Nordisk Panorama Sujet
Foto: Nordisk Panorama

Darf ich vorstellen? Nordisk Panorama Malmö

Nicht nur in Österreich lassen sich Filmfestival finden, auch in Schweden kommen Menschen zusammen, um gemeinsam in den Kinos den Film zu feiern. Das Nordisk Panorama ist das Festival für den nordischen Kurz- und Dokumentarfilm und lässt in Welten eintauchen, die oft weit außerhalb des Nordens liegen.

Hej och vänliga hälsningar från Sverige und vom Nordisk Panorama, dem Filmfestival für den nordischen Film in Malmö. Jedes Jahr im September versammelt sich die nordische Filmindustrie aus Schweden, Dänemark, Norwegen, Finnland und Island, um die aktuellen Kurz- und Dokumentarfilme zu präsentieren. Seit 1990 ist Ziel des Festivals, dem Publikum, Filmschaffenden, Produzent*innen und Co. einen Raum zum Start neuer Projekte zu bieten. Seit 2013 findet das Festival, welches davor abwechselnd in unterschiedlichen Städten der produzierenden Länder Platz fand, in Malmö statt. Unter der diesjährig erstmaligen Leitung von Heidi Elise Christensen zeigten das Kino Panora sowie das Kino Spegeln die Neuerscheinungen des vergangenen Jahres. Das weitere Rahmenprogramm ist auf unterschiedliche Locations in ganz Malmö aufgeteilt. Darunter fallen verschiedene Veranstaltungen mit einem ausgiebigen Programm, welche von Vorträgen über Talks bis zu Seminaren für Industrie und Publikum in ganz Malmö reichen.

Ein gelungener Start

Opening
Foto: nordiskpanorama.com

Am Donnerstag, dem 19. September 2024, wurde das Nordisk Panorama feierlich eröffnet. Mit Sektempfang und einem Goodie-Bag mit Getränken und Snacks für alle Gäste startete das Festival offiziell in die 35. Runde. Eingeladen waren verschiedene Vertreter*innen von Presse und Filmproduktion als auch die Mitwirkenden des Festivals. Sympathisch und freundlich hat die etwa 360.000 Einwohner*innen Stadt in Schweden das internationale Publikum begrüßt. Im großen Saal des Kinos Panora wurden die einzelnen Kategorien, deren Preise, die Jurymitglieder, das Festival und dessen Team vorgestellt. Im Anschluss wurden, um das diesjährige Programm kurz vorzustellen, stellvertretend für das Gesamtprogramm ein Kurzfilm sowie eine Dokumentation gezeigt. Beide dieser Filme waren ineinander thematisch als auch visuell stimmig. Sie haben einen guten Einblick dessen geboten, was das Publikum in den nächsten Tagen erwarten würde.

Filmstill aus Maybe Elephants
Maybe Elephants, Foto: nordiskpanorama.com

Als Kurzfilm wurde die norwegisch-kanadische Animation „Maybe Elephants“ von Torill Kove gezeigt. Das autobiografische Familien-Drama rund um den Umzug und dem Leben einer Familie mit drei Teenage-Töchtern in Nairobi zeigt mit kreativen und wunderschönen Zeichnungen, welche Kraft Erinnerungen haben können, auch wenn auf diese nur selten Verlass ist.

Repräsentativ für die Dokumentationen des Festivals steht „Echo of You“ von Zara Zerny. Der dänische Film zeichnet ein Porträt von neun Personen in ihren 80ern und 90ern. Es ist eine Hommage an das Leben, die Liebe, den Verlust und die Erinnerung. Der Film überzeugt einerseits durch die atemberaubende Ästhetik und durch die berührenden Geschichten und die Offenheit der Mitwirkenden.

Der Abend wurde durch den gemeinsamen Zug in die offizielle Festivalbar Brogatan gebührend abgeschlossen. Im schwungvollen Marsch bringt ein Musik-Ensemble – jenes, welches auch den Festival-Trailer musikalisch gestaltete – die Gäste zu der Post-Opening-Feierlichkeit. Diese Gelegenheit haben wohl manche genutzt, um sich international mit den unterschiedlichsten Vertreter*innen im nordischen Film zu vernetzen. Nicht nur die Besucher*innen, sondern auch die Mitarbeitenden des Festivals, sind aus ganz Europa gekommen, um Teil der Veranstaltung sein zu können. Die meisten des Teams sind als Freiwillige am Festival engagiert.

Das Wettrennen

Wie bei so vielen gibt es auch bei diesem Festival etwas zu gewinnen. Insgesamt wurden sechs Preise verliehen: Best Nordic Documentary, Best Nordic Short Film, New Nordic Voice, Young Nordic, der Audience Award der Stadt Malmö sowie der Nordic Documentary Producer Award. Die diesjährigen Gewinner*innen bieten eine thematische Bandbreite und spielen sich stark im autobiografischen Sektor ab.

Gewinner in der Kategorie Best Nordic Documentary ist Mohamed Jabaly. In seinem Film „Life is Beautiful“ erzählt er seine Geschichte, welche zwischen Palästina und Norwegen von bürokratischen Hürden und dem Filmemachen handelt. Über sieben Jahre hinweg filmt Jabaly sein Leben. Er will alles dokumentieren, um zu zeigen, wohin ihn seine Reise bringen wird, obwohl er vieles noch kaum erahnen kann, was er noch erleben wird. Aus der Fülle dieses Materials kreiert er einen sehr persönlichen, sympathischen und berührenden Film.

Filmstill aus The Lovers
The Lovers, Foto: nordiskpanorama.com

Best Nordic Short Film darf sich der Film „The Lovers“ von Carolina Sandvik nennen. Eine lustig-schräge und in einer gewissen Art auch bedrückende Stop-Motion-Produktion rund um zwei Figuren in einer ganz besonderen Darstellung von Liebe und dem Ende einer Beziehung. Der Film ist eine ganz einzigartige Interpretation und Umsetzung vom Umstand des sich voneinander Entfremden.

Eine weitere, ganz besondere Auszeichnung, wird im Rahmen des Nordic Documentary Producer Award verliehen. Dieses Jahr wurde der Dänin Sara Stockmann diese Ehre zuteil. Die Produzentin ist seit 2005 tätig und hat bereits 30 Dokumentarfilme, darunter „Armadillo“ (2010) oder „Bobbi Jene“ (2017), erarbeitet. Nominiert wurde sie für ihren Fokus auf künstlerische Arbeiten, für ihren Glauben an „weird movies“ und ihren Einsatz für Regisseur*innen.

Jungen Stimmen eine Bühne bieten

Die Kategorie der New Nordic Voice bietet vielversprechenden nordischen Filmemacher*innen eine Bühne. Ausgezeichnet werden frische Arbeiten und junge Talente. Die diesjährige Gewinnerin ist die schwedische Künstlerin Camilla Jämting. In der Kurzdokumentation „Project Dad“ beschreibt sie ihren Vater und die Beziehung zu ihm. Durch die gegensätzlichen Einstellungen von Elternteil und Kind, gibt sie die Frustration und Herausforderung wider, die es heutzutage mit sich bringt, wenn man sich als Feministin versteht.

Ein einzigartiger Preis wird in der Kategorie Young Nordic verliehen. Die Filme dieser Gruppe werden von den Jüngsten im Publikum bewertet und ausgezeichnet – die bekanntlich kritischsten Stimmen. Dieser Preis wurde dieses Jahr an Marianne Olsen Ulrichsen und ihren Kurz-Spielfilm „Warrior Heart“ verliehen. In dem Coming-of-Age-Drama begleitet das Publikum die 12-jährige Vilja. Zwischen Schule, Wrestling-Training und den Schwierigkeiten der Trennung ihrer Eltern, haben viele Themen Platz gefunden, die die Jugendliche tagtäglich beschäftigen.

Auf zu neuen Horizonten

Zum ersten Mal Teil eines fremden Filmfestivals zu sein, kann durchaus aufregend und herausfordernd sein. Zum ersten Mal als internationaler Journalist Teil des Festivals zu sein, umso mehr: eine fremde Sprache, eine womöglich andere Kultur, ungewohnte Kinos und eine Stadt, welche nicht oder nur wenig bekannt ist – all das kann sich zu Herausforderungen entwickeln. Die Fragen und Sorgen in diese Richtung sollten sich in Malmö jedoch nicht bestätigt finden.

Das Nordisk Panorama ist ein Festival, welches ich als offen, freundlich, neugierig und unkompliziert kennenlernen durfte. Obwohl, oder vielleicht gerade deswegen, es sich in gewisser Weise um eine Nischen-Veranstaltung handelt, ist man auch aus Österreich und ganz Europa herzlich eingeladen an den zahlreichen Filmen und Programmpunkten teilzunehmen. Sollten man dabei Probleme, Sorgen oder Fragen haben, hat immer jemand ein offenes Ohr für dich und kommt dir mit einem Lächeln entgegen.

Im Vergleich zu bereits bekannten und vielbesuchten Festivals in den letzten Jahren gibt es wohl ein paar Punkte, welche verbessert werden könnten. Doch auch andere Festivals können sich von den Organisator*innen in Malmö in manchen Punkten eine Scheibe abschneiden. Alles in allem ein tolles Festival, das ich wärmstens an alle jene empfehlen kann, die von Dokumentationen, nordischem Film und/oder Kurzfilmen überzeugt sind. Jedoch auch wer Interesse am Ablauf einer Filmproduktion, von der Organisation bis zur finalen Premiere, hat, sollte sich dieses Festival und dessen Rahmenprogramm im Hinterkopf behalten.



Nordisk Panorama – Film Festival

19. – 24. September 2024

nordiskpanorama.com

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Nordisk Panorama 2024

Kreativ offenes Köpfchen, kaum ohne Kamera und Notizbuch vorzufinden.