Baseball, Softball und Konzerte - beim Finkstonball XXIII und Pfingstspektakel 2022 - © Markus Wetzlmayr / @wetphoto

Finkstonball XXIII: Wiederbelebung mit Wasserschaden

Als Konzertjournalist ist es naturgemäß schwer, über Konzerte zu schreiben, die nicht stattfanden. So (nicht) geschehen am Pfingstwochenende in Attnang-Puchheim beim Pflichttermin Finkstonball + Pfingstspektakel. Mit dabei: WHAM BAM BODYSLAM, POSSESSED BY PAUL JAMES und SODL.

Zwei lange Jahre Zwangspause dank Corona. Zwei magere Jahre ohne Big Wombolino Burger. Zwei ereignislose Jahre ohne grandiose Homeruns und nervenbelastende Double-Plays. Zwei viel zu leise Jahre ohne Local Heroes und importierte Hidden Gems. Letzten Freitag hätte all dies vorbei sein sollen; es wäre das große Comeback gewesen. Finkstonball aus der Asche gestiegen, wie der Phönix am Wappen Attnang-Puchheims. Und dann kam die Kaltfront und die abendlichen Sturmwarnungen.

Freitag: EröffnungsspielE und PHILIAM SHAKESBEAT

Spiel 1 von Finkstonball XXIII: The North (CAN) vs. Stuttgart Reds (GER)

Die Gastgeber von Europas schönstem Baseball- und Softballturnier – die ASAK Athletics – wissen nach wie vor, wie man einen Randsport ins Rampenlicht stellt. Wortwörtlich. Zum ersten Mal, seit am Spitzberg die erste leder- und gummiummantelte Korkkugel zu Pfingsten herumgeschupft wurde, sollten Spiele des Turniers auch am Abend im Flutlicht der neuen Beleuchtungsanlage stattfinden. Beim Warm-Up Spiel – die Stuttgart Reds (GER) besiegten The North (CAN) mit einem sauberen 9:3 – waren bereits dichte Wolken am Himmel. Die Hoffnung auf einen – zumindest wettertechnisch – trockenen Abend hielt sich lange und somit wurde auch die Eröffnungszeremonie vor dem zweiten Spiel von Athletics Ex-Präsident Rainer Krankl planmäßig abgehalten. Die Eröffnung stand dieses Mal unter besonderen Zeichen: einerseits der Freundschaft mit den Finkstonball-Dauergästen aus Kroatien und andererseits dem Gedenken an deren im November 2021 verstorbenen Coach und Spieler Nr. 13, Aleksandar Bekić.

Von den Wettergöttern konnte man dennoch wenig Mitleid für die beiden Teams erwarten. Kurz nach dem Auftakt hieß es bereits „Sturmwarnung!“ und den Veranstaltern blieb nichts übrig, als den Rest des Abends abzusagen und das Gelände zu räumen, bis die Gefahr vorübergezogen war. Zelte, Feste und Stürme sind eine schlechte Kombi, die Masse an Toten und Verletzten allein in den letzten Jahren sorgen hier berechtigterweise für erhöhte Vorsicht.

Aufziehende Sturmfront über dem Pfingstspektakel / Finkstonball

Somit musste das Spiel ASAK Athletics (AUT) gegen Vindija Varazdin (CRO) auf den nächsten Vormittag verlegt werden; das Konzert von PHILIAM SHAKESBEAT, seines Zeichens Rapper und ehemaliger Sänger der glorreichen THE FORUM WALTERS, konnte jedoch nur vorerst abgesagt werden. Für ganz Hartgesottene, die den Sturm am Spitzberg aussitzen konnten, gab es dann dennoch ein kleines Goodie hinten nach: PHILIAM durfte – wenn auch in kleinerer Runde als verdient und geplant – seine Show doch noch im Festzelt abliefern. Der Trostpreis des Turniers, sozusagen.

SAMSTAG: Man muss nur WHAM BAM BODYSLAM sein

Finkstonball XXIII Eröffnungszeremonie

Nach dem ernüchternden Auftakt war die Hoffnung groß, dass zumindest jetzt alles glattlaufen würde. Und wie könnte es anders sein, wenn WHAM BAM BODYSLAM – die Pfingstspektakelinstanz schlechthin – am Line-Up stehen? Die augenscheinlichen Schutzpatrone des Festivals blickten gnädig auf die Sünder, Trinker und Spieler herab und gönnten ihnen leiwandes Wetter, sowohl für die Spiele, als auch für das Konzert am Abend.

Den Recap der Spiele lassen wir an dieser Stelle mal außen vor, das haben die Kollegen vom Scoring auf der Finkstonballwebsite um einiges professioneller erledigt.

SODL

SODL: träumerisch für alle

Die Konzerte selbst begannen mit der Gmundner Singer-Songwriterin SODL, a.k.a. Anja Sodnikar, die barfuß einzig mit Gesang und einer wunderschönen Reverend Contender RB bewaffnet ihre Künste auf die versammelte Festivalschaft losließ. Melancholisch, besinnlich, sympathisch, zeitweise mit Ausflügen in frontalfeministische Lyrik. Ein interessantes Booking, aber als Auftakt zu einem energiegeladenen Abend eher suboptimal platziert. Dass in SODL mehr steckt, zeigte sie dann im weiteren Verlauf des Abends.

POSSESSED BY PAUL JAMES

POSSESSED BY PAUL JAMES: Folk direkt aus der amerikanischen Seele

Wie man dem Publikum auch bei Temperaturen unter 20 °C gscheit einheizt, bewies dann die 3-in-1-Band POSSESSED BY PAUL JAMES. Konrad Wert, der physisch anwesende Teil der Geisterheimsuchung, ist ein wahres Unikat. Als langjähriger Lehrer im eher lehrerfeindlichen Texas wurde es ihm zu frustrierend und so ließ er sich – seiner augenzwinkernden Erzählung nach – von den Geistern seiner Ahnen besessen. Paul, der Vater. James, der Großvater. Gemeinsam sind nun diese drei Wertmänner unterwegs und liefern eine Folk-Show, die man so nicht oft sieht.

Abwechselnd an Geige, Banjo oder Gitarre singt die texanische Dreifaltigkeit über die Liebe, das Leben und alles zwischendrin. Den treibenden Beat stampft POSSESSED BY PAUL JAMES dabei unentwegt mit den Füßen in den Boden; oder, wie er es beschreibt: „sometimes I tap my toe.“

Konrad Wert ist durchwegs ein Paradebeispiel an selbstironischen Widersprüchen. Einerseits die Bescheidenheit in Person, andererseits wird mit Nachdruck über die Liebesqualitäten von Lehrern philosophiert. Alles jeweils mit der nötigen Portion Humor und einem wundervollen, mitreißenden, virtuosen Folksong zwischendurch. Ein wahrer Genuss! Danke, Konrad.

WHAM BAM BODYSLAM

WHAM BAM BODYSLAM: der Eckpfeiler von Pfingsten

Die Jungs muss man am Spitzberg niemandem mehr vorstellen. Was noch zu viert mit dem „Dead Roses“-Cover beim Finkstonball XI begann, ist auch zu fünft bis heute nicht über den Zenit. Wobei diesmal nicht die Stammfünf auflief, sondern am Bass ausnahmsweise durch Dejan Decay – seines Zeichens mittlerweile Basser der BLOODSUCKING ZOMBIES FROM OUTER SPACE – unterstützt wurde.

Dass das Baseballturnier samt Musikfestival ein Heimspiel für die Jungs ist, wäre eine glatte Untertreibung. Vielmehr wirkt es, als wäre man Gast am Stammtisch im Bandbeisl, wo sich WHAM BAM BODYSLAM gerade mit allen Komplizen auf ein paar Runden zusammensetzen. Da verwundert es auch nicht, dass mit der 23 Stücke langen Setlist, die auch zwei Huldigungen an den im April verstorbenen Dr. Kurt Ostbahn beinhaltete, fast kein Song der Diskografie ungespielt bleibt. Und auch um das obligatorische „Landla“ kamen die Buam bei so einem Pflichttermin nicht vorbei.

Woran man auch nicht vorbeikam, war das Staunen darüber, wie viel Energie eigentlich in SODL steckt, wenn man sie mit einer Truppe wie WHAM BAM BODYSLAM auf die Bühne stellt. Bei „By the Pearls“ untermalte sie einen der stärksten WHAM BAM-Songs mit genüsslich verzerrter E-Klampfn und wirkte, als wär sie seit Finkstonball XI Teil der Band. Leiwand!

Wham Bam Bodyslam Setlist Pfingstspektakel 2022 2022

Sonntag: Land unter

Die Ground Crew inspiziert die Überschwemmung

Satz mit X am Sonntag. Die Baseball- und Softballspiele konnten untertags wie gewohnt stattfinden, inklusive wundervollem Sonnenschein. Seitens Veranstaltern wurden die Konzerte aufgrund der angekündigten Regenfront vorsorglich von der Open Air Bühne ins Festzelt verschoben, doch pünktlich zu den Abendspielen und den Konzerten hieß es wieder „Sturmwarnung!“. Nachdem ein Wolkenbruch, der seinesgleichen sucht, den Spitzberg wegschwemmte, kam auch von der Festivalleitung das kaum überraschende und dennoch schmerzhafte „ALL GIGS ARE CANCELLED TODAY“ an alle, die noch in der Dugout-Bar Unterschlupf suchten und hofften.

Schade, denn BASTARD RADIO, HENGRENDADE und TIM VANTOL wären ein wunderbarer Abschluss für’s Pfingstspektakel gewesen. So ein Scheiß aber auch.

Montag: Sieger und Sieger der Herzen

Gewinner des Finkstonball XXIII – die bunte Truppe von Baseball Jobs Overseas (USA)

Der Montag hielt sich vornehmlichst an den bisherigen Pfingstwochenendablauf: tagsüber schön, am Abend eher wäh. Zum Glück standen am Pfingstmontag nur noch die Semi-Finals und das Finkstonballfinale an. Verloren hat wie immer nur eins: die Leber jedes Finkstonballspielers. Während in den Semis die ASAK Athletics und die Legionärsansammlung Baseball Jobs Overseas (USA/INT) von Athletics-Urgestein Dave Burns jeweils ihre Gegner gnadenlos wegmähten – respektive 7:0 gegen Vindija Varazdin (CRO) und 12:1 gegen Stuttgard Reds (GER) – schenkte man sich im Finale rein gar nichts.

Und im Finale – BBJO vs. Athletics – zeigte sich die Eigenheit von Baseball: die spannendsten Spiele sind die, wo am wenigsten passiert. Nach einer erbitterten Partie mit jeweils gleich starkem Angriff und Verteidigung, schaffte es BBJO dennoch einen einzigen Punkt aus den Athletics rauszupressen und sicherte sich mit einem unspektakulären, aber absolut verdienten 1:0 das Plätzchen ganz nah an der Pfingstsonne. Gratulation und Glückwunsch – es war ein echter Kampf und das Resultat kann sich sehen lassen.

Was sich auch sehen lassen konnte, war das Softballfinale zwischen den Damen der Guggenberger Legionären (GER) und den Wiener Neustadt Crazy Chicklets (AUT), aus dem die Legionäre mit einem äußerst hart erkämpften 12:6 siegreich hervorgingen. Auch hier Gratulation an die unbarmherzigen Kämpferinnen.

Den traditionellen Abschluss des Finkstonball XXIII machte dann noch das Homerun-Derby, das Elias Macias von den Sissach Frogs (SUI) nach zwei ausdauerzehrenden 1-vs-1 Tiebreaker gegen Athleticsmann Sammy Hackl für sich entschied. Sieger gab es also viele, denn gerade beim Finkstonball zählt, dass dabeisein wirklich alles ist.

Und die einzigen Verlierer bei dem ganzen Spaß sind wirklich nur die Lebern der Spieler, Besucher und Bands. Prost!

Zum Abschluss noch ein herzhaftes Danke von unserer Seite an die gesamte Crew des Turniers und Spektakels. Wir sehen uns garantiert beim Finkstonball XXIV – egal ob mit Taucherbrille oder LSF 50-Sonnencreme.

Gallerie

Fotos: © Markus Wetzlmayr

Markus liefert als Teil der Wiener Fraktion von Subtext Konzertfotos aller möglichen Genres. Egal ob Hip Hop oder Black Metal - Hauptsache die Musik geht unter die Haut und drückt in den Ohren.