Zack Zack Zack live in Tokyo: Ein Traum wird wahr
Am 23.9.2024 spielten das Wiener Dark-Wave Post Punk Duo Zack Zack Zack als Teil ihrer Album 2 – Leg 2 Tour im Club SPACE in Shinjuku, Tokyo. Bereits ihr zweiter Tourstop in Japan. Vor dem Konzert hatten wir die Gelegenheit ihnen ein paar Fragen zu stellen.
Zack Zack Zack ist ein Musikduo bestehend aus Yiğit Bakkalbaşi und Cemgil Demirtaş. Sie kommen ursprünglich aus Izmir in der Türkei und haben aktuell ihren Lebensmittelpunkt in Wien. Ihre Musik verbindet charakteristische Synthesizer-Sounds mit traditionellen orientalischen Instrumenten und Gesang in Türkisch, Deutsch und Englisch zu einem einzigartigen Sound.
Interview: Kulturelle unterschiede im publikum & inspiration im alltag
Wir sitzen in der Cocktailbar über dem Venue. Im Hintergrund spielt fast ein bisschen zu laut HipHop Musik. Wir sind die einzigen Gäste. Nachdem wir Cocktails bestellt haben, starten wir mit dem Interview.
subtext.at: Beginnen wir mal mit einer etwas aufgelegten Frage: Wie kommt ihr dazu in Japan zu spielen?
Yiğit: Das ist ein sehr netter Zufall. Unser erster Bandcamp Follower – Tetsu – war ein Labelbesitzer aus Japan. Er hat unser Album vorbestellt, bevor es überhaupt existiert hat. Wir sind in Kontakt geblieben mit ihm.
In Japan zu spielen war schon immer ein Traum von uns. Die Szene hier ist so einzigartig, und es ist einfach so weit weg und so exotisch. Als heuer dann der österreichische Musikfond begonnen hat, auch Österreicher zu unterstützen, die im Ausland spielen, haben wir die Chance ergriffen. Ich hab Tetsu gefragt, ob er jemanden kennt, der uns hier spielen lassen kann. Und er meinte: „Ja, diese Leute. Die haben schon viele andere Dark Wave Gruppen organisiert und ich vertrau ihnen“. Die hab ich dann einfach gefragt. Sie waren sehr gut vorbereitet und das, was wir machen wollten, kam sehr gut an. Und am Ende hat dann alles geklappt. Der Österreichische Musikfond hat „Ja“ gesagt, Japan hat „Ja“ gesagt, und jetzt, ein Jahr später, sind wir hier.
Cemgil: Ja, wir wollten schon immer interkontinentale Konzerte spielen. In einem Interview von Mica vor, ich glaube, ca. zwei Jahren wurden wir gefragt, wo wir gerne spielen würden und unsere Antworten damals waren: Mexico und Japan. Es war also schon immer ein Traum hier zu spielen. Die Musik- beziehungsweise die Vinylproduktion und alles drum herum ist so unglaublich schön. Das sieht man auch heute unten: alle DJs unten spielen mit Vinyl und ja alles hat einfach eine so hohe Qualität. Und dieser Traum wurde wahr, weil jetzt spielen wir ja hier in Tokyo.
subtext.at: Ihr habt bereits gestern einen Gig in Fukuoka gespielt. Wenn ihr das Publikum in Japan mit dem Österreichischen bzw. Europäischen vergleicht, sind euch Unterschiede aufgefallen, wenn ja welche?
Beide: Ja!
Cemgil: Zum Beispiel letzte Woche haben wir in Warschau gespielt, und es war auch sehr anders. Offensichtlich ist es hier auch so. Aber die Leute sind trotzdem einfach sehr into this music. Es ist nicht einfach irgendein ein Event, wo Leute von der Straße hingehen zum Party machen. Es sind die Leute hier, die diese Musik mögen. Sie sind wirklich zum Zuhören da. Nur vielleicht das Tanzen lässt allerdings etwas zu Wünschen übrig …
subtext.at: Das mit dem Tanzen ist mir auch bereits aufgefallen!
Cemgil: Ja, sie sind sehr schüchtern! Aber zum Beispiel hatten wir die gleiche Situation in Schweden. Die sind auch – nicht wirklich schüchtern – aber sie wollen vielleicht einfach nicht tanzen in der ersten halben Stunde. Aber im Verlauf des Konzerts sind sie dann aber auch ein bisschen aufgewärmt. So war es gestern auch, aber jeder einfach so freundlich und nett!
Yiğit: Ja, ich glaube insbesondere in Japan ist das Publikum ist sehr intim. Sie wollen dich kennenlernen. Sie klatschen nicht einfach nur. Sondern sie haben nach dem Konzert mit uns geredet und Fragen gestellt. Sie haben uns sogar Bier gekauft und wir haben Fotos gemeinsam gemacht. In dem Ausmaß hab ich das so noch nicht erlebt. Wir haben uns voreinander verbeugt. Obwohl es ein sehr kleines Venue war, waren alle voll und ganz dabei. Das ist schon sehr außergewöhnlich, weil unsere Musik ist zwar in drei Sprachen, aber keine davon ist Japanisch. Sie verstehen das Meiste nicht, aber trotzdem haben wir es geschafft sie für unsere Musik zu begeistern. Sie haben sogar mitgesungen einen der Songs „Alles Was Du hast!“. Das war sehr besonders.
Wir machen eine kurze Pause. Die Cocktails, die wir bestellt haben, werden serviert.
Cemgil: Was mir noch einfällt Leute sind nach dem Konzert zu uns gekommen und haben uns umarmt. Es war alles sehr emotional!
subtext.at: Also, die Leute haben die Musik scheinbar wirklich gefeiert und fühlten sich auch emotional tief damit verbunden?
Cemgil: Ja! Genau es war die Menschlichkeit – der Austausch von Emotionen zwischen uns, das war wirklich schön.
Yiğit: Aber sie haben uns auch erzählt, dass Fukuoka etwas Spezielles an sich hat. Es kommen nicht viele internationale Künstler, um dort zu performen. Es war für sie etwas ganz Besonderes, dass wir da waren: Wir sind interessant, Indie und klein, und deshalb haben sie sich besonders um uns gekümmert. Wir werden sehen, wie es heute ist, ob wir ähnliche Erfahrungen machen.
subtext.at: Wenn wir schon beim Thema von erinnerungswürdigen Shows sind. Was war eurer unvergesslichstes Konzert, das ihr gespielt habt bzw. die verrückteste Location und warum? Einfach das Erste was euch in den Sinn kommt!
Cemgil: Kalabalik, Schweden!
Yiğit: Leipzig, Squathouse. Das war sehr verrückt. Es war ein eine halb-illegale Show. Es war im ganzen Haus verboten Fotos oder Videos zu machen. Das Haus hatte fünf Stockwerke und im Obersten befand sich ein Wohnbereich mit Küche und allem Drum und Dran, wo eine ganze Gemeinschaft lebte. Dieses Squathouse war einfach so freundlich aber gleichzeitig auch so verrückt, und sehr Punk und dreckig, alles gleichzeitig. Es wird immer einen besonderen Platz in meinem Kopf haben.
Cemgil: Auf jeden Fall!
Yiğit: Aber Kalabalik in Schweden ist für mich dann Platz 2!
Cemgil: Das Konzert war in Schweden Irgendwo im Nirgendwo. Ein verlassener Erlebnispark, den sie in ein Festivalgelände umgebaut haben. Aber um dort hinzukommen mussten wir mehrmals umsteigen, also zuerst Flugzeug, Zug dann nochmal Bus.
Yiğit: Ja, einfach mitten im Nirgendwo im Wald!
Cemgil: Und Platz 3 würd ich sagen Rumänien. Wir haben in Călărași gespielt. Eine sehr kleine Stadt, die ein „Clean Donau Festival“ veranstaltet haben.
Yiğit: Ja, das Event war unterstützt von der EU und hatte das Ziel die Donau dort sauber zu halten. Es gab viele Workshops, Kurse und eben gratis Konzerte. Leute haben es sehr wertgeschätzt.
Cemgil: Aber Japan ist auch sehr interessant. Aber das passiert gerade erst. Vielleicht, in ein paar Monaten, sagen wir dann Japan.
subtext.at: Spannende Geschichten!
Cemgil: In Deutschland haben wir generell haben wir viel in besetzten Häusern gespielt. Für mich war das sehr emotional. Diese Orte haben ihre Türen für alle geöffnet – „A house for everybody“.
Yiğit: Es ist eine sehr energiegeladene Community. Es gab jedoch keine Gewalt, kein Fluchen und keine Nazis oder Ähnliches. Die Leute waren immer sehr freundlich. Es waren sogar Familien mit Kindern – natürlich mit Kopfhörern – auf diesen Konzerten.
subtext.at: Ich lieb diese Kinder mit den Kopfhörern auf Konzerten! So lieb!
Cemgil: Ja, es sind Punk-Orte: alles wirkt ein bisschen dreckig, aber die Menschen sind wirklich so lieb, und es ist alles sehr gut organisiert. Das merkt man auch am liebenvollen Umgang mit den Kindern. Die Leute sind nicht dumm, es sind sehr viele self-educated Leute.
Yiğit: Alles in allem sind es Events, bei denen die Veranstalter Teil einer Community sind und wo man zur Familie wird, wenn die Chemie stimmt.
subtext.at: Es ist euch also wichtig, Beziehungen zu Leuten und Communities aufzubauen?
Beide: Genau!
subtext.at: Ich hab noch eine letzte Frage, die ein bisschen in andere Richtung geht. Euer neues Album „Album 2“. Könnt ihr uns ein bisschen zum kreativen Prozess hinter dem Album bzw. eurer Musik generell erzählen?
Cemgil: Es begann mit Album 1, deswegen auch der Name Album 2. Es ist das gleiche Konzept. Wir haben begonnen mit „Noise Music“ für eine Kunst-Performance an meiner Akademie. Und das Album 2, naja, wir hatten einige Songs bereits fertig, als Album 1 herausgekommen ist. Das Album 2 ist somit quasi „the second leg of the Album 1“.
subtext.at Deshalb auch der Tourname „Album 2 – Leg Two“!
Beide: Ja!
Yiğit: Seitdem wir mit Album 1 angefangen haben, haben wir einfach weitergemacht und unseren Stil weiterentwickelt. Es gab bereits genug Songs um ein neues Album zu starten. Wir haben einfach alles aufgewertet: Wir sind in ein neues Studio gegangen, haben neue Instrumente und Techniken ausprobiert, aber den Kern von Album 1 beibehalten. Wir sehen Album 1 und das Album 2 und auch das Remix Album 2.5 als sehr eng miteinander verbunden. Wie spielen heute auch von Album 1. Auch wenn es eine Album 2-Tour ist, wird die Hälfte des Sets wird von Album 1 sein, weil es sehr schwierig ist, sie als separat anzusehen.
Cemgil: Und auch ein paar neue Songs!
subtext.at Faszinierend – ein großes Gesamtkunstwerk! Was inspiriert euch zu eurer Musik?
Cemgil: Einfach der Alltag. Alle Lyrics beschreiben einfach bestimmte Stimmungen des Lebens. Album 2 ist vielleicht ein bisschen mehr tanzbar oder wütender. Album 1 is ein anderes Konzept. Aber es ist noch immer eine Geschichte unseres täglichen Lebens. Wir schreiben auch in drei verschiedenen Sprachen, weil wir drei verschiedene Sprachen sprechen.
Yiğit: Es gibt auf jeden Fall viele Bands, die uns beeinflusst haben: Kraftwerk, She Passed Away, Jim Jarmusch (Sqürl) – die Liste ist lang. Wir haben einfach alles, was uns inspiriert hat, miteinander vermischt, ein bisschen Copy-Paste, aber auf unsere eigene Art. Seitdem wir einen Weg gefunden haben, uns auszudrücken, machen wir einfach weiter. Wir fragen uns nicht was wir tun, wir tun es einfach.
Wie Cemgil gesagt hat, inspiriert uns der Alltag, aber ich sehe es auch als Poesie. Wenn du versuchst, dich auszudrücken: Musik ist ein Weg, Lyrik ist ein Weg – es gibt viele Wege. Es dreht sich alles darum, einen Sound zu erzeugen, ein Gefühl zu vermitteln – es muss nichts Konkretes sein. Manchmal ist es für dich einfach das, was du verstehst, aber wir finden immer einen Bezug zu unserem Leben, wenn wir unsere Songs hören.
subtext.at: Mir gefällt dieser Ansatz. Für mich ist Musik nicht wirklich ein Weg mich auszudrücken, eher andere Formen der Kunst. Aber ich find das Konzept spannend und es fasziniert mich, welche Ergebnisse bei anderen Leuten dabei entstehen.
Yiğit: Zum Beispiel auch unser Name. Wir werden oft gefragt warum „Zack Zack Zack“? Das ist kompliziert zum Erklären: Man könnte sagen, es ist ein Wortspiel, eine Anspielung auf Ibiza. Einige Menschen mit sehr rechten Meinungen verstehen das so, als hätten wir negative Absichten gegenüber Österreich oder den Plan uns in die Politik einzumischen. Ja, wenn ihr das so seht, dann ist das eure Ansicht. Zack Zack Zack ist nur ein Wort. Und unsere Songs sind auch so: Es ist ein bisschen was von uns und ein bisschen was von der Umfeld. Eine Akkumulation von allem.
subtext.at: Danke für das Interview!
Interview aus dem Englischen übersetzt.
Eindrücke vom konzert in toyko
Montagabend in Shinjuku Tokyo. Die Location, der Club SPACE, ist von außen unscheinbar: In einem Hochhaus geht es direkt von der Straße die Stufen runter in den Keller. Es ist ein kleiner Raum: Links eine Bar, frontal eine DJ Booth und Rechts eine Bühne. Das Lineup am Abend ist vielseitig es stehen mehrere DJs und zwei Live Acts am Programm. Um 19:00 geht’s los: Doors open!
Nachdem DJ BEN (den wir leider aufgrund des Interviews leider verpassten) den Abend eröffnete, kommen wir gerade rechtzeitig zum ersten Live-Act des Abends: Emanuela mit Hyper-Pop aus Japan. Im Anschluss folgte DJ ZIN von der Goth Rock / Deathrock Band Madame Edwarda. Sie brachte mit entsprechenden Platten für die Menge ordentlich zum Tanzen, auch wenn man sich bei der kontroversen Scheibe „Der Mussolini“ von DAF nicht ganz sicher war, ob man das wirklich sollte.
Nach DJ ZIN wurde es leise. Das Publikum drehte sich um 90 Grad von der DJ-Booth zur Bühne. Die Vorfreude in der Menge war spürbar. Das Publikum war bunt gemischt: Einheimische und Ausländer tummelten sich heute im SPACE. Für österreichische Verhältnisse war es mit 20:30 Uhr noch ungewohnt früh für den Headliner.
Zack Zack Zack betraten in langen schwarzen Umhängen die Bühne. Der Raum gänzlich in blaues Licht getaucht. Ihr Set beginnen sie mit leicht beunruhigenden, atmosphärischen Klängen, zu denen sie nach und nach immer mehr Elemente hinzukamen, schlussendlich auch Gesang. Dann folgte der erste Track: „…Ev“. Ab diesem Moment tanzte die Menge. Wie angekündigt spielten Zack Zack Zack Songs aus Album 2 und Album 1. Manche Lieder sind schneller, mache eher langsam. Beim Song „Die Deutsche Bahn“ ertönte ein „Jawoll“ aus der Menge – vermutlich waren auch einige Deutsche im Publikum. Beim Track „Alles Was Du Hast!“ forderten ZackZackZack das Publikum auf, mitzusingen. Was es auch brav tat. Nach etwa 40 Minuten Show beenden sie mit dem Track „Disco Traurig“ ihr Konzert. Zugabe-Rufe hallten durch den Raum, doch diese blieb leider aus, und es ging direkt weiter mit dem nächsten DJ des Abends.
Fazit
Ich liebe es, auf Reisen Dinge zu unternehmen, die ich auch zu Hause machen würde. Ein Konzert am anderen Ende der Welt zu besuchen, war deshalb eine spannende Erfahrung. Die Organisation ist etwas anders, man kennt die gesellschaftlichen Regeln nicht so ganz, aber trotzdem fühlt man sich irgendwie zu Hause. Am Ende geht es um die Musik und das gemeinsame Tanzen und die kollektive Begeisterung, die gute Musik auslöst. Es war spürbar, wie Musik Menschen miteinander verbindet.