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SIGRID im Interview: Lass mal los!

Mit stürmerischem Pop-Appeal ist die junge Norwegerin Sigrid Solbakk Raabe innerhalb von kürzester Zeit zum internationalen Popstar herangewachsen, der selbstbewusst mit beiden Beiden auf dem Boden steht. Mit dem Charme des Mädchens von Nebenan, skandinavischem Geschick und viel Authentizität greift sie spätestens seit ihrem Debüt „Sucker Punch“ (2019) nach den Sternen.

Seit Mai 2022 liegt mit dem Album „How To Let Go“ der Nachfolger bereit, um die Herzen der Zuhörerschaft weiter zahlreich zu erobern. Neu ist, dass die selbstsicheren Songs der sympathischen 25-Jährigen jetzt auch Disco-Purzelbäume („Mirror“) schlagen. Ein Interview über Selbstzweifel, Familienzusammenhalt und die Kunst des Loslassens.

subtext.at: Sigrid, hat dich schon mal jemand als „alte Seele“ bezeichnet?
Sigrid: Nein, ich glaube nicht. Oder vielleicht doch. (überlegt kurz) Auf Norwegisch gibt es eine bestimmte Bezeichnung dafür, obwohl ich den österreichischen Terminus nicht kenne. Bestimmt gibt es hier auch einen ähnlichen Begriff, der das umschreibt. Ich wollte jedenfalls schon immer älter sein als mein wahres Alter.

subtext.at: Du wirkst eben stets so weise für dein Alter, reif und geerdet.
Sigrid: Danke schön!

subtext.at: Und du mutest auch so extrem selbstsicher und selbstbewusst an, dass du sprichwörtlich imstande bist, durch Wände hindurchzulaufen.
Sigrid: (lacht) Du meinst wie im Video zu „Burning Bridges“?

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subtext.at: Ganz genau. Warst du immer schon so selbstsicher in dem, was du tust?
Sigrid: Ja und nein. (seufzt) Als Kind war ich eigentlich recht schüchtern. Durch meine Eltern und meine beiden älteren Geschwister, ich habe eine Schwester und einen Bruder, konnte ich diese Eigenschaft irgendwann ablegen. Wir haben uns immer gegenseitig gestärkt und angespornt. Meine Geschwister und ich waren immer besonders neugierig. Später waren die beiden auch politisch engagiert in der lokalen Szene und ich war in der Schule als eine Art Schulsprecherin aktiv. Auf der anderen Seite haben wir uns geweigert, älter zu werden. Wir haben eine improvisierte Theatervorstellung in unserem Wohnzimmer veranstaltet oder mit Lego Städte in unseren Kinderzimmern zusammengebaut. Wir haben unser eigenes Fußballteam zusammengestellt, im Garten einen Zirkus veranstaltet… Es war alles sehr lustig und kreativ (lacht). Das hat mir ein immenses Selbstvertrauen für meinen weiteren Lebensweg gegeben.

subtext.at: Du bist bestimmt jemand, der ständig Fragen stellt.
Sigrid: Mit Sicherheit (lacht). Ich liebe es, Fragen zu stellen. Die Antworten finde ich gar nicht so wichtig in diesem Zusammenhang. Deswegen heißt auch das Album „How To Let Go“. Ich weiß auch nicht, wie man am besten loslässt. Es ist auch ein Album, welches feststellt, dass man im Leben nicht immer Antworten auf die Fragen bekommt, die einem unter den Nägeln brennen. Das muss man akzeptieren. Nichtsdestotrotz versuche ich, so positiv wie möglich daraus herauszugehen. Ich mag es, Songs zu singen, die mit einem positiven Vibe ausgestattet sind. Ich mag es, raus auf die Bühne zu gehen und diese Songs dort mit dem Publikum zu teilen, weil sie direkt aus dem Herzen kommen. Natürlich sind das Dinge, die eine Heranwachsende in ihren Zwanzigern eben beschäftigen. Es geht ums Erwachsenwerden. Wenn man dann das Publikum sieht, wie es mitsingt und mitmacht, realisiert man noch ein bisschen mehr, dass wir alle mit den gleichen Dingen zu kämpfen haben.

subtext.at: Du hast dein Album eben erwähnt und das Thema des Loslassens. Welche Gründe gibt es denn, um umgekehrt an etwas festzuhalten?
Sigrid: Mhm. Gute Frage.

subtext.at: Als ich den Titel gelesen habe, dachte ich mir, wie er wohl umgekehrt heißen könnte. „How To Hold On“ kam mir in den Sinn.
Sigrid: Ja, oder „How To Let Not Give Up“. Ich denke, dass man einfach weitermachen muss, wenn die Dinge mal nicht so laufen, wie man sie gerne hätte. Nicht aufgeben, was immer die leichteste Option ist. Man sollte auch an Werten, die einem wichtig sind, festhalten.

subtext.at: Ziehst du da eine Linie, wenn die gemeinsamen Werte nicht mehr stimmen?
Sigrid: Unter anderem, ja. Natürlich kommt es immer auf die jeweilige Person an, weil wir ja doch alle verschieden sind. „Burning Bridges“ ist solch ein Song auf dem Album, der so etwas zum Thema macht. Das war’s. Ende (lacht). Man muss weiterziehen, was hart und schwierig sein kann, wenn man an gemeinsamen Erinnerungen hängt. „Dancer“ ist wiederum ein Song, der sich ums Hals-über-Kopf-Verliebtsein dreht.

subtext.at: Mit dieser Platte suchst du auch nach neuen Möglichkeiten, um dich soundtechnisch weiterzuentwickeln.
Sigrid: Ja, mit Sicherheit. Mein erstes Album, „Sucker Punch“, war von Synthie-Pop geprägt und von Scandi-Pop, wenn man es so nennen will. Dieses ist immer noch ein Pop-Album, aber denkt den Begriff viel weiter. Es greift den Sound von Britpop-Bands auf, den Sound von Alternative-Bands und Poprock-Bands, mit denen ich aufgewachsen bin. Coldplay zum Beispiel, die ich innig liebe und die immer meine Nummer 1 sein werden. Daneben aber auch Neil Young, Fleetwood Mac, ABBA, Elton John, Joni Mitchell, War On Drugs, Arctic Monkeys, The Killers, Two Doors Cinema Club… Ja, ich weiß, ich habe eine wahnsinnige Referenzliste (lacht). Die Produzenten, mit denen ich arbeite, ziehen mich wegen dem immer wieder auf.

subtext.at: Gab es irgendwelche eigenen Vorstellungen, von denen du dich während der Aufnahmen hast trennen müssen?
Sigrid: Bestimmt Selbstzweifel. „Mirror“ ist ein Song über dieses Gefühl. Ich denke, dass wir alle Tage haben, an denen wir zweifeln und unser Tun und Handeln in Frage stellen. Die Message des Songs ist, dass du deine Bedenken und deine Skepsis über Bord werfen kannst. Dann singen wir den Song gemeinsam beim Konzert und die Welt ist wieder in Ordnung (lächelt).

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