Egotronic: „Die ganze Bandgeschichte ist eine von menschlichem Versagen“

Egotronic fanden nach zehn Jahren Banddasein zum ersten Mal ihren Weg nach Linz. subtext.at bat die drei Electropunker natürlich vor’s Mikrofon und sprach mit ihnen über schlechte Musik, die Tour, den Spaß mit Frittenbude, ihre schlimmsten Niederlagen und menschliches Versagen.

subtext.at: Starten wir mit einem Wordrap: Spritzen oder Schnupfen?
Torsun: Schnupfen im Zweifelsfall.
Endi: Kann ich mich nur an schließen.
Tilmann: Saufen – im Zweifelsfall saufen!

subtext.at: Groupies oder Freund_innen?
Torsun: Weder noch. Im Moment würde ich eher One Night Stands favouritisieren, aber eher keine Groupies.
Endi: Da sag ich Teddybären.
Tilmann: Saufen! – Hab ich keine Meinung dazu.

subtext.at: Ist das heute euer erstes Mal in Linz?
Torsun: Ja, in Österreich waren wir bisher vorher nur in Wien und gestern das erste Mal in Graz.
Endi: Nur in Dornbirn haben wir mal aufgelegt und gespielt – vor null Leuten. Aber Backstage gab’s eine PS3.
Tilmann: Also nur in kleinen Dörfern – das haben wir schon wieder erfolgreich vergessen.

subtext.at: Die peinlichste CD die ihr euch je gekauft habt.
Endi: Keine CD, sondern eine Langspielplatte – die Marius Müller Westernhagen-Platte wo „sexy“ drauf ist. Ich weiß nicht mehr wie sie heißt – sie ist auf jedem Fall lila mit bunter Schrift – eine gar schreckliche Platte. Aber damals fand ich sie gut. Und eine Tina Turner Platte hatte ich auch.
Tilmann: Ich habe mir in meinem Leben nur zwei CDs gekauft – das eine War Alice Cooper.
Torsun und Endi: Is doch nicht peinlich!
Tilmann: Ja, ich hab mir halt nur 2 Platten gekauft. War eigentlich nichts peinliches dabei.
Torsun: Mein erster Longplayer war „Geier Sturzflug – Besuchen Sie Europe“ – Die ist total scheiße. Und Doro Pesch – die hab ich mir auch gekauft. Das ist schon bitter.

subtext.at: Also waren das wohl eher nicht eure Schlüsselerlebnisse Musik zu machen?
Torsun: Ja wir haben uns gedacht es gibt so viele Leute die nicht Musik machen können und trozdem machen, warum dann wir nicht auch? Im Endeffekt hat es ja dann auch geklappt.
Endi: Ich glaube es gibt mehr gute Musik als uns. (lacht)

subtext.at: Und was inspiriert euch heute für eure Musik?
Torsun: Das ist ganz ganz unterschiedlich. Bei der Lustprinzip-Platte war ich vorher sehr viel auf Minimal Techno – deswegen ist die Platte auch sehr reduziert geworden. Die Musik hat aber trozdem mit Minimal wenig zu tun von der Songstruktur und Soundsynth her. Und aktuell höre ich ganz viel unterschiedliches und deswegen ist es unspezifizierbar unterschiedlich. Die erste Platte ist u.a. von Mikron 64, Jeans Team usw. beeinflusst.
Textuell orientieren wir uns eher am Deutschpunk – ich habe mit zwölf angefangen auf Deutschpunkkonzerte zu gehen und das waren genau so stumpfe Parolen.
Endi: Und EAV! Auf der letzten Tour sehr viel gehört – ist textlich auf jedem Fall ganz vorne dabei.

subtext.at: Derzeit treten ihr ja gemeinsam mit Frittenbude auf. Wie ist es so für euch mit den Kollegen von Frittenbude das Lineup zu stellen?
Endi: Anstrengend! Noch drei verrückte mehr an Bord.
Torsun: Nein, ist super … anstrengend! Der einzige der gesprochen hat während der Fahrt war ich und alle anderen hatten Kopfhörer auf – deswegen anstrengend.
Nein, abgesehen davon, dass der Bus zu neunt ein wenig eng ist, ist es verdammt geil.
Endi: Wir sind acht! Vielleicht ist ja dein unsichtbarer Freund mit dabei.
Tilmann: Der Busfahrer.
Torsun: Trozdem sind wir acht Leute. Zähl nach!
Aber eigentlich ist es schon super mit Kollegen zu spielen. Das haben wir immer gerne gemacht. Man hat halt dann so Abends gleich Leute mit denen man sich gut versteht und man mag die Musik.

subtext.at: Wie regelt ihr das Live mit den Songs die ihr gegenseitig gecovert habt?
Torsun: Also im Endeffekt spielen wir „Raven gegen Deutschland“ zB zwei Mal. Weil wenn Frittenbude einen Remix macht, machen die eigentlich immer eine eigene Version draus, die eigentlich nicht mehr viel mit dem eigentlichen zu tun hat. Aber was halt dann passiert ist, dass ich immer mitsinge.
Endi: Und wir nehmen eine hohe Linzenzgebühr wenn sie es spielen; im niedrigen vierstelligen Bereich. Deswegen spielt Frittenbude auch so viel, weil sie sich das sonst nicht leisten könnten.
Torsun: Eher im niedrigen einstelligen Bereich.

subtext.at: Und welches eurer Konzerte war bis jetzt der größte Reinfall?
Endi: Kann ich ganz klar sagen – Holland! Ein Surffestival auf einer Insel wo wir nur vierzig Minuten spielen durften und dann haben wir neun Songs gespielt und davon sechs verhaut. Das war menschliches Versagen von vorne bis hinten.
Torsun: Die ganze Bandgeschichte ist eine von menschlichem Versagen.
Endi: Mannheim war neulich auch sehr schwierig.
Torsun: Nein, Mannheim ging. So richtig schlimme Konzerte waren halt ganz am Anfang. 2003 sind wir mit Räuberhöle auf Tour gewesen und sind total weit gefahren. Waren am Tag davor in der Schweiz, sind dann zehn Stunden gefahren und dann waren wir in dem Club und da waren drei zahlende Gäste und nach der Räuberhöle sind zwei gegangen. Das war schon ein bisschen ernüchternd.
Endi: Aber der fands gut! (lacht)

subtext.at: Neben Konzerten spielt ihr ja auch sehr viel auf Demos…
Torsun: Das haben wir auch sehr viel gemacht vor allem am Anfang. Ist jetzt weniger geworden. Was wir aber die letzten Jahre immer gemacht haben ist auf der großen Gegenveranstaltung zum Naziaufmarsch in Dresden zu spielen oder am Tag der Befreiung in Wien – passiert also noch, aber nicht mehr so viel wie früher.

subtext.at: Und was gefällt euch mehr – Konzerte oder Demos?
Endi: Auf Demos spielen ist total lustig weil es so surreal ist. Vor allem vorletzes Jahr in Dresden. Da ist die Kundgebung komplett von der Polizei eingekesselt worden und wir waren irgendwie so auf Krawall gebürstet und haben dann alle Songs nur auf Bullen umgedichtet. Wir waren uns sehr sicher, dass wir noch auf der Bühne verhaftet werden.
Torsun: Es ist aber auch sehr anstrengend, weil meistens die Anlage nicht besonders geil ist und es ist ein komplett anderes Setting. Normale Konzerte sind schon eigentlich geiler aber man macht es halt schon um Leute und Antifa-Gruppen zu unterstützen.

subtext.at: Und wie geht’s jetzt weiter?
Torsun: Dieses Jahr ist geplant, dass ein neues Album kommt und ich schreibe gerade ein Buch über den Sommer 2007 als Hoerm gegangen ist und Andy dazugekommen ist. Da gab es eigentlich diesen großen Bruch. Davor kannte uns keine Sau und als die Lustprinzipplatte gekommen ist waren auf einmal die Clubs randvoll.
Also die Zeit wo es dann auch zum Job wurde und wir Geld damit verdienen konnten und eher die Zeit davor, weil es vor lauter feiern gehen eher schwierig war eine Platte zu machen und sich zu konzentrieren. Das Buch kommt auch noch dieses Jahr. Und ein kurzer Dokumentarfilm kommt noch – 10 Jahre Egotronic. Und eine neue Single ist auch gerade gekommen von mir und Herrenmagazin. Nächstes Jahr soll es dann ein bisschen ruhiger werden.

Weiterführende Links:
Fotostrecke: Egotronic und Frittenbude im Cembrankeller
Webseite von Egotronic