Ashes and Fire – Herbstliche Melancholie

Er ist wie eine Droge. Seit ich vor einer Ewigkeit – unglaublichen zehn Jahren – zum ersten Mal eher zufällig über ihn gestolpert bin, hat Ryan Adams es geschafft, bis heute nicht mehr aus meinen Gehörgängen zu verschwinden. Und auch mit Ashes and Fire wird sich das nicht ändern.

Im gefühlten Sekundentakt versorgte er mich mit neuem Stoff und ich wurde dabei immer mehr der Überzeugung, hier Fan einer der begnadetsten Sänger und Songwriter unserer Zeit geworden zu sein. Gold ist ein Klassiker, 29 oder Cold Roses ebenso herausragende Werke. Aber seit Tagen gibt es nur mehr eines: Ashes & Fire. Adams neue und mitunter wohl stimmigste und vielleicht auch beste Platte seiner bisherigen Karriere.

Durch die Website npr.org hatte ich die Gelegenheit, schon vorab in das Meisterwerk hineinzulauschen. Schon „Dirty Rain“, der Auftakt auf der Platte, zeigt gleich einmal vorab, in welche Richtung sich Adams dieses Mal orientiert. Denn er ist ja für seine Unberechenbarkeit bekannt: nach den Country-Werken Heartbreaker und Gold legte er mit Demolition und Rock’n Roll etwas härter nach. Eine seiner letzten Platten, Orion, bewegte sogar in Richtung Metal. Doch Ashes & Fire orientiert sich an seiner Spezialität: wundervolle Texte, großartige Stimme, und die Beschränkung auf die nötigsten Instrumente. Von Pompösität á la Coldplay will der werte Ryan glücklicherweise nichts wissen. Wie sich so ein einfaches, aber berührendes Stück anhört, kann man am Besten hier nachhören.

Seit 2000 hat Adams insgesamt 12 Alben veröffentlicht, bis Weihnachten sollen es (mit Ashes & Fires und Blackhole) noch zwei weitere werden. Ein Workaholic, offensichtlich. Aber er macht seine Arbeit gut. Für dieses Album hat er sich Hilfe von Glyn Johns geholt, einem bekannten Produzenten, der auch schon mit Schulbands wie The Beatles, The Rolling Stones, The Who und Amateursängern wie Bob Dylan oder Eric Claption gearbeitet hat. Und zusätzlich steht ihm bei einigen Liedern auch die zauberhafte Norah Jones zur Seite und verschönert so manches Lied mit ihrer Stimme.

Das Album strotzt nur so vor Melancholie: „Kindness“, „Dirty Rain“, „Do I wait“ oder auch „Save Me“ lassen die ganze Welt wie ein regnerischer, ruhiger Herbsttag erscheinen. Doch dabei greift Adams nie in die Pathosbox, sondern unterstreicht mit berührenden Texten die Drums und die Gitarre. Sein Höhepunkt – sofern man auf dieser Platte überhaupt irgendetwas hervorheben darf – ist der Abschluss: „I love you but I don’t know what to say“ erzeugt eine wohlige Gänsehaut und Zeilen wie „I promised you that I would keep you save from harm“ huschen ganz schnell unter die Haut.

Etwas schneller und aufgeweckter zeigt sich Adams in „Chains of Love“, aber das bleibt auf diesem Album das einzige Lied dieser Sorte. Taucht also bald Langeweile auf? Mitnichten, denn die unzähligen ruhigen Lieder, die Balladen, die traurigen Erzählungen passen so perfekt zueinander wie zuletzt wohl auf Gold.

Kurz gesagt: Ich liebe es. Und wer soll es sich denn jetzt kaufen? Am Besten jeder. Man wird es nicht bereuen. Gerade wenn man Herzschmerz hat, kurz nach einer Trennung oder für das Vermissen in einer Fernbeziehung. Oder auch einfach nur für diesen Herbst. Ryan Adams hat es geschafft, einen Soundtrack für diese Jahreszeit zusammenzuschustern. Besser kann es eben ganz eindeutig kein Anderer. Dankeschön dafür, und hoffentlich hört sein Tatendrang niemals auf.

Ashes & Fire von Ryan Adams
Label: Smi Col / Sony Music

Erhältlich ab 7. Oktober 2011 u.a. auf Amazon!

Artikel erschienen unter just4ikarus.wordpress.com

29 Jahre alt - Literarischer Blogger (Neon|Wilderness), Autor ("Volle Distanz. Näher zu dir"), Medienblogger (dominikleitner.com), Printschreiber (MFG Magazin), freier Journalist (u.a. BZ), CD-Kritiker (subtext.at) und Detektiv (365guteDinge)