Filmstill Franky Five Star
Foto: Crossing Europe

Franky Five Star

Franky – Anfang / Mitte zwanzig und noch keinen Plan vom Leben. Sie arbeitet in einem Getränkeladen und wohnt in einer heruntergekommenen WG mit einer Freundin. Wenn ihr mal wieder alles zuviel wird, zieht sie sich in ein Hotel in ihrem Kopf zurück, in der ihre verschiedensten Persönlichkeiten wohnen.

Das Hotel als Rückzugsort. Immer, wenn Franky überfordert ist – sei es auf einer Party oder auch mit ihrer Jugendliebe – verschwindet sie dorthin. Das passiert dabei aber nicht immer ganz freiwillig. Denn die vier alternativen „Frankys“ können sich über einen Fahrstuhl Zugang zur Kontrolle des Körpers von Franky verschaffen und nach ihrer eigenen Moral handeln. Ob es nun die vernünftige Frau Franke, die aufreizende Ella, der kommunistische Page Frank oder auch der ungefähr 10-jährige und aufgedrehte Lenny ist, alle haben sie ihre Eigenheiten. Wer nun einen Schritt weiterdenkt, kann die absurden Konstellationen und Handlungen schon erahnen, die auf einen zukommen.

Identitätsstörung oder Drehbuchschwäche?

Das Thema ist etabliert, die gut konzeptionierte Allegorie auch. Nach einer kurzen Stellungnahme der Regisseurin wird aber klar, dass es gar keine dissoziative Identitätsstörung war, die sie darstellen wollte. Lediglich das Hadern mit sich selbst und der eigenen Zukunft sollte Thema sein. Ist es auch. Aber die Übersetzung des Fahrstuhls für das Switchen der doch stark karikaturierten Charaktere ist so „gut“ gewählt, dass es ohne einen weiteren Gedanken um das Auftreten von multiplen Persönlichkeiten gehen muss. Diese Uneinigkeit ist leider bereits die erste Schwäche, die den Film trifft. Denn die zwanghafte Selbstidentifikation als romantische Komödie eröffnet einen Teufelskreis an Lächerlichkeit.

Der Humor des Films möchte dabei viel zu viel. Da muss noch ein unerklärbares Huhn, dort ein bescheidener One-Liner reingedrückt werden. Sowas funktioniert in Deutschland anscheinend immer wieder gut, aber von einem guten Drehbuch zeugt das nicht. Denn die Witze sind flach, Timings schlecht gesetzt und Figurenzusammenstellungen meist peinlich. Das ist auf einem Fremdschamniveau, wie es selbst ein Til Schweiger nicht besser könnte.

Generell tut sich das Drehbuch mit seinen Charakteren sehr schwer. Das fängt schon beim Establishing an, wo auf unagilste Weise klar gemacht wird, wo und wie sich Franky gerade in ihrem Leben befindet. Das ist nicht authentisch und viel mehr so, als würde man eine Figurenbeschreibung von J.R.R. Tolkien lesen anstelle einer echten Szenerie zuzusehen.

Spiel zur Schau und Regie mau.

Das Schauspiel holt dann leider auch nicht mehr viel raus. Nur vereinzelt lässt sich zumindest noch Talent in ein paar Szenen erkennen, wo die Darsteller:innen mal ran dürfen. Meistens aber wird alles gleich durch hineinforcierte Dialogstellen zunichte gemacht, anstatt dass man Leute mal überlegen oder außer Dialog reagieren lassen würde. Da gibt es von der Regie auf jeden Fall einiges an Luft nach oben. Zumindest in den größten Klischeeszenen hätte man sich gewitzte Erwartungsbrechungen überlegen können – z.B. wenn mal wieder eine sexuelle Aufladung durch ein klingelndes Handy unterbrochen wird. Aber nein. Das, was bei unanspruchsvollem Publikum erprobt ist, wird hier auch verkauft, was das Fremdscham-Level nur verstärkt.

Franky hat auch eine gute Persönlichkeit.

Es ist schon fast komisch, wie gut dann auf einmal die Kamera gemacht ist. Mit einer prächtigen Vintage-Farbpalette wird vor allem in den Hotelszenen so bewusst und präzise geblockt und herumnavigiert, dass sich regelrecht Begeisterung einstellt. Der Orange-Teal Farbkontrast wird mit ganz viel Liebe zum Handwerk eingesetzt, selbst Nachtszenen in der „realen Welt“ sind wunderschön ausgeleuchtet. Das entwickelt sich schon fast selbst zu einer ganz anderen Persönlichkeit gegenüber dem gesamten Rest.

Am Ende wär ich gern dabeigewesen.

Schlechtes Drehbuch hin oder her, am Ende war ich dann doch neidisch. Denn in einer tollen Szene, als die Hauptdarstellerin plötzlich kotzend aufs Klo stürmt, hätte ich mich gern dazugesellt. (Na, wurde die Er-brechung der Erwartung bemerkt?)


Filmstill aus Franky Five Star

Franky Five Star

Regie: Birgit Möller
Deutschland / Finnland 2023, color, 114 Minuten Deutsch / Finnisch, OmeU
mit Lena Urzendowsky, Cino Djavid, Cito Andresen, Gerti Drassl, Sven Hönig, Sophie Killer, Meryem Ebru Öz, Paul Pötsch

Patra Spanou Film


Crossing Europe 2023

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filmfestival linz
26 april – 01 mai 2023
www.crossingeurope.at

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Im Zweifel vor dem großen Screen oder hinter der Kamera.