Kinderfilmfestival 2012: „Im Namen der Tochter“

Diese Woche startete das vielfältige „24. Internationale KINDER-FILMFESTIVAL“ in Wien, Graz und auch in Linz. Bei diesem Festival werden jene Filme gezeigt, die sich vom Inhalt und Qualität von kommerziellen Kinder-Kinofilmen abheben. Dies lässt die alten Sehgewohnheiten der „kleinen Kinobesucher“ erweitern und sie zugleich neue Sichtweisen erfahren.

„Im Namen der Tochter“ spielt in den 70er Jahren in Ecuador. Die beiden Geschwister Manuela und Camilo werden von ihren westeuropäischen Eltern von London zu ihren erzkonservativen, reichen Großeltern ins Bergdorf von Ecuador gebracht. Dort sollen sie solange bei ihren noch nie begegneten Verwandten bleiben, bis ihre Eltern sie wieder abholen kommen. Zu Beginn sträuben sich die beiden Kinder, vor allem die 8-Jahre alte Manuela, gegen die Gepflogenheiten der Großeltern. Sie hält, durch die kommunistische Erziehung ihrer Eltern bedingt, nichts vom katholischen Glauben und von Gott und auch nichts von der strengen Rollenverteilung zwischen Mädchen und Burschen. Mit dem Kopf durch die Wand versucht sie mit ihrer Sturheit ihren Willen durchzusetzen, womit sie sich bei ihren strengkatholisch-erzogenen Cousine Maria Paz und ihren Cousins Andres und Emilio, aber auch bei ihren Großeltern eher unbeliebt macht. 
Das Leben auf dem Land kommt ihr eher langweilig vor und so verbringt sie die Tage eher missmutig gelaunt mit ihrer Cousine und Cousins.

Eines Tages entdeckt sie Pepe, den Jungen des Dienstmädchens ,und will, dass er mit ihnen mitspielt. Doch Maria Paz, Emilio und Andres sind strikt dagegen, weil sie von ihren Eltern und Großeltern so erzogen worden sind, nicht mit den Armen zu spielen, sondern ihnen nur Befehle zu erteilen. Da platzt Manuela der Kragen: Sie beschließt von fortan nur mehr mit Pepe zu spielen, weil für Manuela alle Menschen gleich sind. So hat sie es von ihren kommunistischen Eltern beigebracht bekommen.

Die kleine Maria Paz glaubt Manuela sei vom Teufel besessen, da sie weder betet und auch noch mit den Armen spielt. Darum sucht sie Hilfe und Bestätigung bei ihrer Großmutter, die sie auch dort bekommt. Auch den Großeltern ist dies nicht mehr geheuer und so sehen sie den einzigen Ausweg: Das Sakrament der Taufe. Widerwillig lassen sich Manuela und ihr Bruder Camilo taufen, um ihren Eltern nicht in den Rücken zu fallen. Ab diesem Zeitpunkt beginnt für Manuela immer mehr die Suche nach sich selbst. 

Nach vielen Sticheleien und Missverständnissen, wachsen die unterschiedlich-geprägten Kinder zu einer Art „Team“ zusammen. Die Kinder nehmen sich untereinander so an, wie sie sind und haben keine Probleme mitsammen mehr. Gemeinsam gehen sie auf Abenteuerjagd und entdecken in einer verborgenen Scheune ihren „irren“ Onkel Felipe.

Der von den Erwachsenen geheim-gehaltene Onkel wird vom misstrauischen, verrückten Fremden zum Freund der Kinder. Mit ihm können sie schräge Sachen machen, Spiele spielen und fantastische Dinge erleben. Doch den Erwachsenen, vor allem den Großeltern, ist dies ganz und gar nicht recht. „Menschen, die zu viel lesen, werden verrückt, wie Onkel Felipe!“, sagt die Großmutter. Der weitere Umgang mit Onkel Felipe wird den Kindern bis auf Weiteres untersagt. Alle Kinder, bis auf die emanzipierte Manuela halten sich daran. Heimlich besucht sie ihren Onkel weiterhin in der Scheune. Eines Tages gibt ihr Onkel Felipe eine geheimnisvolle Schachtel, die sie auf keinen Fall öffnen soll, denn darin befände sich versprochener Weise ihr wahres ICH. Ab diesem Zeitpunkt hütet sie diese Schachtel wie einen Schatz, denn an Versprechen glaubt sie. 

Am nächsten Morgen werden die Kinder von dem lauten Folgetonhorn eines Sanitäterautos geweckt. Sie bemerken, dass Onkel Felipe in der Nacht gestorben sein muss und von den Erwachsenen heimlich weggebracht werden soll. Manuela kann dies nicht glauben und schleicht als Einzige zurück in die Scheune, in der sie einen heruntergefallenen Strick mit Schlinge vorfindet.

Dieser Anblick löst bei Manuela ein Umdenken aus. Sie bemerkt, dass Kinder sehr wohl etwas bewirken können, um in der Erwachsenenwelt Gehör zu finden. Sogleich trommelt sie alle restlichen Kinder zusammen und tritt in Hungerstreik, der aber nicht allzulange wehrt. Vor lauter Wut nimmt sie die Schachtel von Onkel Felipe und schmettert sie gegen die Wand. Die Schachtel zerfällt und der in ihr gewesene Spiegel zerspringt in 1000 Teile. Nun sieht sie sich endlich selbst als ihr Spiegelbild in den Scherben wieder. Ihr wahres ICH kommt zum Vorschein.

Der Film endet damit, dass am nächsten Tag Manuela und Camilo von ihren Eltern abgeholt werden.
Zurück bleiben ihren liebgewonnen Freunde, die zugleich Teil ihrer Familie geworden sind. 

Deutlich wird im Film, dass Kinder immer wieder zur Projektionsfläche von Erwachsenen werden. Sei es durch die politische, religiöse Erziehung oder durch die gesellschafts-sozialkritische Umgangsweise mit anderen Menschen. Kinder spiegeln Erwachsene wieder und können auch zu jenen Erwachsenen werden. Dies ist vielen Eltern und anderen unbewusst. 
Thematiken wie, Glaube (Leben nach dem Tod), Bindung, Religion, Politik, Kinderängste (Bettnässen), gesellschafts-und sozialkritische Themen (arm vs reich) oder der Selbstfindungsprozess an sich: Wer bin ich?, haben im Film ihre Berechtigung.

Die Regisseurin Tania Hermida hat es geschafft, die Rollen der Figuren so authentisch und glaubhaft zu inszenieren, sodass man meinen könnte, die Geschichte habe wahrhaftig statt gefunden. 
Empfohlen wird der Film für das Alter 8-12 Jahren. 
Den kleinen und den großen Kinobesuchern (mich miteingeschlossen) scheint der Film sehr gefallen zu haben, da sie am Ende des Filmes den „lachenden Smiley“ als Bewertung vorzogen

Der Film kommt ohne hochtrabende Filmmusik oder technisch-neumodernen Schnick-Schnack aus. Eine wahre Meisterleistung der kleinen Schauspieler des Filmes ist vergönnt und die deutsch-synchronisierten Stimmen der Schauspieler lassen den Seher dennoch auf die wahren Thematiken des Filmes blicken.

Prädikat: Unbedingt sehenswert für Groß & Klein!

Ich, ein Mädel aus Linzer Umgebung schreibe liebend gerne Konzert-Reviews, Filmkritiken und so manch anderes über Kultur, Leute und dem ganzen Drumherum. Wortspielereien mit Gefühlen, die echten Tatsachen und Stimmungen sind mein Metier, in dem ich mich am Wohlsten fühle. Kultur wie sie leibt & lebt im Linzer Raum und sonstwo, am Puls der Zeit, niemals vergessen, sondern dokumentiert, hier auf subtext.at Das ist meine Welt, ahoi!