Medienkompetenzsymposion: Ägyptischer Frühling

Von 19. bis 20. April 2013 fand auf der Linzer Johannes Kepler Universität ein Symposion unter dem Titel „Social Media und neue soziale Bewegungen – Chancen, Potenziale, Risiken“ statt. Der erste Aspekt, auf den eingegangen wurde, war der Ägyptische Frühling. Hier wurden Fragen nach der Rolle und dem Einfluss von Twitter, Facebook oder Blogs auf das gesellschaftliche Geschehen gestellt.

Die Vortragende Andrea Ghoneim-Rosenauer, die in Wien Germanistik sowie Publizistik- und Kommunikationswissenschaft studiert hatte, war selbst als Lektorin in Ägypten tätig. Sie fasste die wichtigsten Ereignisse, die sich dort seit 2008 ereigneten, zusammen. Konkret nannte sie den Versuch einer Reformbewegung 2010 oder den Tod des kritischen Bloggers Khaled Said, welcher von Polizisten attackiert und dabei zu Tode geprügelt wurde. Im November und Dezember 2010 kam es zu Parlamentswahlen, etwa ein Monat später wurde der Polizeitag zum Tag des Zorns erklärt. Polizisten bekämen in Ägypten nur wenig Gehalt, weshalb viele von ihnen für Korruption anfällig seien. Nicht zu vergessen sei auch die Machtübergabe von Mubarak, dem ehemaligen Staatspräsidenten, an das Militär.

Während die internationale Presse vor allem durch Facebookbeiträge und Co. auf die Ereignisse aufmerksam geworden sei und gerne von einer „Revolution 2.0“ spreche, machte Ghoneim-Rosenauer darauf aufmerksam, dass die Social-Media-BenutzerInnen zum eher gebildeten Teil der Bevölkerung Ägyptens zählen. Die Alphabetisierungsrate liege bei 72 Prozent, bei den Männern seien es mehr als bei den Frauen und der Anteil derjenigen, die lesen und schreiben können, hänge des Weiteren auch vom Alter ab. Es passiere zwar viel Vernetzung und Organisation auf Social Media Plattformen, dennoch wurde bewiesen, dass man nicht davon abhängig sei: Am „Tag des Zorns“ waren sowohl das Internet als auch Handys lahmgelegt, was Protestierende nicht davon abhielt, sich auf mehrere Städte zu verteilen.

Schwierig sei die Filterung zwischen Informationen und Emotionen. Erwähnt wurde, dass manche Organisationen Leute für das Verbreiten von Meinungen im Sinne des Unternehmens bezahlen würden.

Maha El Hissy, die in Ägypten geboren wurde und Germanistik, Arabistik und Hispanistik studiert hatte, schloss mit ihrem Vortrag über die Qualität von Bildern und deren Macht zur Sensibilisierung und Mobilisierung an. Sie zeigte anhand von Beispielen, dass sich Gruppen nicht erst im World Wide Web formieren. Für Khaled Said wurden Seiten auf Facebook gegründet, konträr dazu ebenfalls für Mubarak. Unterstützenden wurde vorgeschlagen, ihre – speziell aus Angst auch anonymisierten – Profilbilder an politische Einstellungen anzupassen. Wenngleich Bilder im Netz vorhanden seien, die zur Abbildung des Geschehens und zur Information beitrügen, kursieren auch solche, die mit Bearbeitungsprogrammen gefälscht worden seien oder Texte dabeistehen hätten, die mit dem dargestellten Ereignis absolut nicht zusammenhängen.

El Hissy hat in ihren Vortrag neben Facebook auch Twitter eingebaut. Hier würden einerseits Falschmeldungen von staatlichen Kontrollorgangen verbreitet, andererseits seien Tendenzen ersichtlich. Mubarak habe beispielsweise einige beleidigende Tweets bekommen. Er habe zwar nicht darauf reagiert, dennoch sei dieser Umgang mit einem Staatsoberhaupt bis vor wenigen Jahren absolut nicht denkbar gewesen.

Bernhard Seyringer von der Fachhochschule St. Pölten spricht zum Abschluss des ersten Teils von einer „Krise der öffentlichen Kommunikation“ und davon, dass bloße Schlüsselwörter wie „Zivilgesellschaft“ als Parteinahme für dieses oder jenes gelten würden. Er fügt hinzu, dass man bereits als Spaßbremse bezeichnet werde, wenn man gegenüber euphorischen Stimmungen kritisch eintrete.

Aufgezeichnet wurde die Veranstaltung von Radio FRO, auf der Seite des Kulturinstitutes der Johannes Kepler Universität befinden sich Abstracts zum Nachlesen: http://www.kulturinstitut.jku.at/symposion2013.html

Artikelbild: Ramy Raoof (cc-Lizenz)

Katharina ist Sozialwissenschaftlerin und Redakteurin. Sie beschäftigt sich vor allem mit gesellschaftlichen (z.B. frauenpolitischen) und kulturellen (z.B. Film, Theater, Literatur) Themen. Zum Ausgleich schreibt sie in ihrer Freizeit gerne literarische Texte: https://wortfetzereien.wordpress.com/