DAS SCHWERT: Von Mythen und Menschen

Die Gebrüder Jonathan und Joshua Luna erzählen in „Das Schwert“ mit der Wucht einer antiken Tragödie von zornigen Göttern, der Bestie Mensch und ihrer Gier nach Macht. Wer zudem einmal den Weg der Rache eingeschlagen hat, kann nie mehr umkehren. Eine Tragödie in vier Akten ohne erlösende Katharsis.

Cover

Dara Brighton ist eigentlich ein ganz normales Mädchen. Sie ist zwar querschnittsgelähmt, doch sie meistert ihren Alltag. Sie studiert Kunst, wird von ihren Lehrern gemocht und im Grunde führt sie ein recht normales Leben. Diese Vorort-Idylle wird zerstört, als eines Tages zwei Männer und eine Frau vor der Tür stehen, die ihren Vater bedrohen und ein sagenumwobenes Schwert einfordern, das rechtmäßig ihnen gehören soll. Ihr Vater beteuert mehrfach, nichts von dieser Waffe zu wissen. Die Situation eskaliert recht schnell. Daras Mutter, ihre Schwester und auch ihr Vater werden getötet und das Haus geht in Flammen auf. Dara überlebt mit viel Glück und findet unterhalb des Hauses schließlich dieses Schwert, was ihr unglaubliche Fähigkeiten verleiht. Ihre Wunden heilen, sie kann wieder gehen und ist stärker als ein normaler Mensch. Warum hat ihr Vater gelogen?

Feuer, Wasser, Erde & Luft
„Das Schwert“ lässt den Leser an der sich Schritt für Schritt beschleunigenden Höllenfahrt der jungen Dara teilhaben, die nach und nach die Beherrschung über ihr Leben und sämtliche Bezugspunkte verliert – bis hin zum Vertrauen in die eigene Auffassung. Zuerst gebrochen, dann gnadenlos. Für Selbstreflexion bleibt kaum Zeit, denn Leichen werden ihren Weg pflastern. Viele Leichen. Ein Racheengel ist geboren. Gnadenlos ist die Welt, die von den Luna Brothers ins Leben gerufen wurde. Fehlendes Vertrauen in die, die einem am nächsten stehen. „Das Schwert“ spannt den Spannungsbogen bis zum Äußersten. Plots werden verzwirbelt, unvorhergesehene Wendungen eingebaut, die an die Grenzen des Unbegreiflichen führen.

Zunächst sind die Luna Brüder exzellente Geschichtenerzähler. Die Dinge des Lebens sind hier allgegenwärtig: Familie, Beziehungen, Liebe, Ehre, Moral und der Tod. Und dann ist immer irgendetwas in Bewegung. Aus der eigentlich geradlinigen Story machen die beiden eine Charakterstudie über eisernen Willen und Schicksal. Von der griechischen Antike bis zur Gegenwart spannen sie einen epischen Bogen, der innerhalb der Welt der Comics (ich habe schon sehr viele gelesen) seinesgleichen sucht.

Rache, eiskalt serviert
Actionreich von einem Höhepunkt zum anderen: Überraschende Wendungen und dramaturgische Schocks machen „Das Schwert“ absolut lesenswert. Subjektive Zweifel, und Dara zweifelt oft an ihren Taten, machen diese Geschichte spannend und glaubwürdig. Sie ist kein überzeichnetes Alphaweibchen, sondern eine junge Frau mit allerhand Ängsten und Schwächen.

Der Stil der Zeichnungen? Schnörkellos, sehr klar und nüchtern. Und doch: Mit einem Minimum an Mitteln werden ziemlich große, fantastische Wirkungen erzielt. Realistisches und Abstraktes findet Verwendung. Je zurückhaltender die stilistischen Mittel, umso auffallender die Effekte. Kurzum:
Eine psychische Abfahrt, die in reinen, fast steril wirkenden Bildern den Abstieg der Hauptfigur dokumentiert.

Wer denkt, dass nach der Lektüre der ersten drei Bände nichts mehr überraschen könnte, dürfte mit dem vierten und abschließenden Band eines Besseren belehrt werden. „Das Schwert“ ist spannend bis zur letzten Seite und eine Comic-Quadrologie mit enormen Kultpotenzial.

Schwert

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