Schenkt mehr Fotoalben!

Nach “Empört euch!” und “Engagiert euch!” die nächste imperative Streitschrift: Schenkt mehr Fotoalben! Die Digitalisierung bietet zwar unglaubliche Möglichkeiten, doch nichts ist so schön, wie in Erinnerungen zu blättern. Und ja … ich widerspreche mir nur all zu gerne.

Vielleicht erinnert sich ja noch jemand daran: vor ungefähr genau sieben Tagen philosophierte ich über das „Früher-Paradoxon„. Die Vergangenheit, so sagte ich, sei gerade deshalb großartig, weil sie vergangen sei. Und doch plädiere ich diesmal für mehr Fotoalben, für Erinnerungen, die man sich am Besten einrahmen und an der Wand festmachen sollte. Warum? Die Frage ist doch eine ganz andere. Warum denn nicht?

Auf meiner Festplatte liegen wohl möglicherweise 15.000 Bilder, in digitaler Form, für immer archiviert. Oder zumindest bis zum nächsten Festplattencrash. Heutzutage wird ja alles fotografiert: das Essen, vor dem ersten Bissen; die Band da auf der Bühne oder sich selbst als Spiegelung in einem Schaufenster. Früher war das anders: 36 Bilder passten maximal auf einen handelsüblichen Film, sorgsam wählte man seine Motive aus. War früher also wirklich alles besser? Nein, denn mit der fotografischen Freiheit, alles abzubilden, was einem unter die Linse kommt, sind schon so manch überraschende Bilder entstanden. Zumindest auf meiner Speicherkarte.

Doch einen Nachteil hat sich dadurch ergeben: Statt ins Regal zu blicken und ein großes Album herauszuholen, startet man per Mausklick eine Slideshow. Dabei kann man mit nichts mehr punkten, als wenn man einen Packen voll Erinnerung, festgehalten auf unzähligen festen Seiten, herzeigen kann. Denn irgendwie entschleunigen Fotoalben die ganze Welt: man wählt ganz behutsam die schönsten Erinnerungen aus, klebt sie sorgfältig hinein, lacht schon, wenn man es selber ansieht. Wenn dann aber der Beschenkte das Päckchen aufmacht und sieht, welche Mühe man sich gemacht hat, ist Freude vorbestimmt.

Vielleicht bin ich ja auch etwas altmodisch. Aber ihr müsst doch zugeben: Erinnerungen werden nie schöner bewahrt, als in einem solchen Buch mit dickem Einband. Und vielleicht habe ich euch ja auf die Idee gebracht, auch zu Weihnachten mal wieder so etwas zu verschenken. Glaubt mir, man wird sich freuen. Und wenn man vielleicht noch nicht viele gemeinsame Bilder hat, schenkt man ganz einfach ein leeres Album. Für die Erinnerungen der Zukunft.

Die dritte Auflage von „Momentaufnahme“. Etwas besinnlicher, irgendwie. Ihr wollt wildere Themen? Dann meldet euch so rasch wie möglich bei mir. Ich freue mich über jeden Themenvorschlag.

 

29 Jahre alt - Literarischer Blogger (Neon|Wilderness), Autor ("Volle Distanz. Näher zu dir"), Medienblogger (dominikleitner.com), Printschreiber (MFG Magazin), freier Journalist (u.a. BZ), CD-Kritiker (subtext.at) und Detektiv (365guteDinge)