HOW TO DESTROY ANGELS: Un|ter|schwel|lig

In seiner langjährigen Karriere hat Trent Reznor schon einiges bewegt. Er zementierte sich seinen Status als Industrial-Pionier, noch bevor die Stilrichtung überhaupt zu einem Trendthema auserkoren wurde. Seitdem gleitet der Amerikaner voller Emotionen durch die brüchige Welt der elektronischen Zustandsmusik. File under: Unterschwellig brodelnd.

„Welcome Oblivion“, die erste Full-Length-Platte seiner Zweitband How To Destroy Angels (mit Ehefrau Mariqueen Maandig am Mikro), klingt ebenso tiefgründig wie die bisherigen Veröffentlichungen seiner Stammgruppe Nine Inch Nails, die derzeit mehr oder weniger auf Eis liegt. Der Albumtitel ist Programm, denn alles ist wie im Traum – flüchtig, komisch, ungreifbar und irgendwie irreal. Ein dunkler Brocken aus Soundscapes, Klängen und Flächen. Die optische Verpackung suggeriert Gedanken über den gläsernen Menschen unserer Zeit. Das passt.

Konformität ist jedenfalls auch für How To Destroy Angels nichts. HTDA, wie sie von Fans liebevoll abgekürzt werden, wollen dorthin, wo das Leben zu spüren ist. Wo es weh tut. Das ist Musik, die keine Miene verzieht. „The Wake-Up“ und „And The Sky Begins To Scream“ peitschen beispielsweise so ein, wie man es von den besten NIN-Stücken gewohnt ist. Industrial-Rock, der an deiner Tür stampft und wie eh und je aufwallt, allerdings vom Songwriting her noch nicht ganz an Nine Inch Nails-Größe heranreicht. Es fehlt noch ein kleines Fünkchen, doch das Gespann macht seine Sache sehr gut und die Handschrift des Produzenten lässt sich natürlich nicht verschleiern, was auf der Hand liegt.

Hier wird Musik aus einem inneren Zwang nach Form und Ausdruck gemacht. „Welcome Oblivion“ ist ein Album geworden, auf dem nahezu jeder Song das Potenzial hat, seine Hörer in ungeahnte Tiefen mitzureißen. Sogar die anfangs sperrige, minimalistisch instrumentierte Single „Ice Age“ gewinnt mit jedem erneuten Durchgang an Charme. Ruhige, gluckernde Beats lullen ein und das sanfte Organ von Maandig tragen dazu bei, sich wie gebettet zu fühlen. Nichtsdestotrotz ist zu jeder Zeit eine Gefahr verschleiert spürbar. Es schlummert etwas Unergründliches, Bedrohliches innerhalb dieses Klangkonstruktes.

Reznor hat das Nötigste getan und alle Satzbausteine auseinandergenommen, um sie nachher wieder neu zusammenzulöten, damit ein unvergleichliches Hörvergnügen entsteht. Bei How To Destroy Angels kriegt man eben genau das, was man will.

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The Wake-Up, Ica Age, Too Late, All Gone
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Columbia Records, Sony Music
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