Ahoi! Pop: Oehl’scher Traum
Tag Zwei im Rahmen des Ahoi!-Pop-Wochenendes im Linzer Posthof lud mit einem der wohl besten heimischen Acts derzeit auf: Oehl. Aber auch die Supports durften überzeugen!
Zuallererst: Besuchertechnisch war das am Freitagabend ein Quantensprung im Linzer Posthof. Merkte man zwar nicht ausschließlich, aber gleich beim Eintreffen an der Bar, wo wohl pro Viertelstunde mehr Umsatz generiert wurde als am gesamten Vorabend. Kein Wunder, denn vier Acts warteten darauf entdeckt und/oder gefeiert zu werden. Den ersten Act Black Holes aus Prag, der den undankbaren 19:00-Slot bespielen durfte, haben wir arbeitsbedingt leider gleich mal verpasst. Deshalb stiegen wir mit der serbischen Dampfwalze von Koikoi ein. Mein serbokroatisch beschränkt sich auf genau Null Worte, aber wie man es schafft, bei diesem Abriss des Quartetts stillzustehen, entzieht sich meiner Kenntnis. Alternative Rock, Pop, Electro, eine Bühnenpräsenz wie die Großen, Ausflüge ins Publikums – und vor allem: Attitüde. Da „scheißt“ sich jemand nix auf der Bühne und überzieht schon mal den Slot, was im Posthof dann doch alles andere als selbstverständlich ist. Ein frühes Highlight!
Apropops Highlight: das kann und muss man auch über Aymz sagen, die danach die Bühne betrat. Die Salzburger*in machte zuvor als Amy Wald Musik, war da eher Busking-Affinen ein Begriff, und hat sich mit „Aymz“ neu erfunden. Und wie sie das tat: „Pyrolyse“ heißt die Platte, und tatsächlich dürfte Aymz Altlasten mehr als nur verbrannt haben. Eine gute Liveband mit bekannten Gesichtern, dazu mehr als nur einen Abstecher wert und der Beweis dafür, dass man wichtige Inhalte mehr als nur sympathisch on stage rüberbringen kann. Gerne wieder!
Oehl: unglaublich gut
Allerdings blieb uns danach die Spucke weg, als Ari Oehl samt Band die nächsten 75 MInuten nicht in ein Konzert, sondern in ein Ereignis verwandelte. „Keine Blumen“ heißt das zweite Album, das von Scheitern, Sterben, Lügen und Abgründen erzählt. Was nach Begräbnis klingt, ist aber eines der best arrangiertesten Konzerte, das wir je gesehen haben. Zwischen Selbstzweifel und musikalischen Ausbrüchen, Ausflügen in die Vergangenheit und einer Ausgefeiltheit, die einen nur noch sprachlos zurücklässt. Es ist offensichtlich, dass es Ari Oehl nicht immer leicht gehabt hat, und es auch vielleicht immer noch nicht leicht hat. Man nimmt ihm ab, dass das Werk da auf der Bühne einfach nur „seines“ ist, und spätestens bei der reduzierten Zugabe haben die BesucherInnen mit Sicherheit Gänsehaut verspürt. An alle Pop-Affinen: anschauen, anschauen, anschauen! Es lohnt sich.
Fazit: ein gelungener zweiter Ahoi! Pop-Abend, der mit einem der besten Konzerte des Jahres aufwarten konnte. Schöner Freitagabend!
Fotos: Christoph Leeb & Lisa Leeb