Foto: Andreas Wörister

Finales Stimmgewitter

Sag zum Abschied leise „Servus“ – wenn das auf eine Combo dieses Landes nicht zutrifft, dann auf das Stimmgewitter Augustin. Die luden am vergangenen Freitag zum vorletzten Konzert ihrer Laufbahn in die ehrwürdige KAPU.

Zugegeben: dass das Stimmgewitter Augustin bereits 23 Jahre auf dem musikalischen Buckel hatte, hätten wir so auch nicht vermutet gehabt an diesem Freitagabend in der KAPU in Linz. Zum vorletzten Konzert ihrer bewegten Karriere luden sie ein, samt Freund:innen und Wegbereitern wie 7 Sioux, die man in Linz wohl immer mit der KAPU in Verbindung bringen wird. Gegründet wurde das Stimmgewitter Augustin um die Jahrtausendwende als musikalische Verlängerung des Wiener „Augustins“, der Hauptstadtvariante der Kupfermuckn. Es folgten Kooperationen mit bekannten Protagonist:innen der heimischen Subkultur-Szene. Wie etwa Texta, dem glorreichen Kollegium Kalksburg, dem heimischen Barden Fuzzman, Hansi Lang und vielen, vielen mehr. Besetzungswechsel standen natürlich auch an der Tagesordnung, meist aus traurigem Anlass. Ist das Leben auf oder neben der Straße doch immer eines, das vor allem aus Gratwanderungen besteht. Eine Gratwanderung, der die verschiedensten Protagonist:innen auf und abseits der Bühne eine Stimme geben wollten und konnten.

Stimmgewitter & 7 Sioux: ein vorletztes Mal

Für den Abschied 2023 luden sie auch in die Linzer KAPU ein. Begleitet von den Wegbereitern 7 Sioux (ja, das ist die Band, wo Ex-Texta und KAPU-Platz-Namensgeber Huckey mal gedrummt hat) war es ein Abend zwischen Nostalgie, Wehmut, aber auch Rückblick. „Schmankerl der Schöpfung“ hieß die gemeinsame Platte, 2010 erschienen. „Die Reste gibts zum Schluss“ nennt sich das heuer erschienene letzte Werk. Einmal mehr mit illustren Gästen wie dem angesprochenen Fuzzman („Straßenhund“). Etwas Wehmut kommt schon auf, wenn die Übriggebliebenen zuerst Arbeiter:innenlieder zum besten geben, morbid bei „eascht wau ma hi san“ (mit Kollegium Kalksburg) werden, die Augustin’sche Version des Evergreens „Halt Dich an deiner Liebe fest“ performen oder gemeinsam mit 7 Sioux dann die Bühne rocken. „We Are Not The Scared People“ ist hier nicht nur das finale Statement eines Projektes, das zwei Jahrzehnte lang die Sub-Kultur im wahrsten Sinne des Wortes geprägt hat. Tanzbar, rockig, soziale Message – ein gutes Stimmgewitter, das da über die KAPU gezogen ist, wie auch der Applaus bewies.

Dementsprechend schwierig war es dann auch für First Fatal Kiss, danach noch auf der Stage stehen zu können, oder vielmehr zu müssen. Die Luft war irgendwo draußen, so kurz vor Mitternacht in der KAPU. Die existieren nämlich auch schon seit mehr als 20 Jahren, und haben ebenfalls etwas zu sagen. Queer, kitschig, dafür tanzbar und eine Band, die man als Blaupause vieler D.I.Y.-Girl-Bands sehen könnte. Ernst? Nehmen sie sich auf der Stage nicht immer, macht aber verdammt Spaß. Next time: eigene Show, oder?

Foto: Andreas Wörister

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.