© Martina Stapf

Salto Vitale im Odeon Theater

Eine Wiederaufführung einer Vorstellung, die es so nie gab? Im Odeon Theater fanden am 8. und 9. Mai 2023 die letzten beiden Inszenierungen von „Salto Vitale” statt, die gespeist aus Selbstzitaten und Erinnerungen von Ensemble und ehemaligen Publikumsbesuchern neu zum Leben erweckt werden und Traum und Wirklichkeit in anregende Relation setzen.

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Darf man seinem Erinnerungsvermögen blind vertrauen oder sind unsere Rückschauen eher trügerisch? Dieses Szenario stellt dieses Stück in den zentralen Mittelpunkt. Wie im echten Leben, wenn wir Dinge vergessen und unser Gehirn diese Lücken automatisch rekonstruiert und füllt, speist sich „Salto Vitale” aus vielen unterschiedlichen Wahrnehmungen. Der Vorgang geht jedenfalls auf und das Ensemble Serapion, welches bei dieser Produktion gemeinsam tätig ist, sorgt dafür, dass diese Rückschau nonkonform und mit allerlei diversen Eindrücken zurück ins Gedächtnis des Publikums gebracht wird. „Salto Vitale” steht demnach auch für eine Verkörperung des Theaters als Kunstform selbst.

Die Mitwirkenden, zuerst alle zusammen und dann auch jeder für sich, manövrieren sich in eine Art Fiebertraum hinein. Sind es Seelen, die im Äther umherwandeln und nicht wissen, wohin? Gibt es noch Aufgaben, die erledigt werden müssen, bevor sie ins Jenseits gehen dürfen? Ein Entkommen scheint jedenfalls nicht in Sicht, doch zum Glück wird man eines Besseren belehrt.

Selbstzitate und Erinnerungen

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Stereotypische Charaktere durchleben hier Gottlob eine Wandlung wie der Boxer, dargestellt von Tony Rey García, der erst selbstbewusst, dann ziemlich gehemmt und verloren auf der Bühne stampft. Oder die Schwestern Mercedes Miriam und Miriam Mercedes Vargas, die ihr kindlich-naives Spiel als Primaballerina anlegen oder als juvenile Puppengestalt in doppelter Hinsicht und mit Euphorie und Dysphorie verzaubern wie verstören. Zwischen Fließbändern und Schneefällen gibt es Kostüm, Stoff- und Musikwechsel, die traditionell erhellend oder düster dystopisch die Szenerie untermalen. Himmel oder Hölle für die Protagonisten? Man weiß es nicht.

Aus einem 50-jährigen Fundus darf sich „Salto Vitale”, unter der Ägide von Regisseur Max Kaufmann, bedienen. So lange besteht das Serapionstheater schon. Dem Wunsch, Vergangenes zurück auf die Bühne zu holen, wird hiermit also teilweise Tribut gezollt. Wenn am Ende, nach Tango, nach skurrilen Zerwürfnissen und friedlichen Momenten des Zusammenfindens, sich alle Charaktere gemeinsam in einer Art Flughafen-Szene wieder vereinen und sprichwörtlich als Kollektiv in die Luft abheben, hat sich dieser Überschlag aus der Vergangenheit in die Gegenwart mehr als ausgezahlt.

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