Foto: Christoph Leeb

SIDO: gut aufgelegt

6500 Leute an der Donaulände, strahlender Sonnenschein – und einer der wohl polarisierendsten Artists der letzten zwei Jahrzehnte im deutschsprachigen Raum auf der Bühne: Sido gastierte am Mittwoch im Rahmen ds Ahoi! Pop-Sommers an der Linzer Donaulände.

Support an diesem Abend kam aus Bayern und hatte Hirn(i) im Gepäck. „Hirncabrio“ heißt die aktuelle Tour der bayrischen Hip-Hop-Dampfwalze Dicht & Ergreifend, die mit coronabedingter Verspätung wie so viele Acts die Platte halt einfach ein paar Jährchen später präsentieren. Die Live-Show? Irgendwo zwischen Hip-Hop-Abriss und Deichkind. Eher, naja, sagen wir mal eigenwillige Tanzeinlagen paaren sich mit Abrissen, Songs wie „Ohne Uns“ samt Hommage an den Texta-Buam Huckey kommen genauso gut an wie alte Tracks wie „Zipfeschwinga“. Ein Stunderl Support, der offenbart, dass die Show sicherlich für Headliner-Shows auf Bühnen ausgelegt ist. Sehen wir uns gerne an!

An Paul Hartmut Würdig alias „Siggi“ alias Sido kommt man zumindest in der deutschsprachigen Musikwelt nicht vorbei. Vor allem dann, wenn man Anfangs und Mitte der 2000er deutschen Hip Hop verfolgte. Ersguterjunge, Aggro Berlin als Stichworte einer ganzen Bewegung, Auseinandersetzungen mit anderen Protagonisten der Szene – alles war dabei. Solo orientiert sich Sido seit gut einem Jahrzehnt in andere Richtungen, ist auch im Pop-Bereich vertreten, und zieht noch immer. Das wurde an diesem Mittwochabend im Linzer Donaupark auch deutlich, denn immerhin gut 6000 Leute hatten ihren Weg gefunden, um eindreiviertel Stunden Sido live zu erleben. Der präsentierte sich auf der Bühne auch gut gelaunt – und man kauft ihm ab, froh zu sein, dass er wieder „richtig“ vor Publikum aufgeigen darf. Rauchen on stage inklusive. Samt zwei Background-Begleitern (die sich stimmlich wohltuend präsentierten) werden insgesamt 27 Songs des Sido’schen Schaffens via PA in den Donaupark geblasen, von „Fuffies im Club“ am Anfang bis zum, natürlich, „Arschf*cksong“ am Ende. Dazwischen? Tracks wie „Der Himmel soll warten“, der von den Fans lauthals gutiert wird, mit „Mein Testament“, „Papa ist da“, und „Wie Papa“ Familiäres, mit „Straßenjunge“ und dem alten „Mein Block“ auch ein Ausflug in die Persönlichkeit eines Künstlers, der mehr als nur einmal angeeckt ist. „Bilder im Kopf“ und „2002“ reißt naturgemäß am meisten ab, aber auch bei „Carmen“ als erster Zugabe ist das Publikum dankbar abfeiernd vertreten. Ein Auftritt, der sicher nicht jedermanns (vor allem) und jederfraus Sache ist. Ein Auftritt, der sicher polarisiert hat – aber objektiverweise muss man sagen: das war schon ein gutes Konzert von einem blendend aufgelegten Künstler!

Fotos: Christoph Leeb

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.