ritualize kapu linz
Foto: Christoph Leeb

Ritualize: Sonntagabend in der KAPU

Einen lauten musikalischen Wochenausklang gab es am vergangenen Sonntag in der Linzer KAPU zu hören. Die Local Heroes Ritualize sorgten mit Däächt und The Sex Organs für einen lauten und teils ungewöhnlichen Konzertabend.

Es sind oftmals die Konzerte, wo man es im Vorhinein am wenigsten erwartet, die sich dann am längsten ins Gedächtnis einbrennen. Gut 30 Unentwegte waren am Sonntagabend dem Ruf in die Linzer Underground-Institution KAPU gefolgt, um einem der ersten Live-Gigs von Ritualize beizuwohnen. Doch dazu später mehr.

Denn bereits der Opener war mit das Ungewöhnlichste, was wir bislang auf einer, oder besser gesagt vor einer Bühne gesehen haben. Zu Däächt und Rizualize hatten sich nämlich kurzfristig noch The Sex Organs angekündigt. The Sex Organs? Ja, die sind genau das, was der Name verspricht: bandgewordene Sexualorgane. Ein Penis und eine Vulva vor der Bühne. Mit etwas haarigen, aber originellen Kostümen wurde die Show kurzerhand als Floorshow konzipiert. Nun ja, sonst wäre die KAPU wohl zu niedrig gewesen für die durchaus stattliche Größe des Protagonisten.

The Sex Organs spielen mit allen Klischees, die Sexualorgane und Sexualisierung zu bieten haben. Natürlich heißt die aktuelle Platte We’re Fucked, natürlich sind da Tracks wie Hair In My Mouth, Nipple Twister, Where is My Dildo, Do It Yourself vertreten. Das Ergebnis? Verstörend, lustig, aber auch musikalisch gut. Zudem Einen ist das Duo fast schon präkoital auf der Bühne, und der sehr eingängige Garage-Punk penetriert (sic!) beinahe das Trommelfell. Macht Spaß, verstört ein bisserl, und ist ein Auftritt, der definitiv in Erinnerung bleibt. Oder, um eine Floskel zu bringen: erregender Auftritt!

Hatten sich The Sex Organs noch sehr spät ins Line-up eingefügt, so ging es danach mit Däächt weiter. Das Quartett aus Regensburg ist in Linz keine Unbekannte mehr und war schon 2021 das letzte Mal in der KAPU zu Gast, nachdem sie 2019 schon mit The Vibrators ebendort on stage gestanden waren. Auch in der Stadtwerkstatt und im Posthof waren Däächt, die den Bandnamenteil „Kolossus“ im Laufe ihrer Bandlaufbahn irgendwo auf der Straße mal verloren haben, zu Gast. Garage-Punk, Post-Punk-Einflüsse und die Platte Lipstick Love macht auch 2024 noch Spaß. Schön, dass Däächt die Lust am Musikmachen nicht verloren haben, und uns auch schon fast ein Jahrzehnt begleiten, seitdem sie uns erstmals aufgefallen sind. Frontmann Clement kennt immer noch keine Barrieren, die Herren scheinen Spaß immer noch großzuschreiben. Kann man sich immer wieder gönnen!

Gekommen waren die Leute aber an diesem Abend doch um zu ritualisieren. Ritualize aus Linz ist das neue Projekt sehr umtriebiger Musiker. Die kennt man aus Projekten wie Spirit Desire, Hyperdog, Johnny & The Rotten, Loser Year und vielen mehr. Ritualize ist ein Hardcore-Punk-Projekt. Nicht mehr, aber sicher auch nicht weniger. Gestoppte 17 Minuten wird hier ritualisiert – ohne Schnörkel, ohne Pause, ohne Zugaben, und vor allem ohne Kompromisse. So wie eine Hardcore-Show sein soll, und auch wenn die Stunde eine sehr fortgeschrittene war, ein sehr schöner Konzertabschluss. Ist ja auch schon ein Zeiterl her, dass wir die KAPU an einem Sonntag nach Mitternacht verlassen haben!

Fotos: Andreas Wörister, Christoph Leeb

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.