Filmstill von Was bleibt - Journalistinnen im Krisengebiet
Foto: Crossing Europe

Dort ist es gefährlich

Fotos von Schlachtfeldern, umkämpften Städten, Interviews mit Überlebenden, diese Bilder von Krisen und Kriegen bekommen wir gemütlich auf die Bildschirme oder in die Zeitungen geliefert. Doch was steckt dahinter und wer sind die Menschen, die sich für Berichterstattung in Lebensgefahr begeben. 

Lotta Pommerien holte drei Frauen vor die Kamera, die normalerweise selbst dahinterstehen. Drei Journalistinnen aus jeweils einem oder mehreren Krisengebieten. Juliane ist freie Videojournalistin und berichtet aus Belarus und der Ukraine. Sie wird in dem Dokumentationsfilm bei einer Reise in die Ukraine begleitet. Wie wird so eine gefährliche Reise vorbereitet? Was sind die Geschichten, die erzählt werden sollen und welche kommen dann noch dazu?  Ihr Film „Wer, wenn nicht wir? Der Kampf für Demokratie in Belarus“ wird auch bei Crossing Europe gezeigt.

Simone arbeitet seit Jahren in afrikanischen Krisengebieten. Sie lebt in Uganda, mittlerweile mit Familie. Im Film wird sie bei Gesprächen mit Rebellenführern und Militärs begleitet und erzählt von ihrer oft gefährlichen Vergangenheit. Silke arbeitet für den deutschen Radiosender ARD und berichtet aus vielen asiatischen Krisengebieten. Während sie ihre Reise nach Afghanistan vorbereitet, beschreibt sie das Leben als Journalistin in unsicheren Gebieten. Nicht nur verlangt diese Arbeit ein unglaubliches Engagement und psychische Belastbarkeit, sondern auch eine oder besser keine Work-Life-Balance. Alle drei Frauen riskieren immer wieder ihr Leben, um Menschen eine Stimme zugeben, die in all dem Chaos überhört werden.

Wer sagt die Wahrheit

Foto: Crossing Europe

Der Film „Was bleibt – Journalistinnen in Krisenregionen“ stellt drei Frauen im Licht ihrer Arbeit dar. Lotta Pommerien begleitet sie bei ihren Reisen, der Höhen und Tiefen. Durch das ständige Wechseln zwischen den drei Journalistinnen bleibt der Film kurzweilig und interessant. Auch wenn die Geschichten der drei alleine schon reichen, um immer wieder erstaunt auszuatmen, reichern die vielen Bilder vor Ort die Doku zusätzlich an. Es wird verständlich aufgearbeitet, wie viele Gebiete jede Frau abdeckt und was für ein unglaubliches Wissen benötigt wird, um den Überblick zu behalten. Vor allem Krisen und Kriege sind von sich aus schon komplex und undurchschaubar, aber dazu kommt noch die Frage nach der Wahrheit. Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst, darum ist ein Kampf, je nachdem wen man fragt, eine Befreiung oder ein Anschlag. Um nur einige der Schwierigkeiten dieser Arbeitswelt zu nennen.

Übersehen

Das Frausein ist in diesem Berufszweig ein zweischneidiges Schwert. Einerseits wird einem vieles nicht zugetraut, und bei der Sicherheitsfrage stellen sich schneller alle quer. Andererseits ist es für Frauen leichter, auch mit Frauen zu sprechen. Gerade in Ländern wie Afghanistan dürften die dortigen Frauen gar nicht mit männlichen Journalisten kontakt haben. Zusätzlich kann es auch ein Vorteil sein, von seinem Gegenüber unterschätzt zu werden. Da wird dann oft freier und mehr gesprochen. 
Silke zeigt ihre Burka, die sie für ihre Reise nach Afghanistan mitnimmt. Sie meint, das einzig Gute daran ist, dass sie versteckt sei und nicht als Europäerin auffalle. Unabsichtlich Inkognito sozusagen. 

Zurückkommen

Eines der vielleicht größten Opfer dieses Jobs ist die eigene Psyche. Vor Ort sein, alles sehen, die Zerstörung, die Tränen, das Leid, den Tod und dann nach Hause fahren und objektiv einen Bericht abliefern. Das geht nicht einfach so an einem vorbei. Die drei Frauen ließen in einen sehr persönlichen Teil dieser Arbeit schauen. Lotta Pommerien sagte im Filmgespräch, es sei gar nicht so leicht gewesen, Menschen zu finden, die ihre Verletzlichkeit so zeigen wollten. Journalist*innen fahren hin und müssen sich alles genau anschauen, verstehen und zuhören, dann bearbeiten und am Ende mühsam verarbeiten. Da kommen einem die sicheren vier Wände absurd vor und man denkt an die Menschen, die nicht wegkönnen.

Fazit

Der Dokumentarfilm zeigt eine Welt, in der Gefahr und Stress den Alltag bestimmen. Für Aufklärung und Informationen ins Gefängnis gehen oder verfolgt zu werden hat für die Journalistinnen im Film dazugehört. Man spürt die Stärke und Tapferkeit und denkt sich seinen Teil selber dazu. Der Film ist ein sehr sehenswerter Beitrag zum Verständnis von Informationsverbreitung und dem Leben der Menschen dahinter. Gerade nach dem erfolgreichen Film „Civil War“ mit Kirsten Dunst ist es interessant, wie das reale Pendant dazu ausschauen könnte.

Eine kürzere Fassung der Dokumentation „Was bleibt – Journalistinnen in Krisenregionen“ war bereits im SWR zu sehen

Der Film wird nochmal am 04.05.2024 um 14:00 im Central gezeigt.


Was bleibt - Journalistinnen in Krisenregionen

Was bleibt – Journalistinnen in Krisenregionen

Regie: Lotta Pommerien

79 Minuten
OmeU, Deutsch / Englisch / Französisch / Ukrainisch 
Deutschland 2023


Crossing Europe 2024

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filmfestival linz
30 april – 05 mai 2024
www.crossingeurope.at

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Für den Kopf im Labor, für die Seele am Schreiben. Wenn ich über ein gutes Buch rede, einfach unterbrechen. Das könnte sonst lang dauern.