Nazar: der freundliche Diktator

Er polarisiert derzeit wie kaum ein anderer Artist in Österreich. Mit „Camouflage“ hat der Rapper Nazar eine Platte am Start, die man entweder verachtet oder liebt. Die dazugehörige freundliche „DiktaTOUR“ führte ihn auch in den Linzer Posthof. Und eines steht fest: der wohl wirklich freundlichste Diktator, der je die Posthof-Bühne betreten hat.

Supportact am Samstagabend gab es leider keinen – der geplante Auftritt des Rappers „Mortis“ musste aufgrund einer Erkrankung des Künstlers abgesagt werden. Macht ja nix – die gut 400 Leute waren ja auch mehrheitlich aufgrund des Hauptacts gekommen. Und die kamen auf ihre Kosten. Schon beim Opener „Freundlicher Diktator“ wird die Richtung bekannt, in die sich der Abend hinentwickeln sollte. Das Publikum – gemischt zwischen Teenie-Mädels und erfahrenen Hip-Hop-Hörern – zeigte sich textsicher und auch der MC-Support seines Cousins konnte sich durchaus sehen lassen. Oder, kurz zusammengefasst: wo Nazar draufsteht, ist auch Nazar drin. Man muss die Beats nicht mögen, man muss auch Nazar nicht mögen, aber eines muss man ihm auf jeden Fall zu Gute halten: aufs sprichwörtliche Maul ist der Wiener nicht gefallen. Egal ob zu seiner Vergangenheit, Anzeigen durch rechte Parlamentsparteien oder den mitunter überflüssigen Beef mit anderen Artists: Nazar scheint genau zu verstehen, wie warum das Business funktioniert. Natürlich war der Fokus des Konzertes auf „Camouflage“ gelegt, und man hätte sich einige ältere Nummern mehr gewünscht. Dass die Zugabe gleich automatisch gespielt wurde und Nazar auch danach auf Tuchfühlung mit dem Publikum ging, dürfte ihm aber gehörig Sympathien gebracht haben. Und die Aussage, dass ihm diejenige rechte Parlamentspartei, die ihn schon einige Male angezeigt hat, „mal gepflegt einen blasen kann“, verdient Szenenapplaus. Natürlich ohne die Vorzüge des Oralverkehrs schmälern zu wollen.

Fotos: Christoph Thorwartl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.