PLACEBO: Der Placebo-Effekt

Placebo sind eine Band, deren Vorstellung eigentlich kaum mehr bedarf. Über Jahre hinweg haben sie genügend tiefgehende Schwere in Musik verpackt und perfekte Scheinmedikamente verabreicht. Mal brachial und erdig, mal melancholisch und experimentierfreudig kamen diese aus den Boxen. Ansprechende Exzentrizität und ein eingängiges Rockverständnis gaben sich die Klinke in die Hand.

Jede Episode hatte ihre Bilder, jedes Album seine eigene Ästhetik. Mit jeder neuen Platte gab es gekonnte Nuancenverschiebungen. Brian Molko erzählte Geschichten von Orten, Momenten und nahegehenden Berührungen. Placebo machten es einem immer leicht, in emotionale Schwankungen abzutauchen. Der Herzschlag der Band tickte stets eine Spur schneller als bei der Konkurrenz.

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Aktuell gibt es mit „B Sides 1996-2006“ und „Live At La Cigale“ zwei Neuveröffentlichung rund um Placebo von ihrem Ex-Label EMI. Nachdem das Trio mit ihrem letzten Album „Battle For The Sun“ in vielen Ländern direkt auf Platz eins landete, verwundert es nicht, dass EMI da noch ein Stück mitverdienen möchte. Ein Räumungsverkauf im Ramschladen oder rostet alte Liebe etwa wirklich nicht?

„B Sides“ enthält gleich auf zwei Discs musikalische Schnappschüsse, die bis zu den Anfängen der Band zurückreichen. So reduziert im Klang wie im Opener „Dark Globe“ hat man Placebo lange nicht mehr gehört. „Hare Krishna“ mit orientalischen Gitarrenakkorden? Selten vernommen. Überhaupt gibt es vermehrt Akustisches zu hören. Songs wie „Eyesight To The Blind“, „Then The Clouds Will Open For Me“, „Bubblegun“ oder „Leni“ berühren, währenddessen Kultstücke wie „Slackerbitch“ und „Miss Moneypenny“ den Punk atmen. „H K Farewell“ trägt einen sieben Minuten elegisch dahin und das sich durch „Innocence Of Sleep“, „Ion“ und „Aardvark“ ziehende Ambientmotiv ist auch unbekanntes Terrain.

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Zu „Live At La Cigale“ ist im Grunde nicht viel zu sagen. Es gibt acht Stücke, von „Meds“ über „The Bitter End“ bis zu „Special K“, die in guter Qualität vorhanden sind. Für einen Livemitschnitt ganz passabel, doch nicht überragend. Zu bemängeln ist außerdem, dass beide Platten keine besonderen Infos, Linernotes oder ausgearbeiteten Booklets bereithalten. Da hätte man sicherlich mehr machen können. Bis sich Placebo mit neuem Material zurückmelden, werden noch einige Tage vergehen. Wer der Meinung ist, dass „Battle For The Sun“ zu pompös und selbstbewusst geraten ist, kann in die Zeit zurückspringen und sich die Wartezeit mit diesen Veröffentlichungen versüßen.

Placebo – B Sides 1996-2006
Gesamtspielzeit: ca. 102 Minuten
Virgin (EMI)

Placebo – Live At La Cigale
Gesamtspielzeit: ca. 27 Minuten
Virgin (EMI)

Links & Webtips:
placeboworld.co.uk
placebofansworldwide.com
myspace.com/placebo

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