LAURA JANE GRACE: Mit Herz und Hirn gegen den Jetlag (und die Sauna)

LAURA JANE GRACE, ihres Zeichens Sängerin und Frontfrau der Punk-Institution AGAINST ME!, begeistert ja auch gerne akustisch-straßenmusikantisch solo. Zum Auftakt ihrer Europatour kam sie dafür dank den netten Leuten von SBÄM zum einzigen Österreichtermin nach Linz in die Stadtwerkstatt. Mit dabei: CHRIS MAGERL und COLD YEARS.

CHRIS MAGERL

„Ich wär heute sowieso da gewesen, weil eigentlich hätte ich Karten für heute gehabt. Aber jetzt spiel‘ ich halt hier“, meinte der Grazer Barde und das machte uns schon sehr froh. Denn mit CHRIS MAGERL – diesmal ohne Rückendeckung durch seine THE BURNING FLAGS Spezln – hätte kein besserer Opener an diesem Abend auf den Brettern der STWST stehen können. Mit seiner geschundenen Gitarre, einer rauchig-intensiven Stimme, sozialkritischen Texten und ganz viel Emotion war es für CHRIS kein großer Kraftakt, die bereits zahlreich erschienene Menge zu Singalongs zu motivieren.

COLD YEARS

COLD YEARS sind vier Burschen aus Schottland. Musikalisch verbinden sie Grundzüge von BLINK 182, BILLY TALENT und THE JONAS BROTHERS. Das ist dann sehr radiotauglich und eigentlich der perfekte Soundtrack für die ein oder andere Ford- oder Jeep-Werbung, die ein eher generisches, unverbindliches Gefühl von Freiheit und Rebellentum suggerieren, obwohl es sich um Fertigungsstraßenfabrikate internationaler Großkonzerne handelt.

Und so wirkt auch das Schaffen von COLD YEARS. Optimiert, kanten- und reibungslos, geringe Einstiegsschwelle und trotzdem ein bissl rough und punk-esque. Eh ganz nett, aber das war’s dann auch schon. Bei COLD YEARS tut man sich tatsächlich sehr schwer eine Wertung abzugeben, denn die Jungs sind einfach… da. Schlecht war’s nicht und Ross Gordon (voc/guit) ist ebenfalls keine Zwiderwurzn. Sympathisch, empathisch und energisch bedankte er sich für das zahlreiche Erscheinen bei einer hierzulande doch recht unbekannten Vorband wie COLD YEARS. Und wirkte dabei generell authentisch glücklich, hier in der STWST zu schwitzen. Den Leuten hat es gefallen und COLD YEARS schafften, wozu sie gebucht wurden: die Menge unterhalten, bis der Main Act da ist.

Man fragt sich jedoch schon, ob man sich in zwei Wochen noch an diesen Auftritt erinnern wird, wenn das Markanteste die Ansage „This song is about taking a lot of drugs.“ war.

LAURA JANE GRACE

Und der Main Act ließ dann zum Glück auch nicht mehr lange auf sich warten. Da war auch von Anfang an klar, dass LAURA JANE GRACE ein bisschen masochistisch veranlagt ist. Mit massivem Jetlag enterte sie die Bühne einer STWST, die sich mittlerweile schön auf Wiener Palmenhausniveau hoch temperiert hatte. Im Gepäck: 20+4 Songs aus den letzten Jahrzehnten ihres Schaffens. Und als wär ein energiegeladenes Solokonzert in diesem Klima nicht schon peinigend genug, wurde zu „Dysphoria Hoodie“ auch ebenjener Pulli ausgepackt. Mit einem erklärenden „You don’t have to be transgender to have your own dysphoria hoodie. You just have to have low self-esteem“ eingeleitet schaffte LJG es tatsächlich, zumindest einen Song mit Hoodie darzulegen. Schon mutig, bei noch nicht mal der Hälfte des Sets schon so eine Selbstgeißelung aufzuführen. Aber auch dieser Song wurde überstanden und LJG zog den Rest des Gigs inklusive vier Zugaben ohne Ermüdungserscheinungen durch.

Setlisttechnisch war es exakt, was man sich erwartete und erhoffte: ein akustisch-intensiver Mix aus LAURAs Solosachen und den obligatorischen 50+ % AGAINST ME! Singalongs. Klares Highlight natürlich „True Trans Soul Rebel“, „The Swimming Pool Song“ und „I Hate Chicago“. Einzig „The Best Ever Death Metal Band in Denton“ hätte es noch auf die Setlist schaffen sollen, aber man kann ja nicht alles haben.

Alles in allem ein äußerst wundervoller Tourauftakt, der neben wohligwarmen Gefühlen im Brustkorb vor allem eins erzeugte: das unbeschreibliche Verlangen, sofort nochmal auf einen LJG-Gig zu gehen. 💘

Gallerie

Fotos: © Christoph Leeb, Markus Wetzlmayr