Kinosaal beim Crossing Europe Filmfestival
Foto: Andreas Wörister

Ein Tag Crossing-Spaß

Für viele ist es eine ganz gewöhnliche Woche im April. Für mich sind es ein paar Tage, die ich schon Monate davor kaum erwarten kann. Für mich ist es heuer das dritte Mal, dass ich beim Crossing Europe Filmfestival dabei sein darf und erzähle hier von meinem Tag.

Meine Tage am Crossing haben ein grobes Grundrezept: Das Programm steht, die Plätze sind reserviert, und bestenfalls gibt es sogar einige kurze Pausen dazwischen. Bei sechs Tagen Festival und 20 Vorführungen sind solche nicht selbstverständlich. 

Doch das Crossing bedeutet nicht nur Film, sondern bedeutet auch die Menschen zu treffen, denen man sonst den Rest des Jahres nicht über den Weg läuft. Es wird über Film und Kultur philosophiert, oder gemütlich die letzten Sonnenstrahlen am OK-Platz genossen. Wenn ich an das Festival denke, habe ich nicht nur die Filme im Kopf, sondern einfach eine gemeinsame Begeisterung. Diese Begeisterung wirkt sich auch auf das Umfeld aus. Die ganze Welt außerhalb der Kinos wirkt plötzlich irgendwie fremd. Wenn man auch nur die Landstraße kreuzt, kommt es einem Kulturschock nahe. Den Menschen außerhalb dieser Kino-Blase zu begegnen ist schräg und surreal, weswegen man dem bestenfalls aus dem Weg geht. So entwickelt sich abgeschottet in den Sälen von Moviemento, City Kino und Central eine Subkultur mit eigenen Scherzen, Gesprächsthemen und Zeitgefühl. Wer noch weiß, welcher Tag es genau ist, ist nicht richtig am Festival.

Mein Tag am Crossing

Der Tag beginnt. Nicht allzu spät, weil die ersten Filme schon anlaufen, man für den nächsten Tag Tickets zu reservieren hat und den ein oder anderen Artikel fertigschreiben sollte. Aber auch nicht allzu früh, denn nach den letzten Vorstellungen des vorherigen Abends und einem gemütlichen Ausklingen mit den Kolleg*innen möchte man doch auch etwas Schlaf abbekommen.

Filmplan Crossing Europe

Die erste Vorstellung startet, alle sind gespannt und mehr oder weniger auf den Film vorbereitet. Für die meisten gilt: Je länger das Festival andauert, desto unvorbereiteter scheint man zu sein. Die Erwartungen auf den ersten Film sind hoch und in diesem Fall ist man etwas (oder in manchen Fällen auch sehr stark) davon enttäuscht. Doch so gut wie die Abendvorstellung vom Vortag konnte dieser Film auch nicht werden. Da wir eine ganze Subtext-Gruppe sind, die sich diesen Film angesehen haben, wird danach heftig diskutiert. Sei es nun über den Look, den Schnitt, die Kompositionen oder das Drehbuch. Es ist immer interessant und oftmals auch wirklich lustig, wenn so viele Meinungen hin und her geworfen werden.

Zwischen Blockbuster und Nickerchen

Nach etwas Pause, etwas diskutieren und ein paar produktiven Minuten geht es weiter in den nächsten Saal zur nächsten Projektion. Es ist schon im Vorhinein klar, dass es an diesem Tag ein gut durchmischtes Chaos an Stilen, Genres und Stimmungen werden wird. Begonnen mit einem Drama, das auch Menschen gefallen könnte, die nur selten oder noch weniger in Programmkinos vorzufinden sind, geht es weiter mit einem Film, den man mit gutem Gewissen als Art-House bezeichnen kann. Lange Einstellungen, keine Musik und interessante Kompositionen. Für mich persönlich ein sehr guter Film, jedoch auch ein solcher, bei dem zu wenig Schlaf nicht sonderlich förderlich wirkt. Eine weitere ungeschriebene Regel, bei der nur wenige Ausnahmen diese bestätigen: Wer nicht in zumindest einer Vorstellung kurz wegnickt, war nicht wirklich am Crossing.

Der volle OK Platz beim Crossing Europe Filmfestival

Als eine Gruppe von vier geht es für uns weiter auf die Jagd nach einem frischen Kaffee (oder einem kühlen Makava) und etwas zu essen. Abermals haben wir etwas Zeit gefunden, um die Festivalstimmung außerhalb der Kinos zu genießen. Nicht lange und es geht auch schon in die nächste Vorstellung.

Wie schon erwähnt ist es meist eine wilde Mischung, was auch die letzten drei Programmpunkte des Tages zeigen. Als nächsten Film steht eine italienische Komödie am Plan. Ab einem gewissen Punkt habe ich diesen etwas langweilig empfunden, aber manche Stellen sind doch auch recht lustig. Im Großen und Ganzen eine gewisse Auflockerung zum großteils doch etwas trüben Programm. Denn nicht ohne Grund sagt man dem Crossing Europe eine thematisch bedrückende Filmauswahl nach. Trotz des Vorurteils ist das heurige Programm mit relativ viel leichter Kost ausgestattet. Filme die einem zum Lachen bringen können oder zumindest ein möglichst unangespanntes Gefühl hinterlassen, wenn man den Saal verlässt. Die eben genannte Produktion aus Italien ist eine dieser Auflockerungsversuche. 

Von hier nach da und wieder zurück

Danach geht es erstmal in eine der Local-Artists-Vorführungen. Eine Auswahl an Kurzfilmen von Filmemachern aus der Gegend. Immer eine ganz… interessante Erfahrung. Im Nachhinein bleibt meist nur die Überlegung, warum man sich jedes Jahr wieder in einer dieser Vorstellungen sitzt. Nicht nur sind es oftmals mit wenig Budget produzierte Filme, denen man es leider ansieht, sondern auch wie heuer, teilweise recht experimentell. Eine Mischung aus Filmen mit gewissem Überraschungpotenzial, könnte man sagen.

Angeliki Papoulia
Tribute-Gast Angeliki Papoulia

Der letzte Film des Tages ist ein Spielfilm mit der heurigen Tribute-Künstlerin Angeliki Papoulia. Ebenfalls ein spannender Film. Er ist wie erwartet etwas schräg und hat absurden Humor, wird aber dennoch für gute Unterhaltung befunden. Die einen begeistert, die anderen etwas verstört, verlassen wir den Saal. Nach einem kurzen Zusammentreffen im Büro mit dem Rest des Teams ist für uns auch schon Zeit sich auf den Nachhauseweg zu machen. Am nächsten Tag wollen wir voller Elan in die nächsten Filme starten können.

An einem Tag sind es fünf Filme, aufgeteilt auf etwas mehr als 12 Stunden, in drei unterschiedlichen Kinos – eine Höchstleistung muss ich gestehen. Im Durchschnitt sind es 3 Filme am Tag. Das funktioniert auch nur auf einem Festival. In diesen sechs Tagen wird mir nicht vorgeworfen, wie viele Stunden ich vor der Leinwand sitze. In diesen sechs Tagen wird diskutiert was das Zeug hält und es darf auch einmal über einen Film geschimpft werden. Es sind sechs Tage, wo man den Nerd heraushängen lassen darf. Es sind sechs Tage, an denen man in eine andere Welt eintaucht und so sein darf, wie man ist.

You Better Not Pretend …

Und manchmal kann man dann auch nicht ganz davon ablassen, ist inspiriert und befindet sich plötzlich (untypischerweise und eventuell nicht 100% freiwillig) vor der Kamera, um sich den Anweisungen zu fügen. Das Resultat ist hier zu sehen – viel Spaß dabei.

Fabian Schwarzinger, Oskar Fleischanderl

Crossing Europe 2023

Crossing Europe Logo

filmfestival linz // 26 april – 01 mai 2023
www.crossingeurope.at

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Kreativ offenes Köpfchen, kaum ohne Kamera und Notizbuch vorzufinden.