Jekyll & Hyde
Foto: Barbara Pálffy

Flecken auf Blusen und andere Bedenken

In „Jekyll & Hyde & alle ängstlichen Bedenken“ wird Robert Louis Stevensons klassische Erzählung von Gut und Böse in einer neuen Inszenierung aufgegriffen. Das Stück zeigt uns endlich, wie man richtig Böse ist und entlockt dem Publikum den ein oder anderen Lacher. Die Handlung bleibt jedoch stellenweise undurchschaubar.

Das Stück begann direkt mit einem dichten Wechselspiel aus Dialogen und im Chor gesprochenen Uneinigkeiten, die die Zerrissenheit von Dr. Jekyll und Mr. Hyde darstellen sollten. Diese Dualität, auf zwei Personen verteilt, schuf eine interessante Dynamik. Doch schon nach kurzer Zeit fiel auf, dass es nicht ganz einfach war, dem Geschehen zu folgen, wenn man die Geschichte um Jekyll und Hyde nicht gut genug kannte. Die Inszenierung ging wohl davon aus, dass das Publikum die Hintergründe und moralischen Fragen der Vorlage bereits kennt.

Borkenkäfer im Baum der Weisheit

Trotz der kurzen Dauer des Stücks (was durchaus angenehm war) wirkte die Handlung fragmentiert, als ob man sich zu sehr auf die Form der Darstellung konzentriert hatte, statt die Geschichte selbst klar zu erzählen. Die Entscheidung, den „Zwei-Personen-Chor“ als Stilmittel einzusetzen, war zwar originell, führte jedoch dazu, dass das Stück an einigen Stellen schwer greifbar wurde. Gerade wenn die beiden Darsteller*innen sich gegenseitig abwechselten und die Grenzen zwischen Jekyll und Hyde verschwammen, konnte man leicht den Überblick verlieren.

Eingewachsener Zehennagel im Fuß der Tapferkeit

Was jedoch funktionierte, war der subtile Humor, der an vielen Stellen eingestreut wurde. Die Momente, in denen Hyde mit der steifen Gesellschaft kollidierte oder Jekyll verzweifelt in seinem Labor agierte, sorgten für einige Lacher. Dieser Humor lockerte das Stück auf und machte es zugänglicher, ohne dabei die düstere Grundstimmung zu verlieren. Die inneren Kämpfe zwischen Gut und Böse, das Spiel mit der eigenen Moral – wurden zwar angesprochen, aber Tote wurden nicht ausgegraben. Man merkte, dass die Inszenierung mit großen philosophischen Fragen spielte, doch oft blieben diese Fragen in der Luft hängen wie der Nebel der Maschine, der irgendwann im Theatersaal stand.

Wadenkrampf im Muskel der Gerechtigkeit

Die Darbietung setzte stark auf Vorwissen, und ohne dieses Wissen konnte man sich leicht fragen, warum bestimmte Entscheidungen getroffen wurden oder worauf die Inszenierung hinauswollte. Am Ende des Abends blieb ein gemischtes Gefühl. „Jekyll & Hyde & alle ängstlichen Bedenken“ war sicherlich kein schlechtes Stück, doch richtig gut daran werde ich mich nach drei Monaten nicht mehr erinnern. Wer mit der Originalgeschichte vertraut ist und Lust auf eine spielerische Interpretation hat, wird sicherlich Freude daran finden.

Details zum Stück & Tickets: drachengasse.at