Reconstructing Pinocchio
Wiedersehen mit Geppetto’s Sprössling aus Holz: Bei den Wiener Festwochen wird Pinocchio im Wiener Volkstheater wieder lebendig, um uns an die Vergänglichkeit unseres Daseins zu erinnern. Regisseurin Wu Tsang bringt den Jungen, der im Original nichts lieber als ein richtiger Mensch werden will, modernisiert auf die Bühne.
1881 erdachte der italienische Schriftsteller Carlo Collodi die Figur, die heute weiterhin fasziniert und vor allem Kinderaugen strahlen lässt. Tsang und das diverse Ensemble Moved By The Motion richten den Blick in siebzig Minuten vor allem auf den Ursprung dieser besonderen Geschichte hin. Welche Bedeutung hat es, aus einem Baum heraus in die Welt geboren zu werden? Von wem nehmen wir Ratschläge an? Sollten wir in bestimmten Situationen lieber auf unser Bauchgefühl hören? Und nehmen wir Übernatürliches eigentlich als gegeben hin, wenn es mit dem Irdischen auf sonderbare Weise korreliert?
Müsste man diese Inszenierung aus kindlicher Perspektive in nur einem Wort beschreiben, wäre Empathie wohl die richtige Bezeichnung. So darf sich Pinnochio nach seiner Geburt in Themen einfinden, die uns alle beschäftigen: Familie, Freundschaft, Freude und Verlust, die Selbstständigkeit, das Älterwerden und der Tod. Eine energische Amsel, die stets die Welt aus der Vogelperspektive wahrnimmt, und eine glitzernde, sich langsam bewegende und bedächtige Schnecke stehen ihm dabei mit Rat und Tat erfinderisch zur Seite. Tanz und Poesie, Schauspiel und Animation ergeben hier ein homogenes Bild, welches oberflächlich betrachtet nicht nachdrücklich in die Tiefe geht. Die an sich komplizierte Vater-Sohn-Konstellation wird beispielsweise ziemlich leichtfüßig aufgebröselt. Unterhaltsam und kurzweilig dargestellt, entsteht der Zauber und die Faszination in diesem Stück in Pinocchio’s und unserer eigenen Phantasie dennoch. Manchmal geschehen eben doch Wunder.
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