Ensemble
© Herwig Prammer

Wonderland

Das erste Musical der Spielzeit 24/25 im Landestheater Linz ist „inspiriert und nicht ganz genau nach den Büchern von Lewis Carol“. Wir durften die neue Alice ins Wonderland begleiten und auf alte Bekannte in einer neu gedachten Geschichte treffen.

Alice im Wunderland ist eines der bekanntesten, meist zitierten und revolutionärsten Kinderbücher der Welt. Lewis Carol hat mit seinen Geschichten Forschende, Dichter:innen, Musiker:innen, und Maler:innen regelrecht beflügelt. Über 60 Verfilmungen (die bekannteste von Disney von 1951), Musicals, darunter sogar ein Pornomusical, Songs (z.b. Lucy with Diamonds in the Sky) und sogar psychologische Syndrome wurden von Alice inspiriert. Lewis Carol hat seinerzeit das Buch für ein befreundetes Mädchen namens Alice „in Erinnerung an einen Sommertag“ geschrieben. Dieses kam aufgrund des Nonsens statt des damals üblichen, belehrenden Tons sehr gut bei Familien und vor allem Kindern an. Gleichzeitig geht es um tiefgehende Themen wie die eigene Identität. Vor allem im zweiten Band „Through the Looking Glass“ behandelt Lewis Carol die philosophischen Themen noch stärker sowie Gedankenexperimente zu Zeit und Raum.

Die Handlung des Musicals Wonderland

© Herwig Prammer

Die Geschichte wurde ins 21. Jahrhundert transportiert und die Protagonistin Alice kämpft mit Ehe, Mutterschaft und Karriere. Während eines Abends im Büro schläft sie erschöpft ein und findet sich im Wunderland wieder. Hier begegnet sie allerlei exzentrischer Figuren, die Personen in ihrem Leben ähneln. So trifft sie beispielsweise auf die verrückte Hutmacherin, die ihrer Konkurrentin im Job ähnlich sieht, oder dem weißen Ritter, den man mit ihrem Mann Jack verwechseln könnte. Natürlich kommen auch die weise Raupe, die Grinsekatze El Gato und die Herrscherin des Wunderlands, die Herzkönigin, vor. Alice sieht auch immer wieder ein kleines Kind, das den Stoffhasen ihrer Tochter herumträgt. Alice wechselt ständig ihre Identität, nimmt unterschiedliche Gestalten an und wird immer wieder Prüfungen unterzogen.

Achtung, jetzt kommen Spoiler: wer sich das Musical ansehen will, liest hier nicht weiter! Da der Hutmacher ihre Freunde in Gefangenschaft hat, ist Alice auf sich allein gestellt. Als Alice sich selbst als Kind endlich gegenübersteht, findet auch Alice das Kind in ihr wieder. Es wird klar, dass alle Figuren des Wunderlands ein Teil von Alice sind. Während des letzten Kampfs am runden Quadratfeld, muss Alice das Spiel gewinnen, um nach Hause zurückzukehren. Die Hutmacherin bohrt ein Loch in den weißen Ritter, doch die Herzkönigin erklärt Alice trotzdem zur Gewinnerin. Alice hat all ihre Seiten akzeptiert, auch die schlechten Seiten der Hutmacherin. Sie hat sich selbst wieder gefunden. Als sie im Büro aufwacht, ist sie verändert. Sie will ihr Familienleben retten und hat eine völlig neue Idee für ein Spiel, in dem es nicht um Kampf, sondern um Zusammenarbeit geht.

Die Darsteller:innen

© Herwig Prammer

Ich habe das Musical mit Alexandra-Yoanna Alexandrova in der Hauptrolle gesehen. Sie hat kürzlich beim deutschen Musicaltheater Preis die Auszeichnung zur besten Hauptdarstellerin gewonnen und beweist in Wonderland, dass sie diesen auf jeden Fall verdient hat. Sie transportiert die teils gegensätzlichen Charaktereigenschaften wie Neugierde und Verbissenheit der Hauptfigur glaubhaft. Ihre Version der erwachsenen Alice ist stark und trotzdem verloren, stur und trotzdem offen für neuen Unsinn. Alexandra beltet sich die Seele aus dem Leib und singt leise Höhen zum exakt richtigen Zeitpunkt.

Daniela Dett hat als Herzkönigin der Rolle so einen sympathischen Witz verliehen, dass man ihr den Wunsch, dass gestern heute ist, wirklich erfüllen möchte. Der Balanceakt zwischen übertriebener Verrücktheit und Authentizität ist ihr so genial gelungen! Für mich ist sie definitiv das Highlight des Casts neben Alexandra als Alice.

© Herwig Prammer

Max Niemeyer als Alices Mann und weißer Ritter hat mich auch sehr beeindruckt. Normalerweise bin ich die Erste, die sagt: „Ja, schieß den Trottel ab, YAAAS Queen!“. Diesmal hat es mich sogar erwischt und ich habe inständig gehofft, dass sie ihn zurücknimmt. Als weißer Ritter hat mich Max Niemeyer so an Ken aus dem Barbie-Film erinnert, was seinen Boyband Song nochmal lustiger gemacht hat.

Der gesamte Cast ist, wie wir verwöhnten Besucher:innen des Linzer Landestheaters bereits gewohnt sind, wiedermal on top! Nicht nur die weiteren Hauptfiguren des Musical-Ensembles, sondern auch die vielen Nebendarsteller:innen spielen ihre Rollen perfekt und überzeugen mit Professionalität! Wobei ein Darsteller noch eine Erwähnung verdient hat: Romeo Salazar’s Auster ist zum Brüllen – so sassy hab ich noch nie eine Auster gesehen und ich liebe es!

Ein großes Lob auch an die Kinderdarsteller:innen! So jung schon auf der Bühne zu stehen, erfordert früh ein hohes Maß an Professionalität. Bei der Vorstellung, die ich gesehen habe, stand Rosa Gruber auf der Bühne, die den erwachsenen Darsteller:innen um nichts nachsteht!

Licht und Ton

Die Club-Wonderland-Band, die für einige Szenen sogar hoch zur Bühne kommen durfte, hat auch dieses Mal natürlich nicht enttäuscht. Der Ton war wohl für alle Beteiligten auf der Bühne und im Orchestergraben nicht recht einfach, denn sogar ich habe das Monitoring noch bis zu meinem Platz gehört – das ist ein Fall für echte Profis! Das Licht hat die Zuseher:innen übergangslos ins Wunderland transportiert. Vor allem der Tunnel mit den Farben hat mir sehr gefallen.

Das Bühnenbild und die Kostüme

© Herwig Prammer

Wonderland ist ein Fest für die Augen! Jedes Kostüm bringt die Figuren zum Leben und lässt mich neidisch werden auf die glitzernden Schuhe. Liebes Landestheater: wenn du mal einen Kostüm-Ausverkauf machst, lass mich doch bitte als erste rein, ja? Das Bühnenbild mag ich schon vom ersten Moment an. Man erkennt direkt, dass die Geschichte ins 21. Jahrhundert transportiert wurde, und gleichzeitig, dass es um Gaming geht. Auch die Easter Eggs auf dem Screen entgehen mir natürlich nicht! Das Bühnenbild macht so viel Sinn für ein so herausforderndes Stück wie eben dieses. Es schrumpft und wächst mit, hat zwei, teilweise drei Ebenen und wandelt sich von Türen zu Galgen – grandios! Vor allem das Bild, wo Alice und Chaz am Karussell sind, gefällt mir besonders gut, weil es den Song so schön ergänzt.

Fazit

Das Stück ist definitiv sehenswert. Teilweise sind in der Geschichte einige Lücken und wirkt manchmal etwas weit hergeholt. Das Gesamtkonzept des Musicals im Linzer Landestheater ist definitiv zu empfehlen. Jedes Gewerk arbeitet wie ein Uhrwerk (see what I did there?) miteinander. Das Licht transportiert das Bühnenbild, das wiederum die Songs unterstützt, die von den perfekt choreografierten Darsteller:innen, mithilfe des großartigen Orchesters umgesetzt werden. Vor allem für Fans von bunten Stücken mit Glitzer und Tanz ist Wonderland ein Highlight am Linzer Musical-Kalender. Es gibt noch einige Termine von Wonderland und ich sage: Run, don’t walk!

Infos und Tickets: landestheater-linz.at

Ich bin wahrscheinlich die Definition von Jack of all Trades. Ich liebe es vieles zu machen, sonst kommt die Unruhe in mir zum Vorschein. "Fake it till you make it", ist einer meiner Lieblingssätze, denn wenn ich etwas machen möchte, mach ich's eben einfach. Deswegen bin ich: Eventmanagerin, professionelle Tänzerin, Tanztrainerin, Content Creator, Bloggerin, Sprecherin/ Moderatorin in Ausbildung und vieles mehr. Ich freu mich, wenn ihr meine Beiträge lest und über eure Nachrichten!