, 108 Minuten
Griechisch, OmeU
filmfestival linz // 27 april – 02 mai 2022
www.crossingeurope.at
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