WIZO: „Am Ende des Tages bin ich halt Punkrocker“

Auf dem Pfingstspektakel hatten wir die Ehre mit Axel von WIZO Backstage ein Interview zu führen und waren damit seit Jahren die ersten Österreicher, denen diese Ehre erwiesen wurde. Dabei hat Axel auch eine Menge mittzuteilen gehabt an seine österreichischen Fans, aber lest selbst!

 

subtext.at: Hallo Alex, wunderbar das wir dich heute hier interviewen dürfen.

Axel: Gerne, es ist mir eine Ehre (lacht)

subtext.at: Es ist jetzt genau ein Jahr her, seitdem ihr an Pfingsten eure Reunion gestartet habt, und genau ein Jahr später tretet ihr zum ersten mal in Attnang-Puchheim auf.

Axel: Ne pass auf. Unsere Reunion haben wir schon früher bekannt gegeben und das Rumgewerkel daran begann noch früher. Vor einem Jahr sind wir das erste mal tatsächlich wieder auf der Bühne gestanden am Ruhrpot-Rodeo und wenn ich jetzt zurückschaue waren wir ganz aufgeregt und unserer Sache nicht ganz sicher. Mittlerweile hat sich da einiges geändert. Wir sind besserer Dinge und haben vollen Ehrgeiz alles besser und schöner zu machen. Das Problem war letztes Jahr so, dass wir wussten.dass wir unbedingt in Österreich spielen wollten, wir haben aber keine Veranstalter gefunden die uns adäquat gebucht hätten. Deswegen hatten wir unsere Konzerte in Österreich verschoben. Eigentlich wollten wir heuer schon mit unserem neuen Album fertig sein, haben aber in einer Tour nur Stress, Stress, Stress. Die drei Konzerte heuer in Österreich wollten wir so oder so spielen, egal ob die Platte fertig geworden wäre oder nicht. Aber wir haben total Bock auf unsere österreichischen Fans, hier war es immer der Hammer für uns! Wir wissen ganz genau was wir an den wahnsinnigen Österreicherinnen und Österreichern haben.

subtext: Gibt es also einen speziellen Bezug zu Österreich für euch?

Axel: Ja natürlich! Wir haben seit frühster WIZO-Zeit schon gern in Österreich. Damals schon (denkt kurz nach)… frag mich wo wir überall schon gespielt haben. Das sind Sachen, die bekomm ich heute nicht mehr in meinem Kopf zusammen. Aber auf jeden Fall haben sich die Österreicher ausgezeichnet, dass sie schon damals immer wahnsinniger waren als die Deutschen. Die waren die ganze Zeit treu, haben uns Sachen, wofür uns die deutsche Punkerpolizei verdammt hat, nicht übel genommen. Sie waren schon  sehr sehr anspruchsvoll, vor allem was Politik anbelangt, aber es war einfach immer erfrischend anders mit den Österreichern. Ich weiß nicht ob das eure Berge sind oder was weis ich, aber ihr wart immer gechillter als die Deutschen. Vielleicht könnt ihr gegenüber einer deutschen Band einfach entspannter sein. Deswegen Stand Österreich ganz oben auf unserer Prioritätenliste.
Die Leute hier in Attnang hatten uns einfach mal angemailt. Das hatte alles gleich die richtige Vibration. Wir kriegen ja mittlerweile die Unterschiede deutlich mit. Es gibt entweder die total durchgesponserten großen Festivals, wo eigentlich irgendwelche große Bookingmafias stehen und es gibt die Festivals die von ein paar Irren einfach mal gestartet worden sind und gewachsen sind. Das ist hier einfach so ein typischer Fall davon. Die armen Leute mussten extra Technik ranschaffen und das Kraftwerk anzapfen um unsere Lichtanforderungen zu erfüllen. Aber das haben die auch gemacht, die haben auch richtig Bock drauf gehabt.

subtext: Ihr bastelt ja gerade am neuen Album und habt teilweise Texte verworfen und neue geschrieben. Hat sich da vielleicht textlich und inhaltlich von den früheren Alben zum bald erscheinenden Album etwas verändert?

Axel: Ja natürlich – unsere Perspektive! Wir sind keine Anfang zwanzig mehr, wir sind nicht mehr so in dieser Szene drinnen. Unser Schlagzeuger bekommt jetzt sein zweites Kind und hat jetzt eine ganz andere Position im Leben. Ich bin jetzt auch wesentlich entspannter gegenüber vielen Thematiken, wo wir früher gedacht haben „Wir müssen sofort was dagegen tun“. Es gibt jedes Jahr irgendwelche Spinner die glauben jetzt die neuen Neonazideppen sein zu müssen und gegen die gilt es auch weiterhin dagegen anzutreten und diese in die Schranken zu verweisen. Nur muss man dabei nicht mehr so durchdrehen, so seh ich das halt mittlerweile. Und daher sind wir auf dem neuen Album nicht mehr so wütend wie früher. Das ganze ist einem größeren Zynismus gewichen. Politische Themen sind uns immer noch wichtig, finden aber eher codiert ihren Weg auf die Platte.

subtext: Ihr hattet jetzt ja eine längere Pause. Ist euch langweilig geworden, wolltet ihr jetzt unbedingt wieder was machen?

Axel: Das kann man so nicht sagen. Ich hatte mit WIZO damals aufhören müssen, da wir uns damals musikalisch nichts mehr zu sagen hatten – in der damaligen Formation. Es hat sich für mich falsch angefühlt, sich so vor den Leuten hinzustellen und zu sagen “Hey wir sind die geilste Band und verlangen jetzt einen Haufen an Eintrittsgeld“.  Ich hab mich nicht mehr im Spiegel anschauen können. Wir sind über die Jahre ausgeblutet und die Beziehung zwischen uns drei war total blöd. Deswegen war das ein absolut wichtiger und richtiger Schritt das damals zu beenden.
Für mich war aber klar weiter Musik zu machen. Ich hab ja auch immer die Leidenschaft gesucht mit der wir mal gestartet sind. Das hab ich ein paar Jahre gesucht und hab verschiedenste Dinge ausprobiert. Ich hab dann auch mal versucht über meine eigenen Dogmen wegzuspringen und mich mit Musik zu beschäftigen, wo ich früher die Nase gerümpft hätte. War interessant und ist ganz lustig – aber am Ende des Tages bin ich halt Punkrocker. Ich mag halt einfach den direkten Energieaustausch von meiner Gitarre durch einen verzerrten Marshall-Verstärker in möglichst großer Lautstärke und dazu mit Volldampf zu schreien. Das gefällt mir halt immer noch am Besten – das ist mein Leben.
Wie es der Teufel so wollte sind wir mit dem alten Schlagzeuger wieder im Proberaum gelandet und nach den ersten paar Tönen war mir klar „Scheiße jetzt haben wir ein Problem – das Ganze fühlt sich verdammt gut an“.  Auch die Chemie untereinander hat gestimmt. Thomas, unser Schlagzeuger, war immer wie ein großer Bruder und hat sich um unseren neuen Bassisten Karachoo gekümmert. Plötzlich hatten wir eine super Chemie am laufen und wir hatten tierisch Bock Musik zu machen.  Gleichzeitig hab ich gewusst dass ich ein Problem haben werde wenn wir als WIZO wieder auftreten, immerhin haben wir uns auch groß verabschiedet. Ich hab dann auch lange mit unserem ehemaligen Bassisten Björn geredet – ich wollte ja auch seine Gefühle nicht verletzen. An sich klingt es ja so wie WIZO immer hätte klingen sollen, deswegen haben wir es halt wieder WIZO genannt.
Manche Leute werfen uns ja vor das wir die Reunion nur wegen der Kohle gemacht haben. Aber das ist nicht unser Denken, wir sind gekommen um zu bleiben. Darum basteln wir ja auch so lange schon an unserem neuen Album herum.

subtext.at: Wir werden WIZO also in Zukunft noch öfter sehen?

Axel: Aber natürlich!

subtext.at: Zum Schluss haben wir noch ein kurzes Wordrap mit dir vor. Ich geb dir ein Wort vor und du sagst mir einfach kurz dazu, was dir einfällt.

subtext.at: Dixi Klo vs. Porzellanklo

Axel: Definitiv Porzellanklo. Ich bin ein großer Daheimscheißer. Aus dem Grund mag ich übrigens keine Festivals. Zelten geht ja noch, aber Dixi Klos kotzen mich an.

subtext.at: Punkpolizei

Axel: Zu dem Thema bin ich mittlerweile sehr entspannt. Wir haben schon so viele kommen und gehen sehen. Genau die Leute die vor zehn oder fünfzehn Jahren das größte Maul gehabt haben, die haben jetzt einen Schlips um und stecken mit ihrem Kopf bis zu den Schultern in irgend einem Arsch von einem Großkonzern, Ich möchte aber nicht übersehen dass es wichtig ist die Punkrockwerte hochzuhalten, es kommt halt darauf an das man die Feinde an der richtigen Stelle sucht.

subtext.at: D.I.Y. (Do It Yourself)

Axel: Ganz wichtig! Oberstes Gebot für uns! Zum einen „Do it yourself and you know ist done well“ und zum anderen gab es 1987 nichts was dermaßen out war wie deutscher Punkrock und wir mussten unseren Scheiß selber machen. Wir haben automatisch Geschmack daran gefunden unsere Platten selber zu machen, unsere Musik selber aufzunehmen, unsere Konzerte selber zu buchen und alles selber zu machen.

subtext.at: A.P.P.D. (Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands)

Axel: War ne sehr hübsche Episode. Getragen wurde das ganze von einem großen Kopf, Karl Nagel, und hat Spaß gemacht das Ganze zu supporten für eine Zeit lang. Was in den letzten Jahren abgegangen ist, mit Grabenkämpfen, war an Absurdität nicht zu überbieten. Aber es war auch erschreckend, dass es Leute gab die das ganze wirklich ernst genommen haben, was wir da mit der APPD von uns gegeben haben.

subtext.at: Die Ärzte oder die Toten Hosen

Axel: Ärzte! Immer Ärzte! Bessere Kompositionen und bessere Lieder. Ich hab sehr großen Respekt vor den Hosen, die sind definitiv die Großmeister von dem Quatsch den wir da machen, das muss man neidlos anerkennen. Aber für meinen Geschmack haben Jan Vetter (Farin Urlaub) und Dirk Felsenheimer (Bela B.) die besseren Songs geschrieben.

subtext.at: Wo sind eigentlich die Hühner vom Hühnerstall (ehemaliger Proberaum) hin?

Axel: Die waren schon damals nicht da. Das Problem mit den Hühnern war, als wir den Hühnerstall ausgebaut haben, war da eine Holzlattendecke, die wir abgestaubt haben und hinter einer morschen Latte ist tatsächlich ein totes Huhn zum Vorschein gekommen. Also von einem Huhn kann ich dir sagen wo es geblieben ist (lacht).

subtext.at: Jetzt hab ich noch von einem weiblichen Fan (Gruß an die Andrea an dieser Stelle) die letzte Frage. Boxershorts oder Feinripp?

Axel: (zieht sein T-Shirt hoch und zeigt uns sein weißes Feinrippunterhemd)

subtext.at: Und untenrum?

Axel: Ne! (lacht)

subtext.at: Axel danke für das Interview.

Axel: Bitte gerne!

Links und Webtipps:

 

Fotos: Christoph Thorwartl, Rudi Ornetsmüller

Aging Hardcore-Punk-Fan regrets not stretching before show