Schiss auf die Etikette
LOST (DU WEISST WIESO) von Olivia Axel Scheucher ist der Aufschrei der Gen-Z zum Klimawandel. Mit der Uraufführung gelang es, ein Werk auf die Bühne zu bringen, das sich sowohl inhaltlich als auch sprachstilistisch über Theaterkonventionen hinwegsetzt. We were craving some climate change-criticism and Kosmos Theater made some from scratch.
Im Zentrum des Geschehens steht ein doppelter Verlust – der Verlust einer Großmutter und der Verlust des Häuschens, in dem sie mal lebte, durch eine Naturkatastrophe. Während das Dorf mit dem Wiederaufbau beschäftigt ist und Schutzmauern gegen weitere Schlammlawinen errichtet, verschwenden wir unsere Zeit mit Lipsyncing zu Christina Aguilera.
Get ready with me to unpack my generational trauma
Interessant ist in dieser Inszenierung besonders die Sprache. Der Text springt zwischen Deutsch und Englisch hin und her, was wohl den internationalen Charakter der Thematiken unterstreichen will, aber doch teilweise irritiert. Mehr als dankbar konnte das Publikum aber die wiederkehrenden Elemente der Gen-Z-Sprache annehmen. Bekannte Floskeln gaben den Dialogen nicht nur eine gewisse Leichtigkeit und Ironie, sondern verstärken auch den Eindruck, dass die Charaktere selbst auf der Suche nach Orientierung in einer zunehmend chaotischen Welt sind. Die Ausdrucksweise spiegelt eine Unsicherheit und einen allgemeinen Weltschmerz wieder, der so unbedeutend zu sein scheint in einer Welt, in der wir immer wieder nur mit den Highlights auf Instagram konfrontiert werden.
Ignore limit for today
Das Ensemble besteht größtenteils aus jungen Talenten, die nicht nur durch ihre schauspielerischen Leistungen, sondern auch durch ihre spürbare Leidenschaft und frische Energie beeindrucken. Besonders herausragend sind Lara Sienczak und Luca Bonamore, die durch ihre Authentizität und katastrophale Leichtigkeit am Spiel bestechen.
We just wanna exist in a context
Der Verlust der Großmutter wird im Stück zum Symbol für eine ganze Lebenswelt, die von den Auswirkungen der Klimakrise verschüttet wird. Eine Mure, die das Haus der Verstorbenen unter sich begräbt, ist nicht nur eine Naturkatastrophe, sondern steht sinnbildlich für die unumkehrbaren Veränderungen, die die Klimakrise in unser Leben bringt. Es ist keine Frage mehr, ob diese Katastrophen eintreten werden – sie sind bereits Realität. Doch wie gehen wir damit um? Das Leben in der Stadt macht auch nur Sinn, wenn man weiß, bei Oma am Land kommt der Frühling jedes Jahr wieder. Aber wie lange wird er das noch tun?
Not demure but mindful
„LOST (DU WEISST WIESO)“ ist ein toller Saisonauftakt, perfekt getimed mit den aktuellen Vorkommnissen des Hochwassers in Niederösterreich. Es ist eine Produktion, die zeigt, wie Theater als Spiegel der Gesellschaft funktionieren kann. Endlich ein Werk, das in seiner Botschaft und Sprache den Nerv der Zeit trifft und uns eindringlich vor Augen führt, dass wir uns den Herausforderungen der Gegenwart stellen müssen – auch wenn wir uns einfach nur verloren fühlen. Noch bis Anfang Oktober könnt auch ihr euch im Kosmos verlieren.